Ein 27-Jähriger hat im November in einer Asylunterkunft einen Mann umgebracht. Am Donnerstag wurde er wegen Totschlags zu einer Haftstrafe verurteilt. Sein Anwalt will in Revision gehen, er fordert einen Freispruch.

Zwölf Jahre wegen eines Totschlags forderte die Staatsanwaltschaft, einen Freispruch für seinen Mandanten indes der Verteidiger Andreas Baier in den jeweiligen Plädoyers. Letztlich wurde der 27-jährige Angeklagte, der im vergangenen November im Kreis Esslingen in einer Asylunterkunft in Filderstadt-Sielmingen nach einem Streit einen Mann mit mehreren Messerstichen getötet hat, am Donnerstag zu sechs Jahren Haft verurteilt.

 

Die Richter haben sich dabei in weiten Teilen der Einlassung des Angeklagten angeschlossen: Am Morgen des 6. November 2022 ist das spätere Opfer, das in der Nacht zuvor auch Kokain konsumiert hatte, mit 2,1 Promille gegen 8 Uhr vom Feiern aus Stuttgart zurück nach Sielmingen gekommen. Mit lautem Klopfen gegen die Zimmertür riss der Mann den Angeklagten aus dem Schlaf. Dieser öffnete nur kurz, um sie dem 25-Jährigen wenig später vor der Nase zuzuschlagen. Auf erneutes Hämmern folgten Beleidigungen in Richtung des damals 26-Jährigen und dessen Mutter. Er ging wieder zur Tür, fragte sein Gegenüber, ob er spinnen würde. Obwohl die Beiden befreundet waren, schaukelte sich die verbale Auseinandersetzung weiter hoch. Dabei drohte der Geschädigte, seinem Landsmann eine gefüllte PET-Flasche über den Kopf zu ziehen.

Krasses Missverhältnis der Waffen

Und dann machte der Angeklagte aus Sicht des Gerichts den entscheidenden Schritt, um die Tat nicht als Notwehrsituation einstufen zu können. Er schloss die Tür zum zweiten Mal, um sich ein Küchenmesser zu holen. Wenig später kam es im Flur zur tödlichen Auseinandersetzung. „Platt formuliert, darf er damit nicht rausgehen und sich so bewaffnet den Schlag mit der Flasche abholen“, sagte die Richterin bei der Urteilsverkündung. „Er hätte die Tür einfach zu lassen können. Er weiß, dass der Geschädigte alkoholisiert ist und in betrunkenem Zustand schnell wütend werden kann.“ Dementsprechend habe eine Eskalation gedroht. Dem körperlich überlegenen Angeklagten sei klar gewesen, dass es Zoff gebe, wenn er erneut in den Flur trete. Es habe ein krasses Missverhältnis der Waffen bestanden.

„Er hat nicht aus Angst oder Furcht zum Messer gegriffen. Wut oder Rache standen im Vordergrund. Er wollte sich das Verhalten des Geschädigten nicht gefallen lassen“, so die Richterin. „Damit sind wir bei einem vollendeten Totschlag in einem minderschweren Fall.“ Zugunsten des Angeklagten wurde dessen Einlassung, die als Geständnis gewertet wurde, ausgelegt. Ebenso, dass er erheblich provoziert wurde und selbst bei dem Streit Verletzungen, unter anderem eine Platzwunde an der Stirn, erlitten hatte. Hinzu kommt, dass er sich der Polizei stellte und den Vorfall bedauert. „Außerdem hat es sich um ein spontanes Tatgeschehen gehandelt“, sagte die Vorsitzende Richterin. Der Verteidiger Baier hat nach der Urteilsverkündung angekündigt, in Revision zu gehen: „Die rechtliche Argumentation, dass keine Notwehr vorliegt, hat mich nicht überzeugt.“