Als Maler schuf er breitwandig aufgespannte Schlachtenschinken

 

Gewiss, auch die von der Parteiführung der DDR gewünschte Ikonografie hat Heisig nicht komplett vernachlässigt. Als Grafiker illustrierte er vornehmlich Autoren wie Johannes Becher oder Anna Seghers, die als linientreu galten. Als Maler schuf er breitwandig aufgespannte Schlachtenschinken zur 48er-Revolution oder zum Pariser Kommunardenaufstand. Dennoch wusste der Künstler die Märtyrergeschichten der Arbeiterklasse ohne die vordergründige, massentaugliche Plakativität in Szene setzen, die Werken des Sozialistischen Realismus sonst häufig zu eigen ist.

Sein wahres Lebensthema aber blieben die Wirren und Wunden, die er selbst als Kind des 20. Jahrhunderts durchlitten hatte. Krieg und Naziterror, das brennende Breslau, der Tod der Freunde und Verwandten. Trotz der Zugeständnisse an die Doktrin beharrte er auf dem subjektiven Blick, der Perspektive des Traumatisierten.

Porträts setzen den dritten Schwerpunkt im Schaffen des Querdenkers

Die große Heisig-Retrospektive, die 2005 zum achtzigsten Geburtstag in Leipzig, Berlin und Düsseldorf zu sehen war, trug den Titel "Die Wut der Bilder". Mit Bezug auf das lithografische Hauptwerk "Der faschistische Albtraum" sagte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Eröffnungsrede: "Es gibt Menschen, die den Anblick dieser Blätter kaum ertragen können, weil die Arbeiten so schonungslos, so direkt und ebenso deutlich sind." Der Strich von Heisigs Pinsels war rasant, seine Palette grell, bisweilen giftig oder schmutzig - auch das ein Erbe Kokoschkas sowie der deutschen Expressionisten.

Gerüchte von Stasikontakten machten die Runde

Für seine westdeutschen Kritiker kam es deswegen zu spät, dass das langjährige SED-Mitglied 1989 aus der Partei austrat und die beiden Staatspreise der DDR zurückgab. Gerüchte von Stasikontakten machten die Runde. An der Entscheidung, Heisig die Cafeteria des Reichstags ausmalen zu lassen, regte sich heftiger Widerstand. Erst nach längerer Diskussion durfte er seinen sechs Meter langen Geschichtsfries vollenden.

"Schwierigkeiten beim Suchen der Wahrheit" - der Titel eines früheren Bildes von Heisig, könnte als Motto über seinem gesamten Werk stehen. Was in der Rückschau für den Künstler spricht, ist nicht zuletzt die schonungslose Offenheit, mit der er nach 1945 seine Täterrolle als Mitglied der Waffen-SS zum Thema mehrerer Bilder machte. Biografisch grundierte Gemälde wie "Weihnachtstraum des unbelehrbaren Soldaten" von 1964 provozierten die offizielle Ostberliner Doktrin, wonach die Helfer des Hitlerregimes ausschließlich in der Bundesrepublik Unterschlupf gefunden hätten.

Seite 2: Porträts sind der dritte Schwerpunkt seines Schaffens

Als Maler schuf er breitwandig aufgespannte Schlachtenschinken

Gewiss, auch die von der Parteiführung der DDR gewünschte Ikonografie hat Heisig nicht komplett vernachlässigt. Als Grafiker illustrierte er vornehmlich Autoren wie Johannes Becher oder Anna Seghers, die als linientreu galten. Als Maler schuf er breitwandig aufgespannte Schlachtenschinken zur 48er-Revolution oder zum Pariser Kommunardenaufstand. Dennoch wusste der Künstler die Märtyrergeschichten der Arbeiterklasse ohne die vordergründige, massentaugliche Plakativität in Szene setzen, die Werken des Sozialistischen Realismus sonst häufig zu eigen ist.

Sein wahres Lebensthema aber blieben die Wirren und Wunden, die er selbst als Kind des 20. Jahrhunderts durchlitten hatte. Krieg und Naziterror, das brennende Breslau, der Tod der Freunde und Verwandten. Trotz der Zugeständnisse an die Doktrin beharrte er auf dem subjektiven Blick, der Perspektive des Traumatisierten.

Porträts setzen den dritten Schwerpunkt im Schaffen des Querdenkers

Die große Heisig-Retrospektive, die 2005 zum achtzigsten Geburtstag in Leipzig, Berlin und Düsseldorf zu sehen war, trug den Titel "Die Wut der Bilder". Mit Bezug auf das lithografische Hauptwerk "Der faschistische Albtraum" sagte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Eröffnungsrede: "Es gibt Menschen, die den Anblick dieser Blätter kaum ertragen können, weil die Arbeiten so schonungslos, so direkt und ebenso deutlich sind." Der Strich von Heisigs Pinsels war rasant, seine Palette grell, bisweilen giftig oder schmutzig - auch das ein Erbe Kokoschkas sowie der deutschen Expressionisten.

Altmeisterliche Glätte, gepaart mit Rätselstille, wie man sie in der Malerei seines Leipziger Kollegen Arno Rink ausmachen kann, strebte Heisig nicht an. Über die Technik des assoziativen Zitats, in der erzählerischen Verspannung disparater Motive war es gleichwohl Heisig, der den bildästhetischen Grundstein legte für jene nach der Wende herangewachsene Neue Leipziger Schule, die die figürliche Malerei rehabilitiert hat und mit Rauch, Tim Eitel und anderen seit knapp einem Jahrzehnt als Inbegriff deutscher Gegenwartskunst international hoch gehandelt wird. Auch Heisig selbst blieben die Ehrungen auf der Ausstellungsbühne der Weltkunst keineswegs verwehrt. 1977 bereits erhielt er eine Einladung zur Documenta, musste es allerdings zähneknirschend hinnehmen, dass die Parteiführung die Bilder aussuchte, die nach Kassel geschickt werden sollten.

Neben druckgrafischen Zyklen und Historienbildern setzen die Porträts den dritten Schwerpunkt im Schaffen des Querdenkers, der wusste, was er riskieren konnte - und was nicht. In wild-pastoser, aber physiognomisch markanter Schnellmalerei entstanden Konterfeis historischer Charakterköpfe von Luther bis Lenin, aber auch Konterfeis berühmter Zeitgenossen. Nicht zuletzt das 1986 vollendete Porträt von Bundeskanzler Helmut Schmidt. Falls es während der deutschen Teilung einen gemeinsamen Staatskünstler gegeben hat, dann war es vielleicht Bernhard Heisig.