Singen ist Patrick Bopps Ding. Vor allem das gemeinsame Singen. Mit Little Joe, Pelvis, Justice und Dottore Basso bildet er die erfolgreiche A-cappella-Formation Die Füenf, die in diesem Jahr zum letzten Mal bei der Nacht der Lieder im Theaterhaus auftreten wird.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Bei der 22. Nacht der Lieder im Theaterhaus in Stuttgart zugunsten der Aktion Weihnachten, der Benefizaktion der Stuttgarter Nachrichten, heißt es Abschied nehmen von den musikalischen Stammgästen, die Füenf. Im Interview erklärt deren Gründungsmitglied Patrick Bopp, warum ihm das Singen auch weiterhin wichtig ist.

 

Herr Bopp, die Abschiedstour läuft. Am 5. und 6. Dezember stehen die Füenf zum letzten Mal bei der Nacht der Lieder im Theaterhaus auf der Bühne. Was ist das für ein Gefühl?

Ein Gefühl von Freude und Wehmut. Wir haben die Nacht der Lieder von Anfang an begleitet – vom Metropol über das Schauspiel bis zum Theaterhaus. Und wir haben das immer sehr gerne gemacht.

Gehen Sie an diesen Abenden anders auf die Bühne?

Ja, und auch das Publikum ist anders drauf. Das erleben wir überall auf unserer Abschiedstour, die im September 2024 definitiv endet. Es gibt viel Dankbarkeit auf der Bühne und im Publikum. Das freut uns sehr.

Eine prägende Zeit?

Ja klar. Es werden 29 Jahre sein, wenn wir im September 2024 definitiv aufhören. Das ist mehr als die Hälfte des Lebens der drei Gründungsmitglieder Christian (Konrad Maria) Langer (Justice), Jens Heckermann (Pelvis) und mir (Memphis).

Warum war es für die Füenf wichtig, bei der Nacht der Lieder aufzutreten?

Man ist als Künstler nicht nur der Clown oder der Musiker auf der Bühne, sondern auch Teil der Gesellschaft. Ich finde es wichtig, da auch etwas zurückzugeben. Für uns war es immer klar, dass wir das machen wollen. Als Band unterstützen wir seit acht Jahren auch ein soziales Projekt von Brot für die Welt im Kongo. Es heißt „Gitarren statt Gewehre“ und hilft, ehemaligen Kindersoldaten eine neue Perspektive zu geben. Dafür wollen wir 150 000 Euro gesammelt haben, wenn wir aufhören. Wir sind jetzt bei 135 000 Euro.

Was hat sich geändert in jetzt 28 Jahren, auf der Bühne und im Publikum?

Jedes Format verändert sich. Und es gibt Einschnitte: Das war im vergangenen Jahr der plötzliche Tod von Jens Peter Abele, der die Nacht der Lieder lange mit seiner Band begleitet hat. Aber es gibt auch Konstanten. Das sind die unerwarteten musikalischen Begegnungen und Entdeckungen. Das darf auch mal anecken. Ich erinnere mich an ein Techno-Ding, das erst irritierte, dann aber auf Beifall stieß. Das Publikum erwartet eine bunte Mischung, und die bekommt es auch. Auch für uns Künstler ist das ein großes Gemeinschaftserlebnis.

Ihre Pläne für die Zeit nach den Füenf?

Das gemeinsame Singen ist ganz klar mein Metier, mein Steckenpferd. Ich liebe es, gemeinsam zu singen und Menschen über das Singen zueinander zu bringen. Dazu gibt es viele spannende Projekte – auch weit über Stuttgart hinaus. Ich habe eine Anfrage, auf Güterschiffen mitzufahren, die nach Finnland fahren. „Singen auf See“ heißt das Motto. Da singt man in der Kombüse, in der Sauna, auf dem Deck, an geeigneten und ungeeigneten Orten. Das reizt mich sehr. Ich mache auch viel mit meiner Band namens Unsre kleine Band, mit der ich zuletzt auf den Stuttgarter Chortagen aufgetreten bin. Und natürlich bleibe ich dem Vesperkirchenchor verbunden. Da geht es nicht um Belcanto. Dafür gibt es dort einen ungefilterten Gesang, voller Emotionen. Das ist für mich echter Kulturaustausch.

Wie wichtig ist das gemeinsame Singen?

Sehr! Man kann auch Sport machen und sich verbinden. Das Schöne am Singen ist: Es entsteht dort eine nonverbale Verbindung. Über einen gemeinsamen Klang kann man zu anderen eine Verbindung eingehen. Bei meinen Veranstaltungen singen sehr junge Leute alte Lieder. Und umgekehrt lassen sich Ältere auf die Musik von Jüngeren ein. Eigentlich ist es wurst, was man singt, Hauptsache, man singt.

Ist Singen auch eine Art Hausmittel gegen die Betrübnisse der Zeit?

Das kann man so sehen. Beim Singen gelangt man zu sich und kann gleichzeitig Mitgefühl entwickeln und in Aktion kommen.

Kann jeder singen?

Manche sagen, ich singe erst, wenn ich’s kann. Das ist Quatsch, denn man darf auch mal scheitern. Jeder hat eine Stimme. Was dann gut oder nicht gut oder richtig ist, ist sehr subjektiv.

Singen die Füenf bei ihrer letzten Nacht der Lieder etwas Besonderes?

Wir sind Teil der Gesamtshow und wollen keine Sonderstellung haben. Wir werden die beiden Abende auf jeden Fall genießen.

Patrick Bopp und die Nacht die Lieder

Werdegang
Patrick Bopp wurde 1971 in Karlsruhe geboren und wuchs in Steinenbronn auf, wo er auch heute lebt. Er studierte Klavier und Chor- und Orchesterleitung an der Musikhochschule Stuttgart. 1995 war er Mitbegründer der A-cappella-Gruppe Füenf, in der er als Sänger, Songwriter und Arrangeur mitwirkt. Er leitete diverse Projektchöre, war als musikalischer Leiter von Theaterproduktionen (WLB Esslingen) und Chorworkshops tätig. Seit 13 Jahren ist er Leiter von Rahmenlos & Frei, dem Chor und der Band der Stuttgarter Vesperkirche. Er widmet er sich auch anderen sozialen Projekten. Seit 2015 bietet er die Mitsingreihe „Aus voller Kehle für die Seele“ in vielen Veranstaltungsorten in Baden-Württemberg an. In Stuttgart gibt es dieses Format monatlich in der Rosenau.

Nacht der Lieder
Bei der Nacht der Lieder am 5. und 6. Dezember treten außerdem auf: Catarina Mora, die Pop- und Soulsängerin Yeama, der Jazzsaxofonisten Sandi Kuhn mit dem Sandi Kuhn Big Brass Project. Außerdem mit dabei: die Staatsoper, die Guttenberger Brothers mit Sinti-Musik, die Stuttgarter Sängerin Hajnal mit ihrer Band Lakvar sowie die Elektropop-Künstlerin Meike Boltersdorf und der Komiker Helge Thun. Moderiert wird der Abend von Jess Jochimsen, Kabarettist und Schriftsteller aus Freiburg. Tickets gibt es ab 26,70 Euro. Vorverkauf unter Telefon 07 11 / 4 02 07 20 und täglich an der Theaterhauskasse oder im Internet unter: www.theaterhaus.com.

Die Füenf
Außer bei der Nacht der Lieder sind die Füenf nur noch wenige Male im Theaterhaus zu erleben: am 26. Dezember und am 19. Januar jeweils mit „Endlich – Die Abschiedstour mit Highlights aus 25 Jahren“. Auch im März und April sind Auftritte geplant. Am 27. September 2024 ist „Die letzte Zugabe“ zu hören und am 28. September 2024 „Die allerletzte Zugabe“ . Danach ist Schluss. Patrick Bopp singt außerdem „Aus voller Kehle für die Seele“ am 19. Dezember 2023 in der Johanneskirche am Feuersee und einen Tag vor Heiligabend am 23. Dezember 2023 im Gazi-Stadion in Stuttgart-Degerloch (Stuttgarter Weihnachtssingen). Weitere Termine in Stuttgart und im Umland stehen hier: www.patrickbopp.de; www.fuenf.com; www.stuttgarter-weihnachtssingen.de. jse