Während auf der Anlage in Slowenien einige deutsche Nachwuchsskispringer an Technik und Fluggefühl arbeiteten, standen am Fuße des Nebelhorns und im Olympiaort von 1936 das Auftakt- und das Neujahrsspringen der Vierschanzentournee an. Und dieser Vierkampf auf den Schanzen hat eben für alle in der Szene einen besonderen Reiz. Auch für Janne Holz.
„Natürlich ist es auch mein Traum, einmal bei der Vierschanzentournee dabei zu sein“, sagt der junge Mann, der an diesem Dienstag (3. Januar) seinen 17. Geburtstag feiert – und der die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr aber eben abseits des Trubels in Planica verbracht hat. Noch, könnte man sagen, denn es gibt Experten, die Janne Holz viel zutrauen.
„Er hat die Voraussetzungen, es nach oben zu schaffen und auch einmal bei der Tournee in Oberstdorf dabei zu sein“, sagt etwa Martin Schmitt gegenüber unserer Redaktion. Der Ex-Weltmeister ist im Nachwuchs des Deutschen Skiverbands (DSV) tätig und hat die bisherige Entwicklung des Talents genau verfolgt. „Janne“, sagt Schmitt, „ist einer der talentiertesten Springer in Deutschland.“
Für den es aber auch in den kommenden Tagen erst einmal nicht um Platzierungen und Weiten bei der Tournee geht, sondern im österreichischen Seefeld um Verbesserungen an den Details, die aus einem Talent irgendwann einen Topspringer machen. Dass Janne Holz genau diesen Weg gehen will – daran besteht kein Zweifel. Er weiß aber auch: „Das geht nicht von heute auf morgen.“
Wurzeln in Waiblingen – und in Finnland
Sicher, das internationale Skispringen hat schon kometenhafte Aufstiege ganz junger Athleten gesehen. Von welchen, die mit 16, 17 Jahren schon ganz oben waren. Einige konnten sich halten, andere stürzten so schnell wieder ab wie sie nach oben gekommen waren. Janne Holz weiß um die Geschichte und Gesichter seiner Sportart. Und sagt daher: „Für mich geht es derzeit darum, eine richtig gute Basis zu schaffen. Eine, die lange hält.“ Denn Herausforderungen gibt es in dieser sensiblen Sportart immer wieder.
Laut Martin Schmitt hatte Janne Holz in der Vorbereitung auf diese Saison, zum Beispiel, mit den Veränderungen seines Körpers zu kämpfen. „In diesem Altersbereich verändert sich der Körper – und damit verändern sich auch Dinge auf der Schanze“, sagt der heutige Nachwuchscoach und TV-Experte. „Janne ist gewachsen, damit musste er erst einmal zurecht kommen.“
Auf die Besonderheit, im Weltcup ein jugendlicher Himmelsstürmer zu sein, kann Janne Holz gut und gerne verzichten, er legt lieber stetig „Wille, Leidenschaft und Ehrgeiz“ (Schmitt) in die Waagschale, um ans Ziel zu kommen. Denn: Besonders ist sein Weg ja auch so schon.
Denn der Teenager stammt nicht aus Rastbüchl, Ruhpolding, Oberhof oder Hinterzarten – wo in den vergangenen Jahrzehnten der eine oder andere Topspringer geformt wurde. Sondern aus Waiblingen. Rems-Murr-Kreis. Region Stuttgart. Wo eher selten große Wintersportler ihre Wurzeln haben. Janne Holz, der lange auch turnte, schickt sich nun an, die Geschichte umzuschreiben. Wobei ihm der finnische Teil seiner Wurzeln zugute kommt.
Die Mutter von Janne Holz stammt aus dem Norden Europas, beim Besuch der Schanzen von Lahti wurde einst die Begeisterung fürs Skispringen geweckt. Geboren wurde der heutige Nachwuchsspringer am 3. Januar 2007 während der Vierschanzentournee – die ein gewisser Janne Ahonen zu diesem Zeitpunkt schon viermal gewonnen hatte.
Nachdem die Leidenschaft geweckt war, reifte Janne Holz beim SC Degenfeld (hier ist auch sein Bruder Arne aktiv) zum Toptalent, zu Beginn des vergangenen Schuljahres wechselte er auf das Skiinternat nach Furtwangen im Schwarzwald. „Diesen Schritt muss man einfach gehen, wenn man Schule und Leistungssport unter einen Hut bringen will“, weiß der Nachwuchssportler, der zuvor mindestens dreimal die Woche von Waiblingen zum Training nach Degenfeld gependelt ist. Nun profitiert er nicht nur von kurzen Wegen und der engen Abstimmung zwischen Sport und Schule. Als jüngstes Mitglied der Lehrgangsgruppe IIa (C-Kader) ist er auch nah dran am Level, dass er sich in den kommenden Jahren vollends erarbeiten möchte.
137 Meter weit ist Janne Holz schon einmal gesprungen. Aber: Athletik, Technik, Fluggefühl – „ich muss noch in allen Bereichen an mir arbeiten“, sagt das Talent, das sich als eher technischen Springer bezeichnet und sich vom Stil her derzeit am ehesten mit Andreas Wellinger vergleicht, dem aktuell führenden der Tourneewertung. Der wurde im Alter von 18 Jahren Team-Olympiasieger in Sotschi, vier Jahre später holte er in Pyeongchang Gold von der Normalschanze, ist seitdem ein Star des deutschen Skispringens. Aber: Auch Janne Holz ist bereits kein unbekanntes Talent mehr.
Vor über zwei Jahren drehte die ARD einen Film über den damals 14-Jährigen und zeigte ihn im Rahmen der Berichterstattung über die Winterspiele in Peking. Als Sven Hannawald während einer Live-Übertragung mal auf die Aussichten des deutschen Springer-Nachwuchses angesprochen wurde, antwortete der Tourneesieger von 2002: „Wir haben Janne Holz.“ Und Martin Schmitt lobt nun die motorischen Fähigkeiten des Youngsters, seine „sportlich vielfältige Ausbildung“ und die dadurch „guten koordinativen Fähigkeiten“.
Mit all diesem Rüstzeug hat Janne Holz die große Bühne zwar fest im Blick (Schmitt: „Er wird seinen Weg machen“), startet im Januar aber erst einmal wieder im Deutschlandpokal und im Alpencup, hofft auf Einsätze im Fis-Cup und weiß, dass selbst der zweitklassige Continentalcup derzeit noch ein bisschen weg ist. Ein Highlight des Winters wäre die Teilnahme an der Junioren-WM im Februar in Slowenien.
Wenn sich dann viele Blicke nach Planica richten. Und nicht mehr nach Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck oder Bischofshofen.