Das Trainergespann Domenico Tedesco und Andreas Hinkel ist mit der U 17 des VfB Stuttgart auf der Erfolgsspur. Trotzdem haben sie keinen neuen Vertrag erhalten.

Stuttgart - An innovativen Trainern hat es beim VfB nie gefehlt, seit Ralf Rangnick und sein Taktikflüsterer Helmut Groß Mitte der 80er Jahre damit begannen, den deutschen Fußball in die Moderne zu überführen. Der Verein gilt seither als eine Art Kaderschmiede für Trainertalente – viele, die in Stuttgart ihr Handwerk gelernt haben, durften andernorts Karriere machen: Markus Gisdol sitzt in Hoffenheim auf der Bank, Tayfun Korkut bei Hannover 96; Thomas Tuchel wird nach erfolgreichen Jahren in Mainz nicht nur vom Hamburger SV umworben; Joachim Löw ist Bundestrainer, Thomas Schneider sein Assistent.

 

So passt es irgendwie ins Bild, dass der VfB nun ein weiteres ganz großes Trainertalent ziehen lässt: Der U-17-Coach Domenico Tedesco, dem Fachleute eine glänzende Zukunft prophezeien, wechselt in die Nachwuchsabteilung der TSG Hoffenheim. Mit ihm geht sein Assistent Andreas Hinkel, der nicht nur langjährige Profierfahrung besitzt, sondern auch all das verkörpert, was sich der VfB-Präsident Bernd Wahler von einem Aushängeschild wünscht: Herzblut für den Club, ein gewinnendes Auftreten, große Sympathiewerte bei den Fans. Allzu viele Ehemalige dieser Art hat der VfB nicht zu bieten.

Tedesco und Hinkel wollten unbedingt beim VfB bleiben

„Ich hätte mir gewünscht, beide zu halten“, sagt der Manager Robin Dutt – und will nicht darauf eingehen, warum dieses Vorhaben nicht in die Tat umgesetzt wurde. Sicher ist: Tedesco und Hinkel wollten nicht gehen, im Gegenteil, sie taten einiges dafür, den auslaufenden Vertrag verlängern zu dürfen. „Wir wollten unbedingt bleiben“, sagt Tedesco.

Weil er im Juni die Ausbildung zum Fußballlehrer beginnt, hatte das Trainergespann dem VfB einen vorübergehenden Rollentausch angeboten: Tedesco wollte in der neuen Saison Assistent werden, Hinkel in die Chefrolle schlüpfen. „Das hätten wir blind unterschrieben“, sagt Tedesco. Doch warteten sie monatelang vergeblich darauf, bei den Verantwortlichen Gehör zu finden. „Wir können nicht mehr, als uns anzubieten und gut zu arbeiten“, sagt Tedesco. In Hoffenheim wird er neben seiner Ausbildung zunächst die U 16 übernehmen, während Hinkel plant, von der neuen Saison an bei anderen Vereinen zu hospitieren.

Vage Gespräche zwischen Tür und Angel

Wer in Stuttgart die Schuld daran trägt, die beiden überzeugten VfBler vergrault zu haben, darüber gehen die Meinungen auseinander. Einerseits ist der Nachwuchschef Rainer Adrion erster Ansprechpartner für Jugendtrainer, doch blieben „die Gespräche zwischen Tür und Angel immer sehr vage“, wie Tedesco berichtet – auch als seine Mannschaft vor Weihnachten völlig überraschend Herbstmeister wurde.

Andererseits fällt die Besetzung eines U-17-Trainers am Ende in den Verantwortungsbereich des Sportchefs. Robin Dutt trat sein Amt erst Anfang Januar an und hat angesichts des Abstiegskampfes der Profis seither zweifellos noch viel Wichtigeres zu tun. Doch betont der Sportvorstand auch immer wieder, dass geschätzte 80 Prozent seiner Arbeitszeit der strategischen Zukunftsplanung gehören, in der der eigene Nachwuchs eine maßgebliche Rolle spielen soll.

Tedesco bat Hoffenheim um weitere Bedenkzeit

Noch im März wäre es nicht zu spät gewesen. Tedesco bat die interessierten Hoffenheimer immer wieder um weitere Bedenkzeit, weil für ihn der Verbleib beim VfB „Priorität eins“ besessen habe: „Ich wollte meinem Verein nicht die Pistole auf die Brust setzen“, sagt Tedesco. Nach dem 4:2 gegen die Bayern am 7. März holte ihn Dutt in sein Büro und gratulierte zum Sieg und zu der überzeugenden Spielweise. Es sei „ein gutes Gespräch“ gewesen, sagt der Trainer – auf ein weiteres über seine ungeklärte Zukunft aber wartete er vergeblich: „Irgendwann war ich dann in der Situation, mich entscheiden zu müssen .“

Nach „schlaflosen Nächten“ sagte Tedesco vergangene Woche schließlich den Hoffenheimern zu, mit denen er „sehr professionelle und strukturierte Gespräche“ geführt habe. Als der Wirtschaftsingenieur seine Entscheidung danach dem VfB mitteilte, habe sich Robin Dutt „sehr bemüht“, ihn umzustimmen – doch es war zu spät.

„Mir tut es wahnsinnig weg, den VfB verlassen zu müssen“

„Ich freue mich auf die neue Aufgabe in Hoffenheim“, sagt Tedesco, „aber es tut mir wahnsinnig weh, den VfB verlassen zu müssen.“ Vor seinem Abschied will er Deutscher Meister werden, die Chancen scheinen gut. Die  U 17 des VfB steht vor dem Einzug ins Halbfinale, nachdem sie am Samstag beim härtesten Rivalen mit 4:1 gewonnen hat: der TSG Hoffenheim.