Bei US-Präsident Donald Trump ist Steve Bannon in Ungnade gefallen. Jetzt will er Europa kapern – und hat dafür offenbar genügend Geld. Das sorgt in Berlin für mehr als Nervosität.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Europawahlen waren schon immer wichtig, aber bisher blieben sie in Deutschland meist im Windschatten der Berliner Politik. Das wird 2019 anders. Nachdem populistische und nationalistische Parteien in den vergangenen Jahren in vielen Ländern Zulauf gewonnen haben, steht jetzt auch noch Steve Bannon, der ehemalige, mittlerweile geschasste Wahlkampfstratege von US-Präsident Donald Trump ante portas.

 

Spätestens seit Bannon vor wenigen Tagen angekündigt hat, Europas Rechtspopulisten zu einer einheitlichen „Bewegung“ vereinen und ein Drittel der Sitze im nächsten EU-Parlament erobern zu wollen, liegt die Erwartung einer Schicksalswahl für Europa in der Luft. Angeblich hat Bannon viel Geld im Rücken, um „Europa zu kapern“, wie die US-Internetseite „Daily Beast“ vermeldete, die zuerst über Bannons Europa-Pläne berichtet hat. Die Ankündigung ist eine Kampfansage. „Ein vereinter populistischer Block dieser Größe hätte die Fähigkeit, die parlamentarischen Prozesse ernsthaft zu zerstören“, heißt es in dem Artikel.

„In USA gibt es jetzt Kräfte, die Europa zerstören wollen“

Bannons Vorstoß löst erhebliche Unruhe nicht nur in Brüssel, sondern auch in Berlin aus. „Wir müssen uns klarmachen, dass es in den USA offenbar Kräfte gibt, die Europa in seiner jetzigen Form zerstören wollen. Das hatten wir bisher nicht“, erklärt Franziska Brantner, europapolitische Sprecherin der Grünen im Gespräch mit unserer Zeitung. „Deshalb müssen wir zum Beispiel klären, woher die US-Gelder kommen, über die Bannon angeblich verfügt.“ Zwar hat Trumps ExBerater bei Europas Rechtspopulisten mitnichten offene Türen eingerannt, was schon die Reaktionen der AfD zeigen. Der Vorsitzende der Partei, Jörg Meuthen, lehnte eine solche Hilfestellung „von außerhalb Europas“ als unnötig ab, während Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel Bannons Vorhaben als „spannend und ambitioniert“ begrüßte.

Kramp-Karrenbauer ist nachgerade alarmiert

Dennoch ist die Nervosität in Berlin groß. Das zeigt das jüngste Interview der CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer deutlich. „Dass mit Stephen Bannon ein früherer Trump-Berater in Europa unterwegs ist und hier angeblich eine Stiftung für Rechtspopulismus aufbauen will, sollte man im Auge behalten“, sagte sie „Spiegel online“ mahnend. „Wir sollten sehr achtsam sein, selbst wenn sich am Ende herausstellt, dass wenig dabei herausgekommen ist. Die Sache zu ignorieren, bis es vielleicht zu spät ist, wäre die falsche Herangehensweise.“ Stellt man Kramp-Karrenbauers betont vorsichtige Art der Kommunikation in Rechnung, ist ihre Aussage eine Alarmmeldung.

Mit der Einschätzung steht sie nicht allein. „Europa steht von innen und von außen unter Druck wie nie“, betont Brantner. Trotzdem wehrt sie Forderungen ab, dass die proeuropäischen Kräfte nun eine Allianz gegen die Antieuropäer schließen sollten. „Ich finde, dass wir die Unterschiede zwischen den proeuropäischen Parteien nicht einebnen dürfen“, betonte Brantner. „Natürlich müssen wir herausstellen, dass wir Proeuropäer Sachfragen europäisch lösen wollen, wo die Nationalisten auf nationale Alleingänge setzen“, sagte sie. „Ich bin auch sehr dafür, dass alle, die auf Europa setzen, mit dem Negativgerede über die EU mit Brüssel als notorischem Sündenbock aufhören.“ Und weiter: „Wir müssen im Wahlkampf schon auch die Verschiedenheit unserer Politikansätze deutlich machen. Es macht schließlich einen Unterschied, welchen Steuerwettbewerb, welches Wasserrecht und welche Agrarsubventionierung in der EU realisiert werden.“ Brantner fände es fatal, wenn der Eindruck entstünde, es gebe nur die Alternative, für oder gegen Europa zu stimmen.

„Bannon will Europa zum Wurmfortsatz für Trumps Politik verwandeln“

Das sieht Sevim Dagdelen, die Vize-fraktionschefin der Linken, anders. „Unsere Antwort auch auf diese alarmierende Entwicklung ist die Gründung einer linken Sammlungsbewegung aus progressiven Kräften“, sagte sie. „Die von Bannon angekündigte transatlantische Unterstützung für Rechtspopulisten in Europa ist hochgefährlich“, so Dagdelen. „Ihm geht es darum, Europa politisch zu spalten und ideologisch in einen Wurmfortsatz für Trumps verheerende US-Politik zu verwandeln.“