Pfiffe und Störmanöver statt sachlicher Diskussion – die Vorstellung des Nationalpark-Gutachtens, mit der die Regierung die Bürger informieren möchte, wird zur Plattform des Protests.

Bad Wildbad - Die Hoffnung der grün-roten Landesregierung auf eine sachliche Diskussion über den Nationalpark scheint sich nicht zu erfüllen. Das hat der Abend in Bad Wildbad gezeigt, wo erstmals öffentlich den Bürgern das Ergebnis des 770 000 Euro teuren und rund 1200 Seiten dicken Gutachtens präsentiert wurde. Die organisierten Gegner des Vereins „Unser Nordschwarzwald“ nutzen die Präsentation als Plattform des Protests – gellende Pfeifkonzerte, höhnisches Gelächter und Buhrufe sowie Störmanöver begleiten die Veranstaltung. Die Kampagne – kreativer Kopf des Vereins ist ein Medienprofi – zielt auf die Vorspiegelung einer breiten Protestbewegung in der Region.

 

Die Gegner sind laut, sie sind an diesem Abend in der mit rund 1000 Besuchern wegen Überfüllung geschlossenen Trinkhalle auch in der Überzahl. Das Sprachrohr der Region aber seien diese Totalverweigerer nicht, erklärten etliche Kommunalpolitiker. Die Befürworter halten sich zurück, der Naturschutzbund Nabu verteilt Lebkuchenherzen mit der Aufschrift „Nationalpark Schwarzwald“, Greenpeace ist präsent. Tatsächlich aber sind auch etliche Kritiker des Nationalparks, die sich an diesem Abend informieren wollen, irritiert über die Aktionen und Krawalle. „Das ist unanständig“, kommentiert ein älterer Herr kopfschüttelnd. Der Calwer Landrat Helmut Riegger kann kaum einen Satz ohne Pfiffe und Zwischenrufe beenden. „Verräter“ schallt ihm entgegen. Das ist die Quittung dafür, dass Riegger sich klar zu einem Nationalpark bekennt, sich durch die positiven Aussagen der Gutachter bestätigt sieht und zusätzliche Waldflächen im Kreis Calw angeboten hat.

Zwar weist auch der Wildbader Bürgermeister Klaus Mack darauf hin, dass die Gutachter die Frage nach einem Mehrwert eines Nationalparks „klar mit ja beantwortet haben“. Dennoch gebe es weitere wichtige Fragen, etwa „ob sich der Borkenkäfer tatsächlich an die Vorgaben der Gutachter hält?“ Mack versucht mit Ironie die Stimmung im Saal zu besänftigen. Wesentlich sei für ihn die Frage, ob es nun durch Information gelinge, die Bürger von den Chancen zu überzeugen. „Der Nationalpark kann nur ein Erfolg werden, wenn die Menschen ihn als ihr Projekt begreifen“, betont Mack und erhält dafür Beifall.

Argumente der Gutachter stoßen auf Ablehnung

Immerhin: gut eine dreiviertel Stunde lang ist Ruhe im Saal, die Gutachter haben das Wort. „Schluss mit dem Gefasel, das ist endlos langweilig“, fordert dann ein Aktivist unter Beifall und muss sich dann doch noch 15 Minuten gedulden bis zur Fortsetzung der Protestshow gegen den Naturschutzminister Alexander Bonde (Grüne). Dessen Einzug war begleitet von wütenden Pfiffen, junge Burschen folgten dem Minister mit dem Transparent des Widerstands – dem rot durchgestrichen Schriftzug „Nationalpark“ auf grünem Grund. Dieser Schriftzug wird Bonde denn auch während seines politischen Statements immer wieder unter Johlen vorgeführt. Das Anti-Konfliktteam der Polizei, die mit rund 170 Beamten und zwei Sprengstoffspürhunden vor Ort ist, beobachtet gelassen die Störmanöver. Dreimal unterbrechen die Gegner Bonde, der in Baiersbronn wohnt, kehren ihm den Rücken zu und zitieren im Sprechchor drei von fünf Strophen des Schwarzwaldlieds: „O Schwarzwald, o Heimat, wie bist du so schön.“ Dass bei ihnen die Argumente der Gutachter nicht durchdringen, wird bei der Fragerunde deutlich, die eher zur Abrechnung mit der grünen Politik gerät. Der erste Frager bringt die Ablehnung auf den Punkt: „Wir wollen keine Ökodiktatoren. Wir wollen nicht, dass unser Wald vom Borkenkäfer aufgefressen wird.“