Vor 25 Jahren sind am unteren Neckar zwischen Mannheim und Heidelberg am FLussufer sechs Gebiete gleichzeitig unter Schutz gestellt worden. Für die Natur hat sich das vernetzte Vorgehen gelohnt.

Heidelberg - Fast jeder, der den letzten Abschnitt des Neckars zwischen Heidelberg und Mannheim zum ersten Mal erlebt, sei es beim Radeln, beim Spazierengehen oder beim Übersetzen mit der Fähre unweit des schmucken Fachwerkstädtchens Ladenburg (Rhein-Neckar-Kreis) gerät unverzüglich ins Schwärmen. Wasservögel aller Arten bevölkern den Fluss. In der tiefgrünen Auenlandschaft am Altneckar singen Nachtigallen und Pirole, mit etwas Glück kann man einen Eisvogel beim Fischen beobachten.

 

Zum ersten Mal seit Langem brütet am Ufer in Heidelberg unmittelbar vor den Toren der Innenstadt in diesem Jahr wieder ein Schwarzmilan; in den Jahren zuvor sind schon der Nachtreiher und der Baumfalke zurückgekehrt. Auch ein Biber ist seit einiger Zeit am Altneckar aktiv. „Da ist man wie in einer anderen Welt“, erklärt Rüdiger Becker vom Umweltamt der Stadt. „Es ist ein Paradies“, sagt auch Karl-Friedrich Raqué, Biologe und ehrenamtlicher Naturschutzwart in Heidelberg. „Man muss schon an die Loire in Mittelfrankreich fahren, um in Europa noch einen äußerlich derart gut erhaltenen Flusslauf zu sehen.“

Sechs Gebiete auf einen Schlag ausgewiesen

Vor 25 Jahren hat das Regierungspräsidium Karlsruhe die malerischen Reste der Flusslandschaft des einst wilden Neckars mitten im industriell und landwirtschaftlich intensiv genutzten Ballungsraum unter Natur- und Landschaftsschutz gestellt. Um sie vor allzu massiven Ansprüchen zu schonen, wurden damals auf einen Schlag auf einer Länge von 24 Kilometern sechs kleine und größere Naturschutzgebiete ausgewiesen, die alle eingebettet sind in ein langes und schmales Landschaftsschutzgebiet am Ufer.

Die ganze Schutzfläche, die im Heidelberger Westen beginnt und über Edingen, Ladenburg und die alte Flussschleife in Ilvesheim bis zur Maulbeerinsel im Osten Mannheims geht, umfasst 735 Hektar Fläche; 187 davon sind reine Naturschutzgebiete. „Es war das erste Mal landesweit, dass man in Baden-Württemberg eine so vernetzte Struktur aufgebaut hat“, erklärt Wolfgang Raufelder, damals BUND-Geschäftsführer der Region und heute Landtagsabgeordneter der Grünen in Mannheim. „Inzwischen ist diese Art des Biotopschutzes bundesweit Standard geworden.“

Reste der ursprünglichen Landschaft sollten erhalten werden

Gründe für die Unterschutzstellung gab es viele. Vor allem ging es Naturfreunden und Fachleuten darum, die letzten Reste der ursprünglichen Landschaft mit ihren Überflutungsräumen, Kies- und Sandbänke, Flachwasserzonen, Prallhängen und Gleitufer am Altneckar zu erhalten. Die waren nach der Kanalisierung des Flusses zwischen 1920 und 1929 zurückgeblieben und später durch den Bau von Kraftwerken, Siedlungsbau, Landwirtschaft und Freizeitaktivitäten immer stärker unter Druck geraten.

Bei der Ausweisung des Gebiets registrierte man 1987 eine „reiche Vogelwelt mit mehr als 150 Arten, von denen 31 Prozent überregional als stark gefährdet gelten“. Vielen durchziehenden Vögeln diene das Areal als Brut- und Rastquartier; als Laichgewässer sei es für Fische, Amphibien und Muscheln von „überragender Bedeutung“, hieß es. Dazu komme eine vielgestaltige Insektenfauna und Pflanzenwelt.

Gleichwohl war es, wie die Vorreiter sich bis heute erinnern, „ein harter Kampf“ bis zur Unterschutzstellung. Neben einer Gruppe Ladenburger Vogelschützer zählten zum Kreis der Initiatoren auch Raqué, Raufelder und der frühere Heidelberger Grünen-Abgeordnete Andreas Bernstorff; er hat Kampagnen für die Umwelt inzwischen zu seinem Beruf gemacht.

Der stärkste Widerstand kam von den Fischereiverbänden

Viel Unterstützung gab es damals zudem von den Biologen der Uni Heidelberg. Dennoch hat es gut zehn Jahre gedauert, bis die Verordnung schließlich nach der 6. Entwurfsänderung im Februar 1987 im Gesetzblatt des Landes veröffentlicht wurde. Den stärksten Widerstand hatte seinerzeit der Landesfischereiverband geleistet. Dessen Präsident Hans Henny hatte die Parole ausgegeben, „keinen Zentimeter Ufer preiszugeben“. Zahllose Ordner zeugen im Karlsruher Präsidium bis heute von zahlreichen Auseinandersetzungen. „Es war in jedem Fall die richtige Entscheidung“, sagt die heutige Leiterin des Referats für Natur-und Landschaftsschutz Luise Murmann-Kristen. „Obwohl der untere Neckar stark als Erholungsgebiet angenommen wird, ist sein Potenzial für die Natur noch voll da.“ Das wäre ohne die Unterschutzstellung wohl anders, meint sie. „Es hat sich gelohnt“, findet auch Raufelder. „Das Gebiet strahlt aus und wird akzeptiert.“