Kunst unters Volk bringen, das haben sich die Macher der neuen Geislinger Artothek auf die Fahnen geschrieben. Die Leihgebühr fällt moderat aus.

Region: Corinna Meinke (com)

Geislingen - Montier dir deine Merkel“, so könnte die Anleitung lauten, um eine Holzplastik der Stuttgarter Künstlerin Anna Merkel nach dem Ausleihen zuhause sachgemäß an ihrem Metallsockel zu befestigen. Merkel gehört zu den rund 30 Künstlerinnen und Künstlern, die Arbeiten für die neue Artothek Geislingen in der Stadtbibliothek zur Verfügung stellen. Damit erhält nun auch der Kreis Göppingen sein erstes Kunstausleihangebot. In der Region dürfte die Artothek in Bietigheim-Bissingen, wo seit 1980 Kunst verliehen wird, die längste Tradition haben.

 

Pop-up-Galerie in einem leer stehenden Ladengeschäft

In Geislingen können sich Kunstfreunde noch bis zum Sonntag, 4. Februar einen Überblick über die Bilder und Skulpturen verschaffen und schon mal überlegen, welches Werk in die eigenen vier Wände passen könnte. In einem leer stehenden Laden in der Fußgängerzone in der oberen Stadt ist dazu eigens eine Pop-up-Galerie eingerichtet worden. Die Räume sind schon im vergangenen Jahr beim Geislinger Kunstfrühling 2017 zu einer Galerie umfunktioniert worden. Der große Zuspruch für den Kunstfrühling hat die Initiatoren nun zu ihrem nächsten Coup beflügelt, mit dem sie regionale Kunst unters Volk bringen wollen. Und wieder hat Hermann Dölger seine Finger mit im Spiel. Der Kunstpädagoge und Künstler gehörte schon im vergangenen Jahr zu den Aktivisten, die die bisher größte Geislinger Kunstausstellung mit 50 Teilnehmern in 20 Galerien auf Zeit auf die Beine stellte. „Ich bin wohl schon bekannt dafür, dass ich gern Ideen entwickle“, beschreibt der Initiator schmunzelnd sein Engagement.

Die Stadtbibliothek bietet sich als Partner an

Und weil sich so eine Artothek nicht einfach aus dem Boden stampfen lasse, sondern verlässliche Strukturen benötige, habe er sich an Benjamin Decker gewandt. Bei dem Leiter der Geislinger Stadtbibliothek rannte Dölger offene Türen ein. „Wir haben eine klare Expertise fürs Sammeln und Verleihen“, erklärt der Bibliothekar und überhaupt seien viele Artotheken bereits seit den 1970er Jahren an öffentliche Bibliotheken angedockt, das passe auch gut für Geislingen. Das Projekt Kunst zum Ausleihen soll im März starten. Bis dahin muss Decker noch den Vertrag mit dem Versicherer in trockene Tücher bringen, was voraussetzt, den Wert jedes Kunstwerks zu bemessen. Außerdem müssen die Arbeiten in den elektronischen Katalog der Bibliothek aufgenommen und die Benutzungs- sowie die Entgeltordnung an die Kunstausleihe angepasst werden.

Schon jetzt stehen in der Bibliothek große Vitrinen für die Skulpturen sowie Grafikständer Marke Eigenbau für die Bilder bereit. Und um Kosten zu sparen, hat Hermann Dölger auch beim Bauen wieder mitgemacht. Wenn die Präsentation in der Fußgängerzone zu Ende ist, kann die Kunst aus der Region in der Bibliothek ausgewählt werden.

Wer ein Werk für drei Monate mit nach Hause nehmen möchte, ist mit 12 Euro Gebühren dabei. Und wer sich zum Ende der Leihfrist gar nicht mehr trennen mag, kann die Arbeit auch kaufen. „Das wäre dann auch in Ordnung“, kommentiert Initiator Hermann Dölger trocken.

Artotheken gibt es in mehreren Städten in der Region

Artotheken gibt es in der Region bereits in Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg), Leonberg (Kreis Böblingen), Filderstadt (Kreis Esslingen) und in Fellbach (Rems-Murr-Kreis). In Göppingen baut die Kunsthalle derzeit ebenfalls ein Verleihangebot für künstlerische Arbeiten auf.

An der Artothek Geislingen beteiligen sich mit Leihgaben unter anderem Hermann Dölger, Roswitha Eheim, Bruno Ensslen, Christel Fuchs, Gabriele Glang, Arthur Goldgräbe, Nadine Lindenthal, Rüdiger Kircher, Regina Menzel, Anna Merkel und Veronika Missel. Die Werke bleiben auch während der Dauer des Verleihs Eigentum der Künstlerinnen und Künstler.

Alle Arbeiten sind in einer Pop-up-Galerie, einer Kurzausstellung, in der Hauptstraße 20 in Geislingen zu sehen. Öffnungszeiten: Freitag, 2. Februar 16 bis 19 Uhr, Samstag 3. und Sonntag, 4. Februar jeweils 10 bis 16 Uhr.