Im Film „Civil War“ wird in einer nicht allzu fernen Zukunft das Bild der USAgezeichnet, in der die Kräfte der Polarisierung gesiegt haben.
Als Kriegsberichterstatterin ist Lee Smith (Kirsten Dunst) in die verschiedenen Krisenregionen der Welt gereist. „Jedes Mal, wenn ich den Einsatz in einem Kriegsgebiet überlebt habe“, sagt sie zu ihrem Kollegen, „dachte ich, ich sende eine Warnung nach Hause: Tut das nicht! Aber jetzt stehen wir hier.“ Die beiden blicken auf ihr eigenes Land, wo seit einigen Jahren ein blutiger Bürgerkrieg den Alltag bestimmt. In seinem neuen Film „Civil War“ zeichnet Alex Garland in einer nicht allzu fernen Zukunft das Bild der USA, in der die Kräfte der Polarisierung gesiegt haben und ihre Konflikte mit militärischer Waffengewalt austragen.
Dabei hält Garland das politische Zukunftsszenario bewusst vage. Denn nicht um konkrete Vergleiche zur politischen US-Gegenwart geht es, sondern um die plastische Darstellung der Auswirkung eines Feuers, mit dem dieses tief gespaltene Land seit dem Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 zu spielen begonnen hat.
Waffengewalt ist Normalität geworden
Mit ihrem Kollegen Joel (Wagner Maura), dem betagten Reporter Sammy (Stephen McKinley Henderson) und der jungen Nachwuchsfotografin Jessie (Cailee Spaeny) macht Lee sich auf die Reise von New York nach Washington. In der umkämpften Hauptstadt wollen sie das letzte Interview mit dem amtierenden Präsidenten (Nick Offerman) führen, bevor dessen Gegner das Weiße Haus einnehmen.
Und so ist „Civil War“ über weite Strecken ein Roadmovie ins finstere Herz eines Landes, in dem der Ausnahmezustand Alltag und Waffengewalt Normalität geworden sind. Schon der Besuch einer Tankstelle ist eine lebensgefährliche Angelegenheit, denn die Zapfsäulen werden von Männern mit Maschinengewehren bewacht. Hinten in der Waschanlage hängen die blutüberströmten Körper von zwei Gefolterten. Lebensgefährlich wird es für die Reisenden, als sie in die Hände von Uniformierten geraten, die ihren eigenen inoffiziellen, ethnischen Säuberungskrieg führen und die Opfer lastwagenweise in Massengräbern verscharren.
Ohne Gewaltvoyeurismus
„Civil War“ stellt diese Bilder des Grauens nicht aus, sondern bettet sie in fast schon meditativ anmutende Reiseaufnahmen, unterlegt sie mit kontrapunktischer Musik oder Stille. Dadurch hebelt Garland jeden Gewaltvoyeurismus aus. Erst in der letzten halben Stunde, wenn die Journalistinnen die Erstürmung des Weißen Hauses aus nächster Nähe dokumentieren, begibt sich „Civil War“ auf das Terrain des Actionkinos. Die USA haben seit 1865 keinen Krieg mehr im eigenen Land erlebt. Garland zeigt dem amerikanischen Publikum und der westlichen Welt auf haptische Weise, wie ein Bürgerkrieg vor der eigenen Haustür aussähe.
Civil War: USA 2024, Regie: Alex Garlan. Mit Kirsten Dunst. Ab 12 Jahren.