Buket Savci hat Lust am Tabubruch und Sibel Horada ist vom Barock irritiert: Der Ludwigsburger Kunstverein präsentiert Künstlerinnen aus der Türkei.

Ludwigsburg - Die eine holt sich feucht-fröhliche Inspirationen im Schwimmbad, die andere experimentiert mit japanischen Techniken zur Holzkonservierung: Zwei Künstlerinnen aus der Türkei, die eine 1976, die andere 1980 in Istanbul geboren. Begegnet sind sich allerdings erstmals in Ludwigsburg – während der Vorbereitungen zur neuen Ausstellung des Kunstvereins im MIK. Die Schau trägt den zurückhaltenden Titel „Zwei Positionen“. Vielleicht liegt es daran, dass vor allem die Gegensätze ins Auge springen.

 

2016 und 2017 hat Isabel Jägle als Kunstscout internationale Ausstellungen und große Messen besucht. Wieder zurück, berichtete sie begeistert davon, dass es zum Beispiel in Indien oder der Türkei sehr interessante Künstler gebe. Nur leider: In Deutschland seien diese wenig bekannt. Daraufhin knüpfte sie Kontakte zu deren Agenten und veranlasste den Kunstverein, seine Räume dafür zu öffnen. Ein Ergebnis von Jägles Kuratorentätigkeit ist jetzt das Zusammentreffen der Künstlerinnen Sibel Horada und Buket Savci.

„Surreales Barock“

Im großen Galerieraum hängen 38 verkokelte Baumstämme von der Decke. Es handelt sich um Buchen, die Sibel Horada nach den Regeln der Shou-sugi-ban-Technik behandelt hat. Ein Brennvorgang, der das Holz widerstandsfähig machen soll. Gegen Schädlinge, aber auch – paradoxerweise – gegen Feuer. Das Widerständige und das Widersprüchliche sind Programm, im philosophischen, aber auch im konkret politischen Sinn. Die Bäume wurden verletzt, aber in Teilen auch wieder zusammengesetzt. Und sie stehen zusammen.

Neben dieser Arbeit zeigt Horada aber auch Objekte aus Papier oder Haar, zu denen sie die Geschichte Ludwigsburgs angeregt hat. Das Barock sei ihr fremd, sagt sie. „Ein Fürst, der aus einer Laune heraus eine Stadt bauen ließ, und eine Allee bis zum Schloss Solitude, das war für mich sehr surreal“, sagt sie. Darum hat sich Horada durch den Fundus des Stadtmuseums gewühlt und sich unter anderem Donato Giuseppe Frisonis Baupläne für das Schloss vorgenommen, um dessen Ornamentik auf eigene Objekte zu übertragen. Herausgekommen sind Serien, die „Plan“ oder „Test“ heißen. Üblicherweise arbeite sie intuitiv, sagt sie. Aber für das Barocke sei eine vorherige Planung unerlässlich.

Eine farbige Leinwand bricht die konzentrierte Strenge der durchweg schwarz-weißen Arbeiten Horadas auf: Ein Bild von Buket Savci im großen Saal legt eine erste Spur auf deren Werkreihe, die im Gewölbekeller präsentiert wird. Sie wolle von Glücksmomenten erzählen, sagt Buket, und diese verlängern, indem sie sie in den lang andauernden Malprozess übertrage.

Spiel mit dem Tabu

Am Anfang stehen Fotografien von unbeschwerten Momenten, etwa beim Baden am Strand, beim Eis essen oder im Bett, kurz vor oder nach dem Sex. In ihrer Maltechnik geht sie über das nur Fotorealistische hinaus: Sie intensiviert Lichtreflexe oder kombiniert ihre Arrangements gern mit knallbunten Luftballons oder Schwimmreifen, um ihre Bilder erotisch aufzuladen oder Hinweise auf die Vergänglichkeit unterzubringen. Humor sei ihr wichtig, sagt Savci, und das Spiel mit dem Tabu. „Als Frau darf ich Frauenkörper so zeigen, wie ich das tue“, sagt sie.