Mit einem gesellschaftskritischen Song wollen die „Söhne Mannheims“ durchstarten. Doch das Coronavirus bremst auch sie aus.

Mannheim - Im 25. Jahr ihres Bestehens melden sich die Söhne Mannheims mit neuer Besetzung und neuen Songs zurück. Die 13-köpfige Band ist mit den Sängern Karim Amun und Giuseppe „Gastone“ Porrello mit ägyptischen beziehungsweise italienischen Wurzeln noch internationaler geworden. Die Gründungsmitglieder Michael Herberger und Billy Davis sind ausgeschieden. Mit Xavier Naidoo ist der prominenteste, aber auch umstrittenste „Sohn Mannheims“ schon 2017 eigene Wege gegangen. „Für uns hat eine neue Ära begonnen“, sagt Gitarrist Kosho, der schon 21 Jahre dabei ist.

 

Die Gruppe arbeitet an dem ersten Studioalbum seit der Veröffentlichung von „MannHeim“ im Jahr 2017, das wegen des Songs über Volksvertreter als „Marionetten“ in die Kritik geriet. Das erste Lied des neuen Albums „Moral“ wurde unter den schwierigen Corona-Bedingungen produziert. Darin werden Armut, Hunger, Umweltzerstörung gegeißelt - und zugleich die Apathie der Menschen, die nichts dagegen unternehmen. „Wir könnten etwas ändern, wenn wir wollten, doch wir tun das nicht“, kritisiert eine der langlebigsten Bands Deutschlands. „Wir schauen zu, wie die Welt im Dreck erstickt/ Wir sind Lügner und Betrüger, in Anzug und Krawatte erobern wir die Welt.“

Missstände werden benannt

Der düstere Charakter des Songs soll durch andere lebensfrohere auf dem geplanten Album ergänzt werden, erklärt Songschreiber „Gastone“. „Dann kann es doch noch ein Happy End geben.“ Für ihn ist es wichtig, Missstände zu benennen; nur so bestehe Hoffnung, sie auch abzustellen und nach vorne zu schauen. „Wenn wir das ausblenden würden, wäre das fake Entertainment.“ Das emotionale Lied soll dem Publikum am 26. Juni bei einem Konzert vorgestellt werden. Geboten wird dann im Autokino Mannheim Popmusik mit Anteilen von Reggae, Soul, Rock und Blues.

Die Corona-Krise ist für die Musiker keine kreative Pause. Da aber die übliche Diskussion der Songs und ihrer Bestandteile derzeit unmöglich ist, schicken die Künstler ihre bereits sehr durchdachten Audio-Dateien einander zu, die dann der musikalische Leiter Edward Maclean wie die Teile eines Mosaiks zusammenfügt. Sänger Karim Amun: „Ich war sehr beeindruckt, wie gut das funktioniert, wie homogen das klingt - ein Augenöffner.“ Auch ein zweiter Song - „Miracle“ - ist so entstanden. Ob die „Söhne“ wie geplant ihre erste Tour nach 2017 Ende des Jahres starten, steht wegen des zunächst bis Ende Oktober 2020 geltenden Verbotes von Großveranstaltungen in den Sternen.

Keine Kritik an Naidoo

Der gesellschaftskritische Text von „Moral“ ist nicht als Replik auf das Gründungsmitglied Xavier Naidoo und seine umstrittenen Äußerungen etwa zur Flüchtlingspolitik zu verstehen, wie das Urgestein der Band Kosho betont. „Das hat nichts mit Xavier zu tun.“

Die „Söhne“ bleiben eng mit Mannheim verbunden, auch wenn Kosho bald die Berliner Musikszene bereichern wird und Karim Amun im benachbarten Heidelberg lebt. Der Ballungsraum mit der renommierten Mannheimer Popakademie versammle eine Fülle guter Musiker und habe einen eigenen Sound entwickelt. Kosho hat für die Ausnahmeband nach Höhepunkten wie dem Konzert auf der Berliner Waldbühne vor 20 000 Fans 2009 oder den Auftritten in Tel Aviv 2005 nur noch einen Wunsch: „Wir haben viel erreicht, außer dass wir noch nicht so lange spielen wie die Rolling Stones - aber das kriegen wir auch noch hin.“