Eigentlich sollte Ende 2013 Schluss sein. Doch nun bekommt der EnBW-Ausschuss ein wichtiges Gutachten und Unterlagen aus Frankreich. Also setzt er seine Arbeit fort.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) geht in die Verlängerung. Weil die Staatsanwaltschaft neue Unterlagen angekündigt hat, wird das Gremium seine Arbeit nicht, wie ursprünglich geplant, in diesem Jahr abschießen. Darauf haben sich die Obleute der vier Fraktionen am Mittwoch geeinigt, wie der Ausschussvorsitzende Klaus Herrmann (CDU) mitteilte.

 

An diesem Donnerstag erwartet der Ausschuss ein Gutachten von Professor Wolfgang Ballwieser aus München, einem Experten für Unternehmensbewertung. Er war im Zuge der Untreue-Ermittlungen gegen Stefan Mappus und andere Beschuldigte von der Staatsanwaltschaft beauftragt worden. Im Kern sollte Ballwieser klären, ob Mappus für die EnBW-Anteile der Electricité de France (EdF) zu viel bezahlt hat. Über den Inhalt des Gutachtens wurde zunächst nichts bekannt. Nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ war der Gutachter gehalten, bei seiner Bewertung die für Mappus günstigste Methode anzuwenden.

Vier Gutachter, drei Meinungen

Die Anklagebehörde sieht in der Expertise einen „wichtigen Meilenstein“ für das Verfahren. Ballwieser ist bereits der vierte Experte, der sich zum Unternehmenswert der EnBW zum Zeitpunkt des Rückkaufes im Dezember 2010 äußert. Er konnte als einziger Experte auch unternehmensinterne Daten auswerten, während seine drei Kollegen auf öffentlich zugängliche Informationen angewiesen waren.

Im Auftrag der grün-roten Landesregierung hatte der Gutachter Professor Martin Jonas die Transaktion als „überteuert“ gewertet. Sein Befund: Das Land habe etwa 800 Millionen Euro zu viel bezahlt. Jonas’ Expertise ist auch Grundlage des Schiedsgerichtsverfahrens, in dem das Land von der EdF diesen Betrag zurückfordert. Zwei von der Opposition im Ausschuss benannte Professoren, Dirk Schiereck und Christian Kammlott, hatten den Kaufpreis von 41,50 Euro je Aktie dagegen als „nicht falsch“ bezeichnet. Es gebe eine erhebliche Bandbreite, innerhalb derer der Unternehmenswert „angemessen und fair“ sei. Auch ein Preis von 52 Euro wäre noch vertretbar gewesen.

Offenbar doch Rechtshilfe aus Paris

„Das Gutachten, das unter Geheimhaltung steht, muss zunächst von den Fraktionen ausgewertet werden“, sagte der Ausschusschef Herrmann. Dann sei zu prüfen, ob hierzu Sachverständige gehört werden; dies könnte auch Ballwieser selbst sein. Die Staatsanwaltschaft werde das Ergebnis am Donnerstag bekannt geben.

Neue Erkenntnisse erhofft sich das Gremium zudem von Unterlagen aus Frankreich, die gegenüber der Staatsanwaltschaft avisiert wurden. Entgegen manchen Erwartungen hatte das deutsche Rechtshilfeersuchen an Paris damit offenbar doch Erfolg. Auf dieses hin hatten französische Ermittler Räume der EdF und der Investmentbank Morgan Stanley in Paris durchsucht; ob, wie erbeten, auch die Unternehmenschefs und Zwillingsbrüder Henri und René Proglio vernommen wurden, ist nicht bekannt. Den Inhalt der angekündigten Unterlagen kennt derzeit nicht einmal die Staatsanwaltschaft. Die EdF selbst hatte jede Kooperation mit dem Ausschuss abgelehnt, auch aus Verärgerung über die Schiedsklage.

Schiedsverfahren Thema für Ausschuss?

Durch die Verlängerung könnte auch die von CDU und FDP kritisch gesehene Schiedsklage noch zum Gegenstand des Ausschusses werden. Da nur abgeschlossenes Regierungshandeln untersucht werden kann, müsste das Verfahren dazu beendet sein. Der nächste Termin beim Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer ist im Januar 2014; Beobachter schließen nicht aus, dass der Streit bereits dann mit einem Vergleich beigelegt wird.

Der Ausschuss dürfte nun auch auf Unterlagen von Morgan Stanley warten, gegen deren Herausgabe die Investmentbank sich derzeit juristisch wehrt. Dies hat die Neugier der Mitglieder erst recht angestachelt: Es müsse seine Gründe haben, wenn die Bank von ihrem bisherigem Kurs der Offenheit gegenüber dem Gremium abweiche. Dem Vernehmen nach argumentiert Morgan Stanley, die fraglichen Akten hätten nichts mit dem EnBW-Deal zu tun.

„Sobald die Unterlagen aus Frankreich vorliegen und der Aktenumfang bekannt ist, wird der Ausschuss über seinen weiteren Zeitplan beraten“, sagte Herrmann. Dabei sei auch zu bedenken, dass die französischen Dokumente vielleicht noch übersetzt werden müssten. Die nächste Sitzung des Gremiums war für Mittwoch kommender Woche anberaumt; dabei sollte der Abschluss vorbereitet werden.