Vor einigen Jahren noch war der Nikolaus-Lenau-Platz nicht nur geografisch der Mittelpunkt des Hinterweils. Mit einer Hausärztin, Döner-Imbiss, Pizzeria, Supermarkt, Apotheke, Bank- und Postfiliale, Bäckerei und Bildungseinrichtungen vor Ort blühte das Leben in dem Stadtteil. Heute ist nur noch ein kleiner Teil der Nahversorgung vorhanden: Einen Supermarkt gibt es nicht mehr. Auch die Allgemeinmedizinerin und die Apotheke haben das Viertel verlassen. Mit der Bäckerei, einer Pizzeria und einer Dönerbude ist nur wenig verblieben.
Die Grundversorgung ist weggebrochen
Wer also einkaufen, zum Arzt oder in die Apotheke gehen will, fährt nach Maichingen oder in die Sindelfinger Innenstadt. Wer nicht mobil ist, bleibt mehr und mehr auf der Strecke. Bei einem Beteiligungsabend im März wurde öffentlich zusammengetragen, was in den täglichen Gesprächen mit Bewohnern auch geäußert wird. „Die Bewohner vermissen Anlaufstellen wie einen Supermarkt, Hausarzt oder eine Apotheke. Vieles, was zur Grundversorgung wohnortnah gehört, ist in den vergangenen Jahren weggebrochen“, sagt die Quartiersmanagerin Laura Vargas Gonzalez. Um sich dem Schicksal aber nicht einfach zu ergeben, arbeiten Stadtteilbewohner und die Sozialarbeiterin in vier Arbeitsgruppen weiter an Ideen.
Vor allem Ältere leiden unter der Verödung
Dass die Nahversorgung schrittweise abgebaut wurde, trifft besonders die Menschen, die nicht mit Fahrrad, Auto oder Bus in angrenzende Stadtteile fahren können. „Zwar sind viele Familien hierher gezogen, die mobil sind. Es leben hier aber auch viele ältere Menschen. Diese kennen die alten Zeiten noch, in denen Läden um die Ecke existierten“, sagt Vargas. Projekte wie den mobilen Einkaufsladen („Mobi Deisl“), den es zeitweise auch im Stadtteil Eichholz gab, haben sich nicht gerechnet. „Für manche Senioren war der Zustieg in das Auto mit Rollator nicht möglich. Am Ende hat sich der mobile Supermarkt beidseitig nicht ausgezahlt“, so die Quartiersmanagerin. Und neben dem Wegzug vieler Dienstleistungen gehe es auch um das Menschliche, das in solchen Fällen leidet. Aus diesem Grund seien gemeinsame Feste und regelmäßige Treffs für Senioren von großer Bedeutung.
Genau auf dieser Ebene ist der 38-Jährigen mit Senioren- und Elterntreffs, Veranstaltungen und Festen bereits einiges zur Belebung der Nachbarschaft gelungen: „Besonders gut angenommen werden auf der einen Seite das Café im Quartier, bei dem vor allem ältere Menschen zusammenkommen, um sich bei selbst gebackenem Kuchen und Kaffee zu unterhalten. Auf der anderen Seite nutzen junge Eltern gerne das Eltern-Kind-Café.“ Kinder stehen auch bei der Kooperation zwischen Quartiersarbeit und Realschule im Mittelpunkt, wie Vargas Gonzalez erläutert: „Die Schülerinnen haben einen Nachmittag für Kinder geplant und durchgeführt. 20 Kinder nahmen teil und spielten die verschiedenen Spielstationen durch.“
Wer anpackt, kann etwas verbessern
Trotz großen Einsatzes, das Hinterweil kann auch die 38-Jährige nicht alleine auf Vordermann bringen. Da der Stellenumfang von Laura Vargas Gonzalez vorerst auf 50 Prozent begrenzt bleibt, ist sie auf die Mitarbeit von Ehrenamtlichen oder tatkräftigen Unternehmern angewiesen. Zwei solche Unternehmer – Holger Renz und Kai Friedl – haben im Mai Worten Taten folgen lassen und mit vier Automaten am Nikolaus-Lenau-Platz ein kleines Grundversorgungsangebot geschaffen. Eier, Milch, Butter, Snacks, Getränke, Instantnudeln – alles, was Bewohner mal schnell zur Hand brauchen, ist in den „iO“-Automaten der beiden eigentlich im Handwerk tätigen Männer erhältlich.
Einkaufen und Bücher tauschen
„Der Mini-Supermarkt wird gut angenommen. Nachdem die älteren Bewohner Einweisungen zur Bedienung erhalten haben, nutzen auch diese das Angebot. Schülerinnen und Schüler aus den benachbarten Schulen bedienen sich sowieso fleißig aus dem Automatensortiment“, erklärt Laura Vargas Gonzalez. In Kombination mit dem Bücherregal, das ebenfalls dort steht, habe sich ein Anlaufpunkt für Hinterweiler jeden Alters entwickelt. „Auch der Büchertausch funktioniert sehr gut. Menschen kommen, kaufen ein und nehmen sich ein Buch mit. Das hat die Lage in jedem Fall verbessert“, findet die Sozialarbeiterin.
Dennoch wünscht sich die zweifache Mutter weiter eine Aufwertung des sozial bunten Stadtteils, in dem sie selbst wohnt. Hier seien neben Bürger- und Unternehmerinitiativen auch die Stadtverwaltung und die Wirtschaftsförderung gefordert. „Ich habe noch kleinere und größere Ideen für die Menschen hier: Von Kinderfesten über einen Schaukasten mit Angeboten und Informationen. Ich hoffe, einiges davon lässt sich umsetzen“, blickt Vargas voraus.
Viele Angebote, ein Kontakt
Café im Quartier
Das Café im Quartier, zu dem vor allem Senioren gehen, findet jeden zweiten Mittwoch im Monat statt, und zwar von 14.30 bis 16.30 Uhr. Das nächste Mal am 13. September. Zum Jahresende gibt es ein spezielles Weihnachtscafé am 13. Dezember.
Eltern-Kind-Café
Immer mittwochs lädt das Stadtteilbüro zum Treff von Eltern und Kindern ein. Es kann von 10 bis 11.30 Uhr gemeinsam gespielt und sich ausgetauscht werden. Der nächste Termin ist der 13. September.
Automaten
Direkt am Nikolaus-Lenau-Platz stehen vier Automaten mit einem kleinem Sortiment an Lebensmitteln zur Verfügung.
Kontakt
Das Büro der Quartiersarbeiterin Laura Vargas Gonzalez befindet sich am Nikolaus-Lenau-Platz 19. Kontakt per Festnetz unter 07031/7 35 92 00, mobil unter 0176 47173620 oder per E-Mail an: l.vargas-gonzalez@sjr-sifi.de