Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein wichtiges Ziel: Als Reaktion auf den Klimawandel und der damit verbundenen Häufung von Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, lang anhaltenden Trockenperioden, aber eben auch Starkregen sollen nicht nur in größeren Städten, sondern auch in durch Hochwasser bedrohten kleineren Kommunen möglichst viele Flächen geschaffen werden, die innerhalb kurzer Zeit große Wassermengen aufnehmen und diese dann zeitverzögert wieder abgeben können.
Auch Neigungswinkel von Straßen können entscheidend sein
Die gesamte Innenstadt von Kopenhagen etwa wurde nach dem Schwammstadtprinzip neu kartografiert. Das dafür errechnete Oberflächenabflussmodell macht deutlich, wohin wie viel Wasser fließt, sobald es Starkregen gibt. Auf dieser Grundlage wurden Straßen, Plätze und viele Gebäude neu bewertet, der Neigungswinkel von Straßen verändert oder Mulden geschaffen, die die Verdunstung verzögern.
Zwar ist Kopenhagen von dem Ziel, flächendeckend solche Auffangsysteme zu schaffen, noch ein ganzes Stück entfernt. Doch die Idee der Schwammstadt hat mittlerweile auch in Deutschland Schule gemacht. Hamburg etwa hat in den vergangenen Jahren Neubaugebiete geschaffen, in denen das Regenwasser fast vollständig von der Kanalisation abgekoppelt wird. Ähnliche Projekte gibt es auch in Münster, Berlin, Leipzig und München.
Einige Ansätze sind in der Region vorhanden
Auch die Region Stuttgart ist beim Thema Schwammstadt kein komplett weißer Fleck. Vor allem bei der Gestaltung des Wohnquartiers „Arkadien“ in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) als auch bei der Entwicklung der „Sonnensiedlung Egert“ in Esslingen sowie bei einigen größeren gewerblichen Entwicklungen in Stuttgart und der Region hat die Schwammstadt-Idee eine Rolle gespielt. Und wenn man es ganz genau nimmt, dann hat Ostfildern mit der Schaffung der Landschaftstreppe im Scharnhauser Park zur dortigen Landesgartenschau schon Anfang dieses Jahrtausends ein solches Konzept umgesetzt. Auch die dortige Wohnsiedlung „Blauer Garten“ greift viele Ideen der Schwammstadt auf.
Nun rührt der Verband Region Stuttgart (VRS) auf Antrag der SPD-Regionalfraktion im Kreis Böblingen die Werbetrommel. Im Rahmen des vom Land geförderten Modellprojekts „Klimaresiliente Stadt- und Ortsentwicklung – Klimaanpassung im Landkreis Böblingen“ verweist der VRS auf die Notwendigkeit, aktiv zu werden, um die gesundheitlichen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen des Klimawandels möglichst gering zu halten. „Die größeren Städte haben das Thema durchaus bereits auf dem Schirm“, sagt Thomas Kiwitt, der Chefplaner der Region: „Wir wollen deshalb auch die kleineren der 26 Gemeinden im Kreis Böblingen, die nicht so viel Planungskapazitäten besitzen, für das Thema sensibilisieren und ihnen Unterstützung anbieten.“
Das Unwetter von Mundelsheim und seine Folgen
Als Beispiel, wie wichtig das Thema in Zukunft bei der Planung neuer Wohn- oder Gewerbegebiete ist, nennt Kiwitt das Unwetter in Mundelsheim (Kreis Ludwigsburg) im Mai dieses Jahres. „Hätte da schon das neue Gewerbegebiet Benzäcker existiert und wären dort viele Flächen versiegelt gewesen, dann hätte der Starkregen noch viel katastrophalere Folgen gehabt, als es jetzt schon der Fall war.“
Dabei gibt es nicht nur den Hochwasserschutz-Aspekt, der für die Schwammstadt spricht. Bei Hitzeperioden, die vermehrt zu so genannten urbanen Hitzeinseln führen, heizen sich in stark versiegelten Bereichen einer Stadt die Glas-, Stahl und Betonfassaden auf. Wenn hingegen Wasser vor Ort gespeichert werden kann, kann das dann verdunstende Wasser zu einer Kühlung der urbanen Umgebung beitragen. Hierbei spielen auch begrünte Dächer, Fassaden und Straßenzüge eine wichtige Rolle.
Gefahren- und Risikokarten liegen jetzt vor
In dem Pilotprojekt klimaresiliente Stadt- und Ortsentwicklung geht es aber nicht nur um Schwammstädte. Im Mittelpunkt steht vielmehr das Beratungs- und Hilfsangebot für alle 26 Städte und Gemeinden im Landkreis. In einem 300 Seiten starken Papier gibt es eine umfangreiche Sammlung an Gefahren- und Risikokarten, die sich nicht nur auf bestehende Ortschaften, sondern auch auf neue Siedlungsgebiete und Neubauprojekte bezieht. Spezielle Karten machen deutlich, an welchen Stellen bei Baumaßnahmen Vorsicht geboten ist und wo klimaangepasstes Bauen die Situation entschärfen kann. Geplant ist, diese Unterstützung auf die gesamte Region auszudehnen.