Film In den sechziger Jahren hat der Tscheche Karel Zeman utopische Romane wie Jules Vernes „Erfindung des Verderbens“ auf nostalgische Weise verfilmt: er kopierte reale Schauspieler in historisierende Kulissen hinein.

 

Roman Ebenfalls in den Sechzigern schrieb Keith Roberts den faszinierenden Alternative-History-Roman „Pavane“, in dem Königin Elisabeth I. ermordet wird, England in einen inquisitorischen Katholizismus zurückfällt und der Fortschritt nur auf Dampf, nicht aber auf Elektrizität zurückgreifen kann.

Comic Das belgische Duo François Schuiten und Benoit Peeters hat in den Achtzigern seinen Zyklus „Die geheimnisvollen Städte“ begonnen, in dem futuristische Parallelwelten vorgestellt werden. Die Architekturfantasien zu Klassizismus oder Jugendstil werden im Zusammenhang mit Steampunk zwar nur selten erwähnt, haben dessen Retro-Look aber wohl mitgeprägt.

"Gute Reise!" wünschen Mertikat und Schreuder dem Leser, den sie schon im ersten Band ihres auf dem Rollenspiel "Opus Anime" basierenden Comics in eine Geschichte werfen, die unter anderem von einem eingemauerten Mädchen, einem Metallprothesen anlegenden Doktor, einer maskierten Schutztruppe und dem schon erwähnten Heinrich Lerchenfeld erzählt. Letzterer ist ein Bizarromant genannter Geisterjäger, er will zusammen mit der attraktiven Frau D. und Herrn Hirschmann, einem dampfbetriebenen Roboter mit kleinem Halbkugelkopf, ein Verbrechen aufklären. Wobei die in Sepia-Tönen gehaltenen und oft ineinandergeschobenen Panel zunächst immer tiefer hineinführen in finstere Komplotte, Intrigen und Magie.

Im Steampunk-Genre drückt sich eine große Sehnsucht nach Abenteuer und Geheimnis aus - und ein ebenso großes Unbehagen am profanen Stand der Dinge, an der allumfassenden Entzauberung der Welt. Wie manche E.T.A.-Hoffmann-Erzählung, etwa "Der Sandmann" mit der kalten Automatenfrau Olimpia, zwingt auch die Geschichte vom Kupferherz jetzt Technik und Magie zusammen. "Es ist zu befürchten, dass mit jeder vernichteten Seele das empfindliche Gefüge zwischen unserer Scholle und der Totenscholle Vineta beschädigt wird", sagt Heinrich, der "Eindämmungsexperte für Übernatürliches", als schwerbewaffnete Söldner die Wesen aus der "anderen" Welt kaputtschießen wollen.

Aber so dunkel es hier auch zugehen kann: "Steam Noir" schützt sich vor dem Absturz ins verzweifelt Dystopische durch Romantik, Nostalgie und Ironie. Das Unheimliche, so darf man sagen, wird einem ganz heimelig. Benjamin Schreuder, der sich offen zum Eskapismus bekennt, bezeichnet seine mit Zahnrädern, Kolben, Nieten, Zylindern, Backenbärten und Spitzendeckchen ausstaffierte Alternativwelt sogar als "gemütlich". Und so könnte man bei der Lektüre seines Comics dann auch das tun, was uns der Held Heinrich Lerchenfeld in seinen Ruhephasen vormacht: Sich einen Hausmantel anziehen, die Beine übereinander legen und Tee trinken.

Felix Mertikat, Benjamin Schreuder: Steam Noir - Das Kupferherz. Band 1. Verlag Cross Cult, Ludwigsburg. 64 Seiten, 16,80 Euro.

Vorläufer und Ausläufer des Steampunk

Film In den sechziger Jahren hat der Tscheche Karel Zeman utopische Romane wie Jules Vernes „Erfindung des Verderbens“ auf nostalgische Weise verfilmt: er kopierte reale Schauspieler in historisierende Kulissen hinein.

Roman Ebenfalls in den Sechzigern schrieb Keith Roberts den faszinierenden Alternative-History-Roman „Pavane“, in dem Königin Elisabeth I. ermordet wird, England in einen inquisitorischen Katholizismus zurückfällt und der Fortschritt nur auf Dampf, nicht aber auf Elektrizität zurückgreifen kann.

Comic Das belgische Duo François Schuiten und Benoit Peeters hat in den Achtzigern seinen Zyklus „Die geheimnisvollen Städte“ begonnen, in dem futuristische Parallelwelten vorgestellt werden. Die Architekturfantasien zu Klassizismus oder Jugendstil werden im Zusammenhang mit Steampunk zwar nur selten erwähnt, haben dessen Retro-Look aber wohl mitgeprägt.