Aber Moment. Ein Schiff? In der Leonberger Altstadt? Richtig gelesen. Am 13. Februar beim Pferdemarktumzug rollt die „MS Leonberg“ durch die Straßen. Und die ist ein echter Koloss: 16 Meter lang bietet der Festwagen im Ozeanriesen-Look Platz für rund 30 Personen. Das heißt in diesem Fall, dass der Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn und weitere Ehrengäste an Deck Platz nehmen werden. Genauer gesagt, werden sie laut Info der Stadt offenbar am Marktplatz zusteigen.
Wer hat den kolossalen Wagen eigentlich gebaut?
Nun stellen sich aber naturgemäß einige weitere Fragen. Zum Beispiel, woher das Trumm denn eigentlich stammt, wer es gebaut hat? Nun, das ist gar nicht so leicht zu erklären. Über private Beziehungen erfuhr der Leonberger OB von dem Wagen, den eine Gruppierung aus Niederissigheim in Hessen, namentlich die „Issgemer Buben“, für die Fastnachts-Umzüge im vergangenen Jahr zusammengezimmert hat – mit Bullaugen, Reling, Schornsteinen, mit allem drum und dran. „Mir schoss sofort das Bild in den Kopf, wie es beim Pferdemarkt durch die Altstadt fahren könnte. Ich war begeistert, setzte mich mit dem Verkäufer in Verbindung und, alles nahm seinen Gang“, erinnert sich Cohn an das Frühjahr 2023. Damals stattete er den Issgemer Buben bereits einen Besuch ab, gemeinsam mit der Citymanagerin Nadja Reichert, dem Feuerwehrkommandanten Wolfgang Zimmermann sowie dem Feuerwehrtechniker Moritz Schäfer.
Mehrfach sei der Wunsch schon an den OB herangetragen worden, mit einem neuen Festwagen beim Pferdemarkt einen neuen Impuls zu setzen, betont Pressesprecher Küster. Das sei der Stadt schließlich auch die 11 000 Euro wert gewesen, die sie für das Schiff in den Main-Kinzig-Kreis überweisen musste. Genauer gesagt entstammt der Betrag dem Etat des Amtes für Kultur und Sport. Im Juni wurde die Errungenschaft dann mit einem Unimog in ihren neuen „Heimathafen“ geschleppt, begleitet von einem Containerfahrzeug der Feuerwehr. Die Fragen nach Transportfähigkeit, TÜV-Abnahme sowie weiteren technischen Details waren zu diesem Zeitpunkt auch beantwortet.
Aktion verlief nicht ganz ohne Misstöne
Allerdings: So ganz reibungslos verlief die ganze Aktion nicht, wie Paul Bernges von den Issgemer Buben berichtet. Zum einen sei die Preisfindung so eine Sache gewesen – die Bauer verwenden die Materialien für ihre Festwagen gerne mehrere Male. Und dann war da ja noch der Wagen, auf dem das ganze Konstrukt durch die Gegend rollt. „Das ist ein landwirtschaftliches Gerät, dafür gibt es keine Papiere und keine Zulassungsunterlagen“, so Bernges. Da hätten die Leonberger vielleicht etwas vorschnell zugesagt. Am Ende musste das Schiff schließlich über Landstraßen in Richtung Leonberg schippern, und das auch noch teilweise zerlegt.
Die Issgemer Buben – übrigens ein loser Zusammenschluss von karnevalsbegeisterten Hessen – werkeln im Endspurt an ihrem neuen Festwagen. Es wird ein Saloon mit einer Goldmine, der zum zehnjährigen Jubiläum der Gruppe durch die Straßen rollen soll. Weiteren Unmut schüren wollen sie nach den aus ihrer Sicht eher zähen Verhandlungen nicht. „Wenn uns der Oberbürgermeister weiterhin wohlgesonnen ist, fährt der neue Wagen im Jahr 2025 auch beim Pferdemarkt mit“, sagt Paul Bernges.
Rund 20 Ehrenamtliche machen den Kahn nun flott
Seit zwei Wochen arbeiten nun rund 20 Ehrenamtliche daran, das Schiff fit für den Pferdemarkt zu machen. So benötigt es zum Beispiel einen neuen Anstrich. Die meisten Helferinnen und Helfer sind Mitarbeitende der Stadtverwaltung mit handwerklichem Geschick. Auch einige Feuerwehrmänner und -frauen werkeln mit. „Das Schiff war schon bevor wir angefangen haben in einem super Zustand. Aber natürlich gibt es Dinge, die wir noch anpassen müssen“, sagt Feuerwehrkommandant Wolfgang Zimmermann.
Neben dem neuen Anstrich tauschen die Ehrenamtlichen zum Beispiel an einigen Stellen Bretter aus, damit beim Pferdemarkt alle Reisenden auch sicher unterwegs sind und „an Deck“ nicht einbrechen. Bevor das Schiff „ablegt“, wird der TÜV den Wagen nochmals überprüfen und freigeben.
Kahn wurde umgetauft, den alten Namen kennt jeder
Notiz zum Schluss: Das Schiff trug bei seiner „Indienststellung“ noch den allseits bekannten Namen „Titanic“. Das habe aber nichts mit dem traurigen Schicksal zu tun, das den Dampfer am 15. April 1912 im Nordatlantik ereilte, wie Paul Bernges versichert. „Wir hätten auch jedes andere Schiff bauen können, wollten aber diese schönen Schornsteine“, sagt er. Und schließlich kenne den Namen Titanic einfach jeder.
Vielleicht ist es aber trotzdem keine schlechte Idee von OB Cohn gewesen, den Kahn umzutaufen. Nicht, dass noch jemand falsche Schlüsse zieht. Allerdings: Eine MS Leonberg gibt es schon. Der Modellbauclub Leonberg hat auch eine. Die ist eine 3,57 Meter lange Nachbildung eines Schiffes, das ursprünglich Regina Maris hieß. Jetzt gibt es also ernsthafte Konkurrenz.
Foto-Aktion für den Wagen
Mit an Bord
Die Leonbergerinnen und Leonberger können ebenfalls an Bord der MS Leonberg mit dabei sein – allerdings nur in Form eines Fotos, zu sehen in einem der zahlreichen Bullaugen. Ein Ticket ins Kreuzfahrt-Glück erhalten alle, die ein Bild von sich bei der Stadtverwaltung einreichen.
So geht’s
Das Formular mit allen weiteren Teilnahmeinformationen finden Interessierte auf der Pferdemarkt-Webseite www.leonberger-pferdemarkt.de. Hier ist auch das Teilnahmeformular für die Foto-Aktion abrufbar.