Er ist der neue an der Spitze der IHK und will den Kurs seines Vorgängers fortsetzen. Auch Peter Kulitz spricht sich für Stuttgart 21 aus.

Karlsruhe - Die Mitgliederversammlung des Industrie- und Handelskammertags Baden-Württemberg (BWIHK) hat sich erneut hinter Stuttgart 21 gestellt. Ohne die Schnellbahntrasse von Paris nach Bratislava und die Verlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs drohe der Südwesten abgehängt zu werden, sagte der neu gewählte Präsident Peter Kulitz am Donnerstag in Karlsruhe. Der 58-jährige Ulmer IHK-Chef löst den 63 Jahre alten Unternehmer Bernd Bechtold aus Karlsruhe ab. Gemeinsam mit ihm forderte er bessere Bedingungen für ausländische Arbeitskräfte.

"Wir dürfen nicht zuwarten, bis es "an jeder Ecke" klemmt", sagte Kulitz. Neben Qualifizierungs- und Fortbildungsangeboten für Schulabbrecher und Migranten sei schon jetzt ein Blick über die Grenzen nötig. "Baden-Württemberg muss sich viel mehr und intensiver darum bemühen, für Ausländer ein attraktiver Standort für Studium und Beschäftigung zu werden."

Kulitz wirbt für ausländische Fachkräfte


Kulitz und Bechtold warnten die Politik davor, sich die Aussagen des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) zu eigen zu machen. Dieser hatte erklärt, der Fachkräftemangel lasse sich mit einheimischen Kräften beheben. "Das ist Unsinn", sagte Kulitz. Die IHK Ulm bemühe sich schon seit mehr als zwei Jahren um mehr saudische Studenten im Südwesten. "Das sind die Kunden von morgen. Viele ausländische Studenten aus den 1960er Jahren sitzen heute in ihren Ländern an entscheidenden Positionen."

Nach Ansicht von Bechtold tut die Regierung bislang zu wenig, um ausländische Fachkräfte zu gewinnen. "Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Leute gerne nach Deutschland kommen." Vor allem müsse die Gehaltsgrenze von 66 000 Euro brutto im Jahr abgeschafft werden, ab der bislang Fachkräfte ins Land gelassen werden. "Kaum einer bekommt von Anfang an so viel Gehalt."

Die Familien von Fachkräften sollten ohne Behinderungen nachziehen können. Zudem sollte ihnen Sprachunterricht und Hilfen bei der Schul- und Kindergartenauswahl angeboten werden. Ausländische Studenten, die in Deutschland ihr Studium beenden, sollten bedingungslos weiterarbeiten dürfen. Derzeit fallen nach Bechtolds Worten 25 Milliarden Euro Umsatz im Jahr aufgrund des Fachkräftemangels aus: "Das zeigt, dass Geld für solche Einstiegshilfen gut investiert wäre."

Schnelle Lösung für S21 gefordert


Auch für potenzielle einheimische Fachkräfte müssten die Weichen anders gestellt werden. "40 000 ausgebildete Ingenieurinnen sind im Wartestand, weil sie keine Betreuung für ihre Kinder haben - das sind so viele, wie in einem Jahr ausgebildet werden", sagte Bechtold. Allerdings seien der Aktivierung einheimischer Fachkräfte auch Grenzen gesetzt, die manche Politiker nicht anerkennen wollten: "Ich kann nicht Millionen von Hartz-IV-Empfängern als Ingenieure einstellen."

Bei den Bahnplanungen wie Stuttgart 21 fordern die Industrie- und Handelskammern eine schnelle Umsetzung. "Wir stehen da auch im Wort bei unseren Nachbarländern Frankreich und der Schweiz", sagte Bechtold. Neben der West-Ost-Verbindung müsse endlich auch die Nord-Süd-Trasse von Basel nach Frankfurt angegangen werden. "Der Raststatter Tunnel ist seit zwölf Jahren planfestgestellt. Bald werden die Leute auf die Straße gehen, damit er endlich gebaut wird."