Neues Kinderbuch Stuttgarter Autorin wirbt für mehr Freundlichkeit

Mit dem Bus fährt Raphael durch Dieppe bis zum Stopp, der dem neuen Bilderbuch der Stuttgarter Autorin Jonna Struwe seinen Titel gab: „Die Haltestelle der Madame Vromant“. Foto: Struwe/Arabell Watzlawik

Die Geschichte einer Seniorin, die nette Menschen belohnte, hat Jonna Struwes neues Bilderbuch inspiriert. „Die Haltestelle der Madame Vromant“ erscheint am 1. Dezember.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Was ist ein Lächeln wert? Hat Freundlichkeit einen Preis? Für manche Menschen müssen Nettigkeit und Hilfsbereitschaft sehr kostbar sein, so sparsam wie sie damit umgehen. Dabei würde gerade jetzt allen ein bisschen mehr Menschelei guttun: Die Welt steckt im Krisenmodus; und die stressige Vorweihnachtszeit wird die allgemeine Gereiztheit nicht mindern.

 

Gerade zur rechten Zeit erscheint da das neue Kinderbuch von Jonna Struwe. Die Autorin aus Sillenbuch hat sich dazu von der Lebensgeschichte einer Französin inspirieren lassen, die rund 200 Mitmenschen in ihrem Testament bedacht hatte. Posthum ließ die alleinstehende Dame ihr komplettes Vermögen an alle verteilen, die einfach nett zu ihr gewesen waren.

Die Autorin Jonna Struwe /privat

„Angesprochen hat mich der Gedanke, dass eine kleine Freundlichkeit im Alltag so eine nachhaltige Wirkung auf einen Menschen haben kann“, erklärt Jonna Struwe, warum sie die Geschichte der 2008 verstorbenen Jeannine Vromant nun für Kinder neu erzählt. „Eine Plauderei, eine hilfsbereite Geste wie das Aufhalten einer Tür kostet nur einen Moment, aber für jemand anderen kann die gute Tat an diesem Tag sehr viel bedeuten“, sagt Jonna Struwe.

Recherchereise nach Dieppe

Die Stuttgarter Autorin weiß aus eigener Erfahrung, was viele kleine Gesten bewirken können. Den nachhaltigen und hochwertigen Druck ihres ersten Bilderbuchs „Molly, Trappel und das Knack“ hatte eine Crowdfunding-Aktion möglich gemacht. Die mit der Illustratorin Arabell Watzlawik realisierte Geschichte um die geheimnisvollen Geräusche, die ein altes Haus macht, wurde mit dem Selfpublishing-Preis 2022 im Bereich Kinder- und Jugendbuch belohnt und ist so beliebt, dass inzwischen eine zweite Auflage herauskam.

Auch für ihr neues Buch „Die Haltestelle der Madame Vromant“ hat sich Jonna Struwe wieder mit Arabell Watzlawik zusammengetan. „Wir haben lange darüber gegrübelt, wie wir diese Geschichte erzählen können, damit sie auch Kinder anspricht“, sagt Jonna Struwe, die in Dieppe Eindrücke sammelte. Die Lösung fanden die beiden in der Bushaltestelle, die auf Betreiben der ebenfalls im Testament bedachten Busfahrer heute nach der spendablen Seniorin heißt. Und so können die Leser dem Jungen Raphael bei einer Busfahrt durch Dieppe folgen, an Strand und Hafen vorbei führt sie bis zum besagten Stopp.

Wer war Jeannine Vromant?

Diese Jeannine Vromant muss sehr berühmt, wichtig oder reich gewesen sein, dass eine Haltestelle nach ihr benannt wurde. Wie Raphael mögliche Szenarien durchspielt und beim Einkaufen immer mehr über die Dame erfährt, die das Nettsein belohnte, ist facettenreich und enorm lebendig erzählt. Fantasie und Fakten mischen sich zu einer schönen Geschichte über die große Bedeutung kleiner Gesten.

Neben Werbung fürs Gute will Jonna Struwe mit ihrem Buch auch neugierig machen. „Haltestellen tragen oft die Namen von historischen Personen“, sagt die Autorin. „Ich möchte Kinder zum Nachfragen anregen, wer und was hinter diesen Namen steckt.“ Dass ihr Buch trotz seiner bereits 2008 gestorbenen Titelheldin ein aktuelles Thema anspricht, zeigt für Jonna Struwe auch das Phänomen der Plauderbänke, die viele Städte einrichten. „Die Geschichte von Jeannine Vromant unterstreicht, welch großen Effekt kleine Dinge wie ein nettes Gespräch haben können.“

Cover (Detail) Foto: Struwe/Watzlawik

Jonna Struwe, die viel in der Welt herumgekommen ist und ihre Erfahrung als Expat-Familienberaterin teilt, würde sich in Zukunft gern ganz auf ihre Bücher konzentrieren. „Das Schreiben macht mir enormen Spaß“, sagt die Autorin, auf die dank des Selfpublishing-Preises eine Agentur aufmerksam wurde. Mit ihrem nächsten Projekt hofft sie deshalb, bei einem Verlag unterzukommen.

Info

Buch
Jonna Struwe, Arabell Watzlawik: Die Haltestelle der Madame Vromant. Nova MD. 32 Seiten. 17 Euro. Ab 4 Jahren

Recherche
Jonna Struwe wollte die Haltestelle „Jeannine Vromant“ unbedingt in echt sehen und reiste deshalb in diesem Sommer nach Dieppe. Auch für die Illustratorin brachte sie viele Fotos mit. „Natürlich sind Bäckerei & Co frei erfunden, aber die Karte, die Architektur, die Farbe des Busses kommen der Realität sehr nahe“, sagt die Autorin zum entstandenen Bilderbuch.

Nebenrolle
Aufgefallen waren Jonna Struwe auch die vielen Denkmäler in der Stadt, die an die Operation Jubilee erinnern. „1942 wollten die Alliierten in Dieppe wie später beim D-Day landen – unter schrecklichen Verlusten“, hat die Autorin beim Stadtrundgang erfahren. „Vor allem kanadische Soldaten sind gefallen. Deswegen trägt im Buch das Mädchen mit dem Skateboard einen Hoodie mit kanadischer Flagge. Eine kleine Hommage.“

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