Im neuen „Micky Maus“-Heft landet Donald Duck im Dschungelcamp. Und als Extra gibt es eine Kakerlake und einen Würmerhaufen. Aus Plastik.

Berlin - Gute Nachricht für den preisbewussten Gourmet! Bisher war es im Luxusrestaurant ja so: die heimlich mitgebrachte Kakerlake, die kurz vor der In-Rechnung-Stellung des verspeisten Sieben-Gang-Menüs zuerst neben den Resten platziert und dem Chef dann mit empörter Das-nächste-Mal-zeige-ich-Sie-an-Miene präsentiert wurde, hatte ja leider den Nachteil, dass sie wegen dreister Tellerflucht meist nur einmal verwendet werden konnte.

 

Die 5,9 Zentimeter lange Kakerlake aus Plastik dagegen, die zusammen mit einem ebenfalls bissfesten Würmerhaufen dem neuen „Micky Maus“-Heft beigelegt ist (das Ganze nennt sich „Das ultimative Ekel-Set“!), kann als Beweismittel beliebig oft aufgetischt werden. Allerdings muss man den Magneten auf dem Insektenbauch irgendwie wegerklären.

Enterich auf der Hängebrücke

Doch bevor jetzt die Rechtsanwälte einschreiten: Der Käufer des heute erscheinenden Heftes erhält für seine 2,99 Euro tatsächlich eine echte Plastik-Kakerlake, nicht aber unsere kriminell herbeifantasierte Gebrauchsanweisung.

Enterich auf der Hängebrücke

In die lustig-lukrative Sadomaso-Welt des Dschungelcamps wagt sich das Disney-Imperium allerdings schon vor: Auf dem Cover glotzt ein vor dichter Farn-und- Palm-Kulisse hockender Donald Duck bedröppelt in seine schleimgrüne Suppe, in welcher – mit Sonnenbrille und auf einem Minischwimmreifen – ein selig lächelndes Moskito herumdümpelt wie in einem Wellnesspool.

Die im Blatt selber erzählte Donald-Comic-Geschichte freilich, in welcher der beliebteste Enterich aller Zeiten von seinem Onkel Dagobert beauftragt respektive genötigt wird, in den Urwald zu reisen, kann das Titelversprechen nicht ganz halten, sie ist schon nach einer Seite zu Ende. Im letzten Panel schreit ein von der Hängebrücke gestürzter Donald: „Ich bin ein Duck, holt mich hier raus!“

Für solche Notlagen bietet das Heft immerhin ein paar praktische Tipps, auch solche kulinarischer Art: „Früchte, die von Affen gegessen werden, sind in der Regel auch für Menschen ungefährlich.“ Ob das auch dann noch stimmt, wenn man den Affen solcherart geprüfte Früchte aus dem Maul reißt, ist nicht ganz klar. Dafür könnten die Orientierungs- , Regenschutz- und Feueranmachtipps direkt dem Fähnchen-Fieselschweif-Büchlein der Donald-Neffen Tick, Trick und Track entnommen sein. Wobei das clevere Trio gerade diesen allumfassenden Survival-Ratgeber fürs Dschungelcamp nicht in selbiges mitnehmen darf. Vermutlich wegen allzu großer Wettbewerbsvorteile.

Wie? Jawohl, auch Tick, Trick und Track sind Kandidaten für den parallel zur RTL-Show laufenden Dschungelkönig-Wettbewerb, den der Ehapa Verlag jedoch vor allem im Internet ausrichtet. Die Seite www.micky-maus.de, auf die im Heft immer wieder verwiesen wird, ist nicht so sehr Zusatzangebot, es ist eher umgekehrt: das Heft fungiert quasi als physisches Portal in die digitale Welt. Bis zum 31. Januar kann auf diesen übrigens sehr Pop-up-verseuchten Internet-Seiten ausgemacht beziehungsweise ausgeklickt werden, welcher Entenhausener zum Urwaldkönig ernannt wird. Die Medien um das RTL-Camp herum laufen ja inzwischen heißt, um aus mehr oder weniger Unbekannten Prominente zu machen, dort geht etwa der „Busen-Zoff“ um die als Zicken vorinszenierten Sara und Angelina „in die zweite Runde“ und der „Playboy“ hat die beiden („Zwei ,Nackt-Schnecken‘ auf einen Streich!“) schon ausgezogen. Die Disney-Kandidaten dagegen sind tatsächlich berühmt.

Mit Pflaster am Bürzel

Mit Pflaster am Bürzel

Die hochschnäbelige Daisy zum Beispiel, die sich „mit Donalds Kreditkarte einen neuen Bikini“ gekauft“ hat; die Panzerknacker, die „Gefängnisfraß gewöhnt“ sind; und die stets vorbildhafte Micky Maus, die sich ein sauberes Plumpsklo wünscht. Moderiert wird das Dschungelcamp natürlich nicht von Sonja Zietlow und Daniel Hartwich, auch wenn dieses Duo im Heft einen Gastauftritt hat, sondern von Doktor Krantz und Klarabelle Kuh. Im Disney-Camp, jedenfalls in der Internetversion, weiß man übrigens jetzt schon, was in den kommenden zwei Wochen passieren wird. Donald zum Beispiel hat nach einer bestandenen Dschungelprüfung Zornesfalten auf der Stirn, ein Pflaster am Bürzel und eine dunkle Wolke überm Kopf.

So hat sich die Disney-Welt also an eine TV-Show für Erwachsene angehängt und spielt sie auf ihre Weise nach. Aber man könnte auch sagen: das deutsche Fernsehen – von Stefan Raab über Joko und Klaas bis eben hin zum Dschungelcamp – inszeniert schon seit vielen Jahren Kinderspiele mit Erwachsenen. Insofern hat Donald das Dschungelcamp nur zurückerobert. Und nun noch mal zurück zur Kakerlake. Die kann, so das Micky-Maus-Heft, „neun Tage ohne Kopf überleben“. Nicht schlecht. Aber ein paar Kandidaten im Fernsehen schaffen das wohl noch länger.