Georg Patzer hat für Killer & Co. „Die Films der Prinzessin Fantoche“ von Arnold Höllriegel gelesen. Sein Urteil: „Flott geschrieben, witzig, ironisch, abenteuerlich.“

Stuttgart - Eine schöne Geburtstagsüberraschung ist das: In seiner prächtigen Villa in San Francesco d’Albaro bei Genua wird der Bankier Silvio Ippoliti ausgeraubt. Dummerweise ist er den Dieben sogar noch behilflich. Und das kam so: Zu seinem Fünfzigsten feiert Ippoliti ein großes Fest und möchte seinen Gästen eine Überraschung bieten, etwas ganz Besonderes. Ein „kinematographischer Scherz“ soll es werden, er hat die Schauspielerin Marie Dupont engagiert, die ihn ausrauben soll: „Ich empfange den Besuch der Prinzessin Fantoche. Ich führe mit ihr eine Liebesszene auf, sie bewegt mich, meine Dienerschaft zu entfernen. Sobald das geschehen ist, bedroht sie mich mit dem Revolver, ein maskierter Komplize steigt durch dieses Fenster ein, ich werde gebunden und geknebelt; die Prinzessin nimmt mir den Kassaschlüssel aus der Tasche – hier steckt er, rechts! Dann fahren die Verbrecher im Auto davon.“ All das soll gefilmt werden, und wenn die Gäste kommen, setzt er ihnen, weil er völlig ausgeraubt wurde, Makkaroni und billigen Landwein vor. Und führt ihnen dann den Film vor. Und danach „wird die weiße Leinwand aufgezogen und dahinter erscheint eine Festtafel voll wunderbarer Gerichte.“

 

Und weg sind sie

Eine grandiose Idee, die Schauspielerin willigt ein. Ippoliti informiert noch das nebenan befindliche Polizeipräsidium über die Filmaufnahmen, damit die Polizei die Maskierten nicht verfolgt oder verhaftet. Und dann wird der Plan ausgeführt: Der Bankier spielt seine Rolle, ziemlich schlecht und steif, die Angestellten werden weggeschickt. Aber dann meint die Schauspielerin, es wäre doch nett, wenn sie ihn wirklich ausrauben würde. Öffnet den Safe und nimmt nicht, wie verabredet, ein paar nutzlose Papiere mit, sondern die wertvollen Papiere: das Bargeld, 750 000 Lire. Gefilmt hat sie dennoch alles, einer ihrer Assistenten besitzt eine kleine, zusammenklappbare Kamera, mit der er alles aufnimmt. Und weg sind sie: „Als der Polizeikommissär Cavaliere Depretis gegen Abend seinen guten Freund, den Bankier Ippoliti besuchen wollte, fand er die Haustür offen, die Villa leer und auf dem Fußboden des Arbeitszimmers einen Ohnmächtigen.“

Das ist aber nicht alles. Denn natürlich bekommt die Presse davon Wind und schreibt darüber, der Polizeipräfekt von Genua, Commendatore Testaccia ist fuchsteufelswild, denn ganz Genua lacht über den Bankier und die Polizei. Da bekommt er einen Anruf von der Kino-Zensurstelle, er möge sofort kommen. Denn ihnen liegt ein Film vor, der genau diesen Überfall zeigt. Aber nicht nur das: „Man sah, wie sich die Voiturette einem wenig einladenden Hause näherte. Es war, wie der Präfekt sofort erkannte, das Polizeikommissariat von San Francesco d’Albaro. Ein Polizeibeamter, der in voller Uniform vor der Tür stand, winkte dem Chauffeur, und dieser hielt sofort das Auto an. Die tief verschleierte Dame beugte sich aus dem Auto und führte ein Gespräch mit dem Kommissär, der dabei freundlich lächelte, sich den Bart strich und den Schwerenöter zu spielen schien.“ Und dann kamen ein paar Polizisten aus dem Haus, „die lachend ihre Säbel und Revolver zogen und scheinbar auf das kleine Auto eindrangen. Wie ein Blitz fuhr die Voiturette davon. Die Polizisten schossen ihre Revolver ab, der Kommissär rannte mit drohenden Gebärden ein Stück nach – und der merkwürdige Film war zu Ende.“

Der Schuss geht nach hinten los

Statt den Film aber zu verbieten, lässt Testaccia den Film in den Kinos vorführen, in der Hoffnung, dass die Prinzessin Fantoche sich herausgefordert fühlt, einen zweiten und einen dritten Film zu machen, und man sie dann deswegen doch noch erwischt. Denn bestimmt wird sie dann aus Hochmut auch irgendeinen Fehler machen. Der Schuss geht gründlich nach hinten los: Ganz Genua, dann ganz Italien und schließlich die ganze Welt lacht über die Dummheit der Polizei. Denn natürlich macht die Prinzessin weitere Filme, um die Polizei immer wieder bloßzustellen. Und das Kinopublikum wartet jede Woche gespannt auf das nächste Abenteuer.