Mehr als 50 Firmen im Land planen eine dauerhafte Produktion – das verringert die Abhängigkeit von Übersee. Während der Hochphase der Pandemie haben aber nicht alle Firmen vom Einstieg in das Maskengeschäft profitiert.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Wenn es einen offensichtlichen politischen Fehler in der Coronakrise gab, dann war das der Umgang mit der Mund-Nasen-Bedeckung, wie diese Teile ziemlich gespreizt ganz offiziell heißen. Das Chaos um die Masken war im März und April gleich ein doppeltes gewesen: Zuerst hatten Experten ihnen eine Schutzwirkung abgesprochen, später führte man die Pflicht zum Maskentragen doch ein und sorgte für einen verheerenden Mangel. Sogar Markus Jox, der Sprecher des Sozialministeriums, spricht rückblickend von einer „krisenhaften Unterversorgung“. Das allerdings soll kein zweites Mal geschehen – das Land ist jetzt aktiv geworden.

 

Zum einen hat das Ministerium eine Ausschreibung für Atemschutzmasken aus deutscher Produktion gestartet, um künftig weniger angewiesen zu sein auf Unternehmen auf anderen Kontinenten, vor allem in China. Diese vollständige Abhängigkeit sei fatal gewesen, räumt Jox ein. Auf die Ausschreibung haben sich mehr als 50 Unternehmen beworben. Dabei geht es vornehmlich um medizinische Masken und um OP-Masken, weniger um Alltagsmasken etwa aus Stoff. Über Verträge verpflichten sich diese Firmen, eine bestimmte Anzahl von Masken zu produzieren; umgekehrt verpflichtet sich das Land zur Abnahme. Das Verfahren läuft; deshalb werden noch keine Namen genannt.

Viele Firmen haben Produktion wieder eingestellt

Zum anderen wird jetzt ein zentraler Notfallvorrat des Landes aufgebaut, aus dem wichtige Einrichtungen der Landesverwaltung in einer neuerlichen Krise mindestens acht Wochen lang versorgt werden sollen. Zu diesen Einrichtungen gehören nicht nur die Landesbehörden, sondern auch Schulen, Kliniken oder die Polizei. Die Masken – ebenfalls vor allem FFP- und OP-Masken – lagern an verschiedenen Standorten, teils bei Speditionen, teils bei den Produzenten direkt. Den Grundstock dieses Notfallbestandes bildet ein Teil der Masken, die das Land noch besitzt – es handle sich um einen Vorrat in zweistelliger Millionenhöhe, so Markus Jox.

Die meisten Firmen in Baden-Württemberg, die im März angefangen hatten, Masken meist zu produzieren, sind aber mittlerweile zu ihrem eigentlichen Sortiment zurückgekehrt. Im März war die Nachfrage vor allem in Kliniken und Pflegeheimen explodiert, ab dem 27. April, als das Land eine allgemeine Maskenpflicht in Geschäften und im Nahverkehr verfügte, bei allen übrigen Bürgern des Landes. Rund 170 Unternehmen und viele Privatpersonen hatten damals im Südwesten angefangen, Masken zu nähen. Als Ende Mai, Anfang Juni der Nachschub aus Fernost wieder einigermaßen funktionierte, ließ die Nachfrage rapide nach, ja brach geradezu ein.

Der Erfolg der Unternehmen war sehr unterschiedlich

Die Bilanz der Unternehmen fällt sehr gemischt aus. So spricht etwa Heinz Wurzel, der Chef der Wurzel Mediengruppe in Esslingen, von „null Zufriedenheit“. Die Druckerei kennt sich aus mit Vliesstoff und stellte deshalb Masken her, die mehrfach verwendet werden konnten und laut Wurzel den Vorteil hatten, dass das Atmen nicht behindert wurde und die so konstruiert waren, dass die Brille nicht anlief. Zudem konnten die Masken sehr individuell gestaltet werden – auch kleine Auflagen für Sportvereine oder Betriebe waren möglich. Doch am Ende seien lediglich rund 50 000 Stück verkauft worden, so Heinz Wurzel – er habe auf das Zehnfache gehofft. Enttäuscht sei er von der Politik, die zwar den Vliesstoffhersteller gefördert habe, aber nicht den Hersteller, obwohl man einen hohen Entwicklungsaufwand gehabt habe. Woran der mangelnde Absatz lag, kann er bis heute nicht sagen.

Bei der Wäschefirma Mey in Albstadt konnte die Herstellung von Stoffmasken den sonstigen Ausfall der Nachfrage etwas kompensieren. Geschäftsführer Florian Mey: „Zumindest ein Teil der Mitarbeiter konnte weiterhin beschäftigt werden und es musste nur ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt werden. Somit konnten wir Arbeitsplätze sichern und alleine dafür hat es sich für uns auf jeden Fall gelohnt.“ Allerdings habe man die Umsatzverluste, die durch den Lockdown und die Schließung aller Läden entstanden sei, bei weitem nicht kompensieren können. Ende Mai stellte Mey die Produktion von Masken wieder ein.

Auch der Bund will die inländische Produktion stärken

Bei Trigema in Burladingen ist man dagegen rundum zufrieden. „Trigema ist dafür bekannt, schnell reagieren zu können. In der Hochphase haben 80 Prozent unserer Näherinnen und Näher Masken produziert“, sagt Firmenchef Wolfgang Grupp. Er habe deshalb trotz der Schließung aller Läden den Mitarbeitern den Arbeitsplatz garantiert und auch keine Kurzarbeit angemeldet. Insgesamt seien 2,3 Millionen Masken aus Piqué-Stoff, aus dem normalerweise Polohemden gefertigt werden, bei Trigema genäht worden. Abnehmer waren Kunden aller Art, vom Einzelkunden über Landesverwaltungen bis zu Großkonzernen. Im Laufe des Junis habe er unbedingt die eigentliche Produktion wieder aufnehmen wollen, sagt Grupp; deshalb sei er nicht unglücklich gewesen, als damals manche Aufträge durch die Sättigung des Marktes wieder storniert worden seien.

Auch das Wirtschaftsministerium beschönigt die Situation im Frühjahr nicht: Die Corona-Pandemie habe alle sehr plötzlich und mit großer Wucht getroffen. Die Sprecherin Lotta Luzie Schmitt betont allerdings, dass die baden-württembergische Wirtschaft den Bedarf an Schutzmasken schnell erkannt und „in überwältigender Weise“ reagiert habe. Von den 170 Firmen hätten allerdings nur 17 Prozent FFP- und OP-Masken hergestellt, weil es in diesem Bereich neben einer meist notwendigen Zertifizierung auch den begrenzenden Faktor des Vliesstoffes gebe. Der Bund ist deshalb ebenfalls aktiv geworden und will deutsche Hersteller von Vliesstoffen als auch deutsche Hersteller von Masken und sonstiger Schutzkleidung fördern.