Das Untergeschoss kann für die geplante Gedenkstätte kaum genutzt werden, da technische Anlagen viel Raum einnehmen – nun fehlen 300 Quadratmeter Fläche für Wechselausstellungen. Das ganze Konzept steht nochmals in Frage.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Zuletzt schienen die Planungen für das neue Dokumentationszentrum im Hotel Silber, dem ehemaligen Gestapo-Gebäude in der Dorotheenstraße, in ein ruhigeres Fahrwasser gekommen zu sein. Doch der Eindruck täuschte, wie sich nun herausstellt. Hinter den Kulissen gibt es gleich mehrere Probleme. Erstens können sich Stadt und Land angeblich weiterhin nicht über Details zur Finanzierung einigen, sodass der Prozess insgesamt stockt. Zweitens fühlt sich der Bürgerverein „Gedenkort Hotel Silber“ bei den Gesprächen zwischen Stadt und Land über den Kooperationsvertrag ausgebremst, und er fürchtet um seinen Einfluss.

 

Vor allem aber, drittens, hat sich bei einer Bauuntersuchung jetzt herausgestellt, dass der Keller kaum in die Gedenkstätte integriert werden kann. Es müssen so viele technische Anlagen wie die Heizung eingebaut werden, dass der Platz für Wechselausstellungen deutlich geringer ausfallen würde als geplant – und selbst dann wäre der Keller nur mit Einschränkungen zu bespielen, denn es hake auch beim Brandschutz, der Statik und der Barrierefreiheit, sagte Vera Schnatmeyer, die Sprecherin des zuständigen Finanzministeriums.

Der zweite Stock als Ersatzfläche rückt ins Blickfeld

Unterm Strich blieben jedenfalls nur etwa 600 von 1000 Quadratmetern Gesamtfläche für das Zentrum übrig, nämlich noch das Erdgeschoss und der erste Stock der linken Gebäudehälfte. Dabei waren schon die 1000 Quadratmeter ein Kompromiss gewesen. Das bereits reduzierte Museumskonzept kann jedenfalls auf 600 Quadratmetern kaum umgesetzt werden.

So rückt nun der eigentlich aus Kostengründen ausgeklammerte zweite Stock als Ersatzfläche wieder ins Blickfeld. Das Finanzministerium und auch die Stadt Stuttgart sind grundsätzlich bereit, in diesem Sinne nochmals umzuplanen. Doch die Idee hat Vor- und Nachteile. Ein Gewinn wäre der zweite Stock, weil dort bis 1945 die Leiter der württembergischen Gestapo ihre Büros hatten – dieser authentische Ort wäre wieder Teil des Zentrums.

Die Schwierigkeit ist allerdings, dass diese Fläche vorerst nicht verfügbar ist, denn die Firma Breuninger hat dort einen gültigen Mietvertrag, angeblich bis Ende 2016. Für die Zeit danach gibt es wohl eine Verlängerungsoption. Zudem müsste das Land nach dem Auszug auf diese Miete verzichten, was die Gesamtkosten erhöht. Man wolle die Fragen schnell klären, sagte Schnatmeyer – sie ist zuversichtlich, dass man sich mit Breuninger einigen kann.

Ort der früheren Verwahrzellen wäre nicht mehr zugänglich

Eine Option könnte sein, dass die Gedenkstätte, die 2017 eröffnet werden soll, nur mit dem Erdgeschoss und dem ersten Obergeschoss startet. Der zweite Stock könnte dann, sobald er frei wird, integriert werden. Das würde bedeuten, dass zunächst keine Wechselausstellungen im Dokumentationszentrum möglich wären. Es ist aber nicht mehr auszuschließen, dass der anvisierte Eröffnungstermin sowieso wackelt, da der Vertrag noch nicht in trockenen Tüchern ist und jetzt die Bauprobleme hinzukommen.

Stuttgarts Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) betonte, dass die Gedenkstätte in der Dorotheenstraße nicht in Frage gestellt sei: „Es gibt dazu einen Beschluss des Gemeinderates, auch was die Größe anbetrifft“, sagte sie. Harald Stingele, der Sprecher des Bürgervereins, macht sich, selbst wenn es gelänge, den zweiten Stock dazuzunehmen, Sorgen um den Keller. Denn dort lagen früher die Verwahrzellen; die Gestapo hat jene Menschen, die sie verhörte, dort in den Pausen und teils über Nacht eingesperrt – es ist der wichtigste authentische Ort im Hotel Silber. Stingele dringt darauf, dass dieser Teil des Kellers trotz der Probleme in die Gedenkstätte integriert bleibt; zur Not könne er über eine neue Wendeltreppe erschlossen werden.

Thomas Schnabel, der Leiter des Hauses der Geschichte, zu dem das Hotel Silber gehören wird, wollte sich am Dienstag nicht äußern. Auch das deutet an, wie delikat das Thema gerade im politischen Raum ist.