Robert Ruthenberg will keinen Biergarten auf dem Nürtinger Melchiorareal mehr machen. Nach dem Rückzug des Wirts, sieht der Oberbürgermeister Otmar Heirich die Verantwortung für das Scheitern bei der Presse. Stadträte hingegen geben dem Rathaus selbst die Schuld.

Nürtingen - In diesem Jahr wird es in Nürtingen keinen Biergarten auf dem Melchiorareal geben. Das hat die Stadtverwaltung am Freitag mitgeteilt. Der Grund für die Absage: der Wirt Robert Ruthenberg habe seinen Rückzug wegen der aus seiner Sicht ungerechtfertigten Kritik an dem Gastronomiebetrieb am Neckar verkündet. Der Oberbürgermeister Otmar Heirich hat Verständnis für Ruthenbergs Reaktion und übt Kritik an der Presse. Diese habe seiner Ansicht nach „einen missliebigen Gastronom grundlos fertig gemacht“, so der Rathauschef, der im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren für den Biergarten selbst stark in die Kritik geraten war. Nürtinger Gastronomen hatten angeprangert, dass die Verwaltung den Wirt Ruthenberg sowohl im Zuge der Beantragung als auch bei der Verpachtung des Biergartengeländes bevorteilt habe (wir berichteten).

 

Stadträte kritisieren Rathaus

Heirich bedauert, dass nun der im Dezember gefasste Gemeinderatsbeschluss, die Saisongastronomie auf dem Melchiorareal in diesem Jahr fortzusetzen, nicht umgesetzt werden könne. Den Schritt Ruthenbergs könne er nachvollziehen, denn dieser habe „nicht nur viel Geld, sondern auch viel Zeit und Kraft“ in das Projekt investiert. Auch Bärbel Igel-Goll, die Leiterin des Amts für Stadtmarketing, Wirtschaft und Tourismus, findet das Scheitern des Biergartens „schade“. Die Verwaltung habe für das Angebot im vergangenen Sommer viele positive Rückmeldungen bekommen.

Der Stadtrat Reinmar Wipper (Nürtinger Liste/Grüne) hatte das Verfahren zur Genehmigung des Biergartens wiederholt kritisiert. Jetzt befürchte er, dass nun zur Begründung von Ruthenbergs Rückzug „Legenden entstehen“, erklärte er am Freitag auf Anfrage unserer Zeitung. So seien ihm diesbezüglich im Internet schon „Hetze und Verleumdung“ unterstellt worden.

Michael Brodbeck, ein Stadtrat der Freien Wähler, findet das Aus für den „beliebten Biergarten“ schade. Den Gastronomen Robert Ruthenberg halte er für einen „echten Profi“. Letztlich sei der Wirt „über die Desinformationspolitik der Stadt gestolpert“, sagt Michael Brodbeck.

Heirich gibt Presse die Schuld

Laut Heirich hätten sich die zuständigen Ämter bemüht, den Biergarten rechtzeitig zur Fußball-WM zu ermöglichen. Statt Kritik hätten die Mitarbeiter dafür „ein dickes Lob“ verdient, sagt Heirich. Er war es, der dem Projekt eine bis Mitte Juli 2014 befristete Verfahrensfreiheit gewährt hatte. Dem Vernehmen nach sollen dadurch beispielsweise Auflagen zum Hochwasser- und Brandschutz umgangen worden sein.

Heirich empfindet es als „kurios“, dass nahezu alle Stadträte und die Presse vom Biergarten begeistert gewesen seien, gleichzeitig aber alles daran setzten, „demokratisch gefasste Mehrheitsbeschlüsse zum Biergartenbetrieb zu torpedieren“.