Die gekündigten Bewohner der Villa Galgenberg weigern sich auszuziehen und wollen die Gebäude in Eigeninitiative richten. Das Rathaus sieht den Vorschlag eher skeptisch . Dessen ungeachtet wirbt die Wohngemeinschaft um Unterstützung.

Nürtingen - Villa bleibt!“ Unter diesem Slogan hat es am vergangenen Samstag im Nürtinger Jugendhaus am Bahnhof ein Benefiz-Konzert zu Gunsten des linken Wohnprojekts Villa Galgenberg gegeben. Der Erlös aus dem Punk-Abend soll komplett in die notwendige Sanierung der Gebäude fließen. Die Aktion ist ein Teil der Crowdfunding-Bemühungen der Villa. Im Kampf um ihre Bleibe lassen sich die von der Stadt gekündigten Bewohner einiges einfallen. Eine zentraler Bestandteil ist dabei das Konzept „Wandergesellen“.

 

Handwerker auf der Walz packen bei der Sanierung mit an

Die Idee dahinter ist einfach: Sich auf der Walz befindliche Handwerker leben eine Zeit lang mietfrei in der Wohngemeinschaft. Dafür helfen sie den Bewohnern, die beiden Gebäude zu sanieren. Diesen Vorschlag hatte die WG bereits im vergangenen Sommer beim Amtsgericht Nürtingen vorgelegt. Dort saßen sich Vertreter der Villa und der Stadtverwaltung gegenüber, die eine Räumungsklage gegen die WG angestrengt hatte.

Die Richterin versuchte, Möglichkeiten einer gütlichen Einigung auszuloten, und schließlich überraschte die WG mit dem Projekt „Wandergesellen“ inklusive Crowdfunding. „Mit diesem Konzept bleibt der Stadt eine teure Renovierung des Areals erspart, bei weiteren Mieteinnahmen. Im Gegenzug garantiert uns die Stadt eine selbst verwaltete Zukunft in unserem Projekt Villa Galgenberg“, so der Kompromissvorschlag der Villa-Bewohner.

„Umsonstladen“ soll in der Stadt bekannter werden

Derzeit prüft das Rathaus den Vorschlag. „Im Detail zeigt sich dieser Kompromiss als sehr schwierig. Zu den sicherheitsrelevanten Punkten können nur Fachfirmen eingeschaltet werden, die die Situation genau beurteilen können. Die Prüfung ist daher auch noch nicht ganz abgeschlossen, da eine Rückmeldung von Handwerkern noch aussteht“, teilt das Rathaus mit. Sobald ein Kostenvoranschlag vorliege, werde die Stadt wieder auf die Bewohner der Villa Galgenberg zugehen.

Diese versuchen indessen, ihr Wohnprojekt in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Zu der WG gehört unter anderem ein „Umsonstladen“, in dem gebrauchte Gegenstände abgegeben und kostenlos mitgenommen werden können. Geplant ist ein Raum für kulturelle Veranstaltungen, und auch in der Flüchtlingshilfe will sich die WG künftig verstärkt engagieren.

Verhältnis zwischen Bewohnern und Stadtchef zerrüttet

Entwicklung
Die Villa Galgenberg steht im Entwicklungsgebiet Westlicher Neckar. Zwar gibt es Ideen zur Neugestaltung des Bereichs, doch weil der Stadt das Geld fehlt, liegen die Planungen auf Eis. Ende 2014 kaufte die Stadt die Villa der Vorbesitzerin ab und ist seither die Vermieterin der linken Wohngemeinschaft.

Kündigung
Der Oberbürgermeister Otmar Heirich, der die WG als „Schandfleck“ bezeichnet, kündigte den Bewohnern zum 31. März 2016. Die WG wies sämtliche Vorwürfe – unter anderem Ruhestörung – zurück und ging den Stadtchef im Internet scharf an. Heirich sprach von einem „zerrütteten Vertrauensverhältnis“.

Rechtsstreit
Gegen die Kündigung legte die WG Widerspruch ein, die Stadt wiederum strengte eine Räumungsklage an. Der Streit landete schließlich beim Amtsgericht. Die Richterin ließ durchblicken, dass sie der Räumungsklage wenig Erfolgschancen beimisst. Seither ist der Konflikt in der Schwebe.