Bevor auf dem Melchiorareal der erste Gerstensaft gezapft werden kann, sind noch einige Auflagen zu erfüllen. Unklar ist unter anderem, ob die Stadt eventuell Fördergelder für ihre neue Fischtreppe wieder zurückzahlen muss.

Nürtingen - Der Gastronom Robert Ruthenberg hat vom Nürtinger Verwaltungsausschuss den Zuschlag erhalten, auf dem Melchiorareal – zunächst provisorisch – einen Biergarten zu betreiben. In der jüngsten Sitzung setzte er sich mit seinem Konzept mit zehn zu zwei Stimmen gegen eine Interessengemeinschaft aus verschiedenen Nürtinger Kulturinstitutionen durch, die ebenfalls eine Außenbewirtung – wenngleich in viel kleinerem Rahmen – dort am Neckar anbieten wollte. Leer ging der Gastwirt und Weindorf-Organisator Patrick Bonomi aus, der ebenfalls seinen Hut in den Ring geworfen hatte.

 

Das Gremium hat sich mit Ruthenberg zwar für einen Betreiber ausgesprochen. Doch sind vor einer Umsetzung seines Konzepts einige Auflagen zu erfüllen und Regeln einzuhalten.

Ein Biergarten mit 500 Plätzen soll täglich geöffnet haben

Ruthenberg, der Erfahrung mit Außenbewirtungen besitzt, will einen täglich geöffneten Biergarten mit rund 500 Plätzen einrichten. Der Interessengemeinschaft stand eher der Sinn nach einer kleinen aber feinen Gastronomie im Freien für nur 30 Personen von freitags bis sonntags. Doch das Gremium hat sich für Ruthenbergs Konzept entschieden, das noch in dieser Saison umgesetzt werden soll. Allerdings nur provisorisch, wie Bärbel Igel-Goll, die persönliche Referentin des Oberbürgermeisters Otmar Heirich und Leiterin des Amts für Stadtmarketing, betont. Vor einer dauerhaften Einrichtung in den Sommermonaten müsse sich zeigen, „wie ein Biergarten von den Bürgern und Touristen angenommen wird“. Parallel laufe indes der vom Gemeinderat beschlossene Ideenwettbewerb für das Melchiorareal weiter, so Igel-Goll. Deshalb werde der Biergarten auch im nächsten Jahr nur provisorisch betrieben, „wir wollen nichts zementieren“.

Mit der Entscheidung des Verwaltungsausschusses sind freilich nicht alle Beteiligten zufrieden. Dieter Braunmüller beispielsweise, der Fraktionsvorsitzende der Nürtinger Liste/Grüne, steht einer „Übermöblierung des Freibereichs bei der Fischtreppe“ kritisch gegenüber. Angesichts Ruthenbergs Plänen, dort 50 Biergarnituren, zwei bis drei Holzhütten für die Versorgung und eine Überdachung der Sitzplätze einzurichten, sei seines Erachtens kein Raum mehr für ein Kulturpodium, einen Kinderspielplatz oder gar für „einen beschaulichen Aufenthalt ohne Konsumzwang“, so erklärt Dieter Braunmüller auf Nachfrage seine Haltung zum Biergartenthema .

Nur begrenzt Lagerfläche im Fabrikgebäude

Der jetzige und langjährige Mieter des Areals, die Freie Kunstakademie Nürtingen (FKN), signalisiert „große Kompromissbereitschaft“, wie die FKN-Leiterin Katrin Burtschell erklärt. Allerdings könnten dem Betreiber des Biergartens maximal 15 Quadratmeter der Gebäude als Lagerfläche zur Verfügung gestellt werden, schränkt sie ein. Außerdem müsse bei einer Mitbenutzung der FKN-Toiletten garantiert sein, dass die Ateliers nicht von den Biergartenbesuchern betreten würden und zudem ein ungestörter Lehr- und Veranstaltungsbetrieb gewährleistet sei.

Robert Ruthenberg hofft, noch im Mai mit dem Probelauf beginnen zu können. Die 15 Quadratmeter, die ihm die FKN maximal zur Verfügung stellen wolle, hörten sich „nicht sehr großzügig an“, erklärt der Gastronom. Das sei natürlich sehr wenig, „aber dann müssen wir halt stapeln“. Wenn sich sein Zeitplan umsetzen lasse, wolle er auch Spiele der Fußball-WM (12. Juni bis 13. Juli) zeigen. Aber als Public Viewing könne das nicht bezeichnet werden, „wir stellen halt einen Fernseher auf“.

Sorge um Fördergelder für die Fischtreppe

Die Bürgermeisterin Claudia Grau, zu deren Dezernat auch das Ordnungsamt zählt, erklärt, das Vorhaben Ruthenbergs werde zunächst geprüft. Viele Dinge seien noch nicht geklärt. Eine Baugenehmigung etwa liege zurzeit noch nicht vor. Zudem müssten die Anforderungen der FKN erfüllt werden, was bauliche Veränderungen und dafür erforderliche Kosten nach sich ziehe. Wer Letztere trage, sei ungeklärt.

Ebenso die Frage, ob eventuell Fördergelder für die neu angelegte Fläche rund um die Fischtreppe zurück gezahlt werden müssen, wenn sich die Nutzung für das Areal ändere. Auf immer wieder aufkeimende Gerüchte, wonach sich Ruthenberg und Heirich längst über die Einrichtung eines Biergartens einig gewesen seien, reagiert Claudia Grau diplomatisch: „Herr Ruthenberg wird von meinem Dezernat nicht besser, aber auch nicht schlechter behandelt als andere Gastronomen“.