Keiner möchte gegen den amtierenden Oberbürgermeister Jürgen Kessing antreten. Dabei geht die CDU in jüngster Zeit durchaus öfter mal auf Konfrontationskurs.

Bietigheim-Bissingen - Als Castingshow mit dem Titel „Bietigheim-Bissingen sucht den Oberbürgermeister“ hat der Finanzbürgermeister Joachim Kölz die Wahl zum Stadtoberhaupt bei der Kandidatenvorstellung am Montagabend angekündigt. Nur: der Sieger der Show steht schon vor der Wahl fest. Denn es gibt nur einen einzigen Kandidaten, den Amtsinhaber Jürgen Kessing (SPD). Warum eigentlich?

 

Zumindest von der CDU, die die größte Fraktion im Gemeinderat stellt, hätte man erwartet, dass sie bei der Wahl am 4. März einen eigenen Bewerber ins Rennen schickt. „Wir haben uns um einen Kandidaten bemüht, das kann ich versichern“, sagt Claus Stöckle, der Vorsitzende der CDU-Fraktion. Allerdings habe es keinen Anwärter gegeben, der es sich zutraue, gegen jemanden anzutreten, der so fest im Sattel sitze wie Kessing. „Und wir halten nichts von einem Jux-Kandidaten.“

CDU kritisiert die Verwaltungsspitze

Dabei gehen die Christdemokraten in jüngster Zeit durchaus öfter mal auf Konfrontationskurs mit der Verwaltungsspitze. Insbesondere mangelnde Transparenz bei der Entscheidungsfindung wird angeprangert. So erfahre selbst der Stadtverband oft erst aus der Presse von wichtigen Stadtentwicklungsprojekten, heißt es aus Kreisen der Partei. Geradezu handstreichartig würden manche Themen der Bevölkerung präsentiert – und dann sofort festgezurrt. Da bleibe wenig Zeit für Einflussnahme seitens der Bürger.

Genau diese Kritik wurde auch bei der spärlich besuchten Kandidatenvorstellung am Montagabend im Kronenzentrum geäußert. So beschwerte sich ein Bürger, trotz mehrfacher Anfragen monatelang keine Auskunft über die Planungen bezüglich der Verlegung der Bundesstraße 27 erhalten zu haben. Ein anderer der rund 100 Zuschauer bemängelte fehlende Bürgerbeteiligung. Doch OB Kessing ließ das nicht gelten: „Die Anregungen aus der Bevölkerung fließen immer in unsere Planungen ein“, betonte er. Allerdings sagte er auch: „Wir merken, dass sich immer Widerstand regt, egal bei welchem Bauvorhaben.“ Das sei wohl en vogue, vermutete er. „Aber man muss sich auch reiben, um eine gute Qualität zu erzeugen.“ Er jedenfalls wolle seine Arbeit gern „für das Wohl der Stadt und der Bürger“ weiterführen.

Amt erfolgreich ausgeübt

Und offenbar unterstützt ihn die Mehrheit der Bietigheim-Bissinger in diesem Wunsch. Zumindest sei die Tatsache, dass es keinen Gegenkandidaten gibt, ein starkes Indiz dafür, dass der Oberbürgermeister sein Amt erfolgreich ausübe, sagt Eberhard Ziegler, Professor an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg. Denn dass die schuldenfreie Stadt mit guter Infrastruktur und guter Anbindung attraktiv ist, sei völlig klar.

Nur: damit ein amtierender Rathauschef abgewählt wird, müsse es schon ein nennenswertes Problem in der Kommune geben, so Ziegler. Gibt es das nicht, überlegten sich Interessenten eine Kandidatur gut. Auch wegen der Kosten: „Man rechnet ein bis zwei Euro pro Einwohner für einen Wahlkampf“, berichtet Ziegler. In Bietigheim-Bissingen wären das bis zu 80 000 Euro. Das Risiko wollte offenbar keiner eingehen. Zumal selbst der CDU-Fraktionschef Stöckle sagt, dass man im Großen und Ganzen mit dem OB auf einer Linie sei.

Kessing fühlt sich bestätigt

Jürgen Kessing jedenfalls sieht die fehlende Konkurrenz als Kompliment für seine Arbeit. Schließlich sind in anderen Kommunen durchaus Bewerber von außen das Risiko einer Bewerbung eingegangen, obwohl der Amtsinhaber kandidierte. Mit Erfolg: 2007 wurde Ursula Keck mit überwältigender Mehrheit zur Nachfolgerin von Kornwestheims Oberbürgermeister Ulrich Rommelfanger gewählt. Ebenso siegte Dirk Schaible 2008 gegen den Freiberger Bürgermeister Ralf Maier-Gaißer. In beiden Städten hatte es zuvor allerdings massive Kritik an den jeweiligen Amtsinhabern gegeben.