Das Göppinger Mineralwasser soll weiterhin sprudeln. Dafür setzt sich der Oberbürgermeister Guido Till ein. Er möchte ein regionales Premiumwasser etablieren.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Die Hiobsbotschaft, dass die gut 600 Jahre alte Sauerwasser-Tradition in Göppingen zu Ende gehen könnte, ist erst eine Woche alt – und hat für Schockstarre gesorgt. Bei den 100 Beschäftigten von Aqua Römer, bei der Kundschaft, bei allen, die sich nach einem seit Jahrhunderten verbürgten Recht an einem Brunnen in Jebenhausen kostenlos bedienen dürfen – und nicht zuletzt bei den kommunalpolitisch Verantwortlichen. Oberbürgermeister Guido Till hat aber nicht nur seiner Betroffenheit Ausdruck verliehen, sondern auch umgehend die Initiative ergriffen.

 

Der Oberbürgermeister möchte ein regionales Premiumwasser etablieren

„Wir können nicht tatenlos zuschauen, wie wir einen Teil unserer Geschichte verlieren und müssen deshalb alles tun, den Mineralbrunnen und die Marke „Göppinger Sprudel“ in deutlich veränderter Form weiterzuführen“, betont er. Der Rathauschef bat deshalb nicht nur Vertreter der Gemeinderatsfraktionen umgehend zu einer Gesprächsrunde, sondern vereinbarte auch gleich einen Termin mit der Geschäftsführung von Aqua Römer. Zudem kann er sich der Unterstützung der Landtagsabgeordneten aus dem Stauferkreis sicher sein, wie diese in ihren jeweiligen Presseerklärungen deutlich machten.

Nachdem sich Till bei Fachleuten bereits erkundigt hat, welche Rahmenbedingungen bei der Herstellung und Abfüllung von Mineralwasser eingehalten werden müssen, sieht er durchaus Hoffnung, dass der Göppinger Sprudel weiterhin fließen kann. „Wir stehen zwar erst ganz am Anfang, stoßen aber auf offene Ohren“, sagt er. Den Einschätzungen von Aqua Römer, dass die sich Marke nur in einem räumlich überschaubaren Bereich, in einem überschaubaren Rahmen vertreiben lasse, widerspricht der OB dabei nicht: „Das nehme ich wirklich sehr ernst, sehe aber genau darin eine Chance, ein regionales Premiumwasser zu etablieren, etwa so, wie dies die lokalen Brauereien vormachen.“

Im Raum Göppingen ist der Absatz des Wassers stabil

In ersten Gesprächen habe sich seine Einschätzung bestätigt, ergänzt Till. So hätten ihm die vier größten Getränke- und Lebensmittelhändler im Landkreis wie auch der Aqua-Römer-Geschäftsführer Andreas F. Schubert bestätigt, dass der Absatz von Göppinger Sprudel im Göppinger Raum stabil sei. „In dem kooperativen Gespräch hat uns die Unternehmensführung zugesagt, dass wir Zahlen bekommen. Denn klar ist auch, dass sich die Sache letztlich rechnen muss“, sagt Till.

Im größeren Rahmen ist dies für Aqua Römer offensichtlich schon seit längerem nicht mehr der Fall. Wie viele Liter Wasser in Jebenhausen pro Tag noch in Flaschen abgefüllt werden, möchte Schubert zwar nicht verraten. „An unserem anderen Standort in Mainhardt ist die Menge aber um das Siebenfache höher“, erläutert er. In jedem Fall sei diese zu gering, um rentabel arbeiten zu können. „Und ein Wachstum außerhalb des Landkreises, das haben unsere Marketingaktivitäten in den vergangenen Jahren gezeigt, ist wegen der fehlenden Akzeptanz nicht möglich“, fährt der Geschäftsführer fort. Einer Lösung, wie sie Till anstrebe, wolle sich Aqua Römer aber keineswegs verschließen.

Die Sprudelproduktion soll bis Oktober weiterlaufen

„Noch ist ja auch nicht endgültig entschieden, was wir wann machen“, betont Schubert. Aus diesem Grund entkräftet er auch die Befürchtungen, dass die Wasserquellen demnächst versiegelt werden könnten. „Das ist im Fall der Fälle der allerletzte Schritt“, sagt er. Signale, dass es, in welcher Form auch immer, mit dem Göppinger Sprudel doch noch weitergehen könnte, hat die Firma aber nicht nur nach außen geschickt.

So erklärt Efstathios Michailidis, der Betriebsratsvorsitzende von Aqua Römer, dass sich die Chefetage zuletzt sehr kooperativ gezeigt habe. Demnach solle die Produktion in Jebenhausen jetzt bis Oktober weiterlaufen und nicht schon im August enden. „Außerdem haben wir die Zustimmung erhalten, die Zahlen des Hauses durch einen externen Berater überprüfen zu lassen“, fügt Michailidis hinzu. Er halte Tills Idee ebenso wie andere Alternativkonzepte durchaus für realistisch. „Wenn der OB das schafft, selbst im kleineren Rahmen, wäre das natürlich toll.“ Etliche Mitarbeiter hätten vergangene Woche wirklich Tränen in den Augen gehabt. „Viele von uns, unter anderem ich, arbeiten bereits in der dritten Generation hier beim Mineralbrunnen“, sagt Michailidis.

Die Freien Wähler pochen auf das Abfüllrecht der Bürger

Schon wesentlich länger gibt es das sogenannte Servitut, das Recht für die Bevölkerung von Jebenhausen und Bezgenriet, am Brunnen beim heutigen Naturkundemuseum kostenlos Sauerwasser abfüllen zu können. Darauf weisen Göppingens Freie Wähler hin und pochen auf einen entsprechenden Vertrag zwischen der Stadt und Aqua Römer. Vom Unternehmen nicht mehr genutzte Bohrungen könnten also just für diesen Zweck genutzt werden, meinen die Freien Wähler.