Sie sind rot, grün, gelb und schmecken nach Honig, Banane oder Kiwi: Erich Stekovics baut am Neusiedler See gut 700 Tomatensorten an.  

Frauenkirchen - Charlie’s Green duftet intensiv nach Limette. Striped German hat Ananasnoten. Und Dattelwein erinnert an Honig. Man könnte sich ewig durchprobieren. Doch halt! Fünf Tomatensorten am Tag reichen. „Dann übersäuert der Mund, und man schmeckt nichts mehr“, erklärt Erich Stekovics (47). Schade. Denn auf seinen Feldern um Frauenkirchen im österreichischen Burgenland wachsen gut 700 Sorten - und alle haben ein unterschiedliches Aroma. Sie schmecken fruchtig nach Banane oder Kiwi. Einige sind zuckersüß, andere etwas bitter, nussig, leicht salzig oder pfeffrig.

 

Alle Formen und Farben lassen sich finden. Stekovics’ Liebling ist die Gelbe Johannisbeere: „Die ist umwerfend.“ Ihre Früchte sind tatsächlich fast so klein wie Johannisbeeren. „Sie schmecken süß und zugleich herb. Einfach herrlich!“ Wenn Stekovics über Tomaten erzählt, besser gesagt über Paradeiser, wie man sie in Österreich nennt, dann funkeln seine Augen. Schon als Bub war er von dem Gemüse begeistert. „Ich saß stundenlang auf dem Dachboden, hab’ Pflanzensamen aussortiert und in Nylonstrümpfe abgefüllt, die meine Mutter ausgemustert hatte.“ So kamen keine Insekten, aber genügend Luft an den Samen. Die Leidenschaft hat bis heute nicht nachgelassen. Noch immer ist Stekovics auf der Suche nach neuen Sorten: „Ich sammle Samen, so wie andere Briefmarken.“

„Wir sind aber kein Forschungsbetrieb“

Mehr als 3000 hat er mittlerweile in Papiertütchen gelagert und katalogisiert. Dazu Tausende Chilisorten, Kräuter, Obstsorten und Blumen. Kultiviert werden auf gut drei Hektar Anbau fläche aber jedes Jahr „nur“ etwa 700. Man darf sich schließlich nicht verzetteln, sagt Stekovics. Daraus kristallisiert er dann mit seinen 13 Mitarbeitern die 100 besten Sorten heraus. „Wir sind aber kein Forschungsbetrieb.“ Obwohl. Letztlich dann doch. Stekovics hält alle genetischen Daten seiner Tomaten fest und arbeitet mit mehreren Unis zusammen. Ein Großteil der Ernte wird sofort verkauft.

Zu 90 Prozent an Privatpersonen, der Rest geht in die Gastronomie. Und zwar dann, wenn die Früchte vollreif sind. „Ich bekomme die Krise, wenn Kunden fragen, wie lang die Früchte haltbar sind“, sagt Stekovics. „Man muss Obst und Gemüse frisch kaufen - und sofort essen oder verarbeiten.“ So wie hier im Betrieb am Neusiedler See. Im Verkaufsraum sind Hunderte Gläser mit süß-sauer eingelegten Delikatessen aufgereiht. Paradeisertatar aus getrockneten Tomaten, Marillen-Chili-Marmelade, Nuss-Pesto, Paradeisermarmelade mit Holunder. Nebenan wird gerade Tomaten-Chutney gekocht und abgefüllt, ein fruchtig-süßer Geruch zieht herüber. Währenddessen kommen Kunden in den Verkaufsraum und fragen nach den Genussstunden. Pech gehabt. Die sind für dieses Jahr ausgebucht. Aber auch 2014 wird Stekovics wieder im Juli, August und September über seine Felder führen. Dafür nimmt er sich Zeit.

Mit Wasser muss man geizen

Bis zu vier Stunden dauern die beliebten Touren. Er möchte den Menschen zeigen, was sie im Supermarkt alles verpassen. „Und ich will, dass Hobbygärtner lernen, die Natur zu beobachten“, sagt Stekovics. „Ohne esoterisch zu werden: Es ist nicht wichtig, was wir aus dem Garten machen, sondern was er aus uns macht.“ Was Stekovics an Tomaten außer ihrer Vielfalt liebt? „Dass die meisten so robust sind.“ Sie wachsen überall, sogar in Sibirien. Am Neusiedler See im Burgenland, da, wo Österreich topfeben wird und an die ungarische Steppe grenzt, sind die Bedingungen allerdings optimal: mildes Klima, reichlich Sonne, guter Boden. Eins gilt es aber überall zu beachten: nie zu viel gießen. „Mit Wasser muss man geizen. Tomaten gießt man am besten nur ein einziges Mal - und zwar, wenn man sie setzt“, erklärt Stekovics, der auch Kaiser der Paradeiser genannt wird.

Und Tomaten-Papst. Das passt. Denn er hat Theologie studiert, jahrelang als Religionslehrer gearbeitet und überlegt, Priester zu werden. „Aber ich hätte mit dem Zölibat Schwierigkeiten gehabt“, sagt er und grinst. 2001 erfüllte er sich dann seinen Traum, wurde Vollzeit-Bauer. Für einen Theologen sei das doch folgerichtig: „Wie Noah mit seiner Arche bemühe ich mich um eine möglichst vollständige Sammlung - in meinem Fall sind es eben Obst- und Gemüsepflanzen.“

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Infos zum Neusiedler See

Anreise
Mit dem Auto sind es ab Stuttgart bis Neusiedl am See etwa 730 Kilometer über die A 8 und die A 1. Mit der Bahn in knapp achteinhalb Stunden erreichbar. Österreich-Spezial ab 39 Euro pro Person und Strecke, www.bahn.de . Mit dem Flugzeug nach Wien, von dort mit Mietwagen oder Bahn weiter. Mit Germanwings ab etwa 40 Euro pro Person und Strecke. www.germanwings.de .

Genussstunden
Die Genussstunden, bei denen Tomaten-Papst Erich Stekovics über seine Felder führt, sind für 2013 ausgebucht. Schon jetzt läuft die Anmeldung für 2014: 11. Juli bis 7. September täglich außer Montag und Mittwoch. Kosten: 45 Euro pro Person (mit 15 Euro Warengutschein). Anmeldung unter: office@stekovics.at, Schäferhof 13, 7132 Frauenkirchen, Telefon 00 43 / 676 / 9 66 07 05, www.stekovics.at .

Unterkunft
Romantisch übernachtet man im Rusterhof in Rust, wo auch die ARD-Serie „Der Winzerkönig“ spielte (Apartment für zwei Personen mit Frühstück ab 140 Euro), www.hotelbuergerhaus-rust.at .

Edel-modern: Die Zimmer auf dem Weingut Scheiblhofer in Andau (DZ mit Frühstück ab 49 Euro pro Person). Empfehlenswerte Weine. Wenn Verkaufsleiter Harald Braunsteiner eine kleine Tour anbietet: Chance nutzen, www. scheiblhofer.at .

Hübsche Zimmer gibt es im Gästehaus Moser in Purbach (ab 37,50 Euro pro Person mit Frühstück), Telefon 00 43 / 26 83 / 28 86.

Essen und Trinken
Im Gasthaus zur Dankbarkeit in Podersdorf bietet Josef Lentsch allerfeinste Regionalküche. Unbedingt den jiddischen Hühnerleberaufstrich (5,90 Euro) und die Schweinswangerl (15 Euro) probieren, www.dankbarkeit.at .

Auf dem historischen Gut Purbach zaubert der grandiose (und sehr charmante) Koch Max Stiegl saisonal und regional inspirierte Köstlichkeiten, etwa Reh-Erdäpfel-Lasagne mit Bohnen (22 Euro). Seine Leidenschaft sind Gerichte mit Innereien wie Kuttelsalat mit Kernöl, Linsen und Gurke (14,50 Euro). Ein Vier-Gänge-Menü gibt es ab 44 Euro. Auf dem Gut kann man auch schön übernachten, www.gutpurbach.at .

In der Region gibt es zahlreiche Heurigen und Buschenschenken.

Empfehlenswert und am See gelegen: Weingut Hölle in Podersdorf (März bis Ende Oktober ab 12 Uhr bis Sonnenuntergang geöffnet), Telefon 00 43 / 21 77 / 24 62.

Aktivitäten
Für Radfahrer, die flaches Gelände mögen, ist der Neusiedler See perfekt. Man kann auch wunderbar spazieren gehen, Boot fahren und im Sommer im See schwimmen oder windsurfen.

Für Vogelbeobachter ist das Gebiet, das zum Unesco-Welterbe gehört, ein Paradies. Einen Ausflug lohnt das liebevoll aufgebaute Dorfmuseum Mönchhof, www.dorfmuseum.at .

Sollte es mal regnen, bietet sich ein Besuch der St.-Martins-Therme in Frauenkirchen an (Dreistundenkarte ohne Sauna 15 Euro), www.stmartins.at .‎

Allgemeine Informationen
Burgenland Tourismus, Johann-Permayer-Straße 13, 7000 Eisenstadt, Telefon 00 43 / 26 82 / 63 38 40, www.burgenland.info .

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