Keiner hat so richtig geklatscht, als Bushido den Bambi für Integration überreicht bekam. Zu Recht? Ein offener Brief an Bushido.

Stuttgart - Lieber Bushido, das war ja kein so cooler Abend für Dich. Da hattest Du so oft erzählt, dass Du Dich geändert hast, dass Du älter und reifer geworden bist, und dann scheint das von den 800 Gästen bei der Bambiverleihung am Donnerstagabend in Wiesbaden irgendwie gar niemand so richtig mitbekommen zu haben. Mist für Dich.

 

Dein Smoking saß - und Deine Freundin direkt neben Dir. Nebenbei ja auch noch die Schwester der politisch unumstrittenen Sarah Connor. Das wäre ja auch mal ein Duettvorschlag, wobei Du ja in letzter Zeit auch mit Karel Gott und Peter Maffay gesungen hast. Richtig böse Jungs sind das ja eher nicht. Und sogar mit Deinem Erzfeind Sido hast Du Dich medienwirksam ausgesöhnt. Du hast einen Film über Dein Leben gedreht, der zugegeben echt schlecht war, aber mit Hannelore Elsner und Moritz Bleibtreu haben immerhin Leute mit Dir zusammengearbeitet, denen man Intelligenz nicht absprechen würde. In Talkshows konnte man sich darüber amüsieren, wie Du Politikern, die Dich als üblen Gangster-Rapper stigmatisieren wollen, wohlformuliert den Wind aus den Segeln genommen hast.

Stilmittel im Gangster-Rap

Und jetzt? Jetzt klatscht keiner so richtig, wenn Du den Bambi für Integration bekommst. Warum? Das ist ein wenig komplizierter. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du Deine Freundin mit dem Song "Dreckstück" ("Das heißt nicht, dass ich dich nicht schlage, bis du blau bist") für Dich gewonnen hast. Ich nehme an, Du singst ihrem Sohn nicht Lieder wie "Berlin" zum Einschlafen vor ("Berlin wird wieder hart, denn wir verkloppen jede Schwuchtel"). Klar, das sind Stilmittel im Gangster-Rap, das hat jetzt auch der Herr Burda gesagt, als sie ihn gefragt haben, ob das mit dem Bambi für Dich nicht total daneben sei.

Stimmt sicherlich beides. Das mit dem Stilmittel, aber auch, dass das mit dem Preis voll daneben war. Und dafür kannst Du nur teilweise was. Die Bambiverleihung ist ja inzwischen berühmt für absurde und wahllose Kategorien. Warum hat man Dich nicht einfach für Musik ausgezeichnet? Das wäre gar kein Problem gewesen. Nein, man verleiht Dir den Bambi in einer Kategorie, die auch mit Toleranz und Verständnis füreinander zu tun hat, und ich bin mir sicher, dass sich Schwule und Lesben sicher nicht in die Gesellschaft integriert fühlen, wenn sie Deine Texte lesen.

Nicht immer ist ein Preis ein Segen

Klar, Integration, davon spricht jeder, das ist gerade angesagt, also warum nicht auch noch ein kleines Reh dafür verleihen? Nicht immer ist ein Preis ein Segen. Vor vier Jahren bekam Tom Cruise den Bambi für "Courage", und man fragte sich, ob die Jury bei Burda verstanden hatte, dass er den Stauffenberg nur gespielt hat und in echt der Hollywoodschauspieler ist, der die Werbetrommel für Scientology rührt. Jetzt gibt es wieder Ärger, und mal ehrlich, hättest Du Dich nicht längst enthusiastischer von Schwulenhass und Frauenfeindlichkeit distanzieren können? Du sagst, Du würdest die Sachen heute nicht mehr so sagen, ich bin mir sicher, da wäre eine deutlichere Aussage drin gewesen. "Zeiten ändern dich", sagst Du, dann wäre es an der Zeit gewesen. Oder Du hättest einen auf Reich-Ranicki machen müssen und den Preis ablehnen sollen, aber wer will das schon beim Thema Integration?

Du hast von Toleranz und Verständnis in Deiner Rede gesprochen, leider war das nicht auf Deine Texte bezogen. Schade. Vielleicht nimmt Peter Plate von Rosenstolz Deine Einladung ja an. Auf Euren Song wäre ich gespannt, das wäre ein bisschen wie 2Pac und Elton John.

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