„Der Liebeskasper“ on Tour: Oliver Pocher macht aus dem Ende seiner Ehe eine Show und sich selbst zur Witzfigur. Dass er dabei auch in die Privatsphäre Unbeteiligter eindringt, mag man befremdlich finden.

„Triggerwarnung vorneweg!“, unkt Oliver Pocher, und streckt seine weiße, weiche Wampe aus seiner offenen Weste, als er am Freitagabend die Bühne im voll besetzten Hegelsaal der Liederhalle betritt. „Falls sich jemand von Worten wie ‚Ficken‘, ‚Fotze‘ oder ‚Amira‘ getriggert fühlt, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, zum Ritzen mit dem Lastenfahrrad nach Hause zu fahren, und „Arielle“ mit der Schwarzen zu gucken. Dann ist das nicht euer Abend!“, sagt er, und bleckt die Zähne.

 

Schon Mola Adebisi, der den mit dem Programm „Der Liebeskasper“ durch Deutschland tourenden Pocher als Einheizer und DJ begleitet, hatte grinsend vor dessen „guter Laune“ gewarnt, nachdem Pocher von neuesten Gerüchten um eine Affäre seiner Noch-Ehefrau mit dem Moderator Christian Düren erfahren hatte. Und tatsächlich legt der Comedian in den ersten Minuten seines zweieinhalb-stündigen Auftritts ein strammes Tempo vor, in dem er Gemeinheiten austeilt. „Ich sage auch, Ricarda Lang ist fett! Die hat ja nicht nur schwere Knochen! Wenn die ein Snickers sieht, ist das weg. Und der Mars-Riegel auch. Und ihr Freund kommt beim Buffet nicht dran“.

Mit blonden Zöpfchen und Faltenrock macht sich Pocher virtuos zum Deppen

Warum ausgerechnet die Grünen-Politikerin Pochers Häme auf sich zieht, erschließt sich nicht. Alice Weidel von der AfD zu dissen, wäre an diesem Abend womöglich zu politisch korrekt gewesen. Aber Pocher mokiert sich auch über den Wendler, Helene Fischer, verschiedene Influencer und immer wieder über Gattin Amira und deren Partner. Die Frage, wie authentisch Pochers zur Schau gestellte Verletzung ist, lässt sich dabei kaum beantworten. Wenn er den Oralsex von Amira mit mutmaßlichen Liebhabern gestenreich auf der Bühne imaginiert, wirkt das wie die unreife Rache eines Pennälers, den Pocher allerdings als Rolle zum besten gibt. Der Witz solcher Szenen liegt im Auge des Betrachters.

Kreativer sind die Neuinterpretationen bekannter Pop-Musikvideos, von Justin Timberlakes „Cry me an River“ etwa, oder eine Live-Präsentation von Britney Spears’ „Hit me Baby one more Time“, für die sich Pocher mit blonden Zöpfchen und Faltenrock virtuos zum Deppen macht. Haarsträubend dagegen eine lange Sequenz mit einer Frau aus dem Publikum, deren Handybildschirm Pocher auf einer Leinwand für alle im Saal sichtbar macht. Schamlos dringt er in die Privatsphäre der Frau ein, tippt übergriffig dreiste WhatsApp-Nachrichten an deren Chef und Mutter. Die Frau lacht dazu und lässt sich hinterher von Pocher drücken. Klar, ist ja alles nur Spaß.