Wie das „wirklich wahre Leben“ sich anfühlt, hat der Komiker Olli Dittrich im Stuttgarter Theaterhaus gezeigt. In der Pubertät, so der lesende und plaudernde Entertainer, fühlt es sich irgendwie doof an.

Stuttgart - Also 70 000 Zuschauer sind nicht da, anders als damals, als Wigald Boning und Olli Dittrich als Die Doofen zusammen mit Bon Jovi im Münchner Olympiastadion aufgetreten sind, nachdem sie innerhalb von zwei Monaten eine Million Schallplatten verkauft hatten. Aber die große Halle des Theaterhauses ist voll mit Fans, die gekommen sind, um Olli Dittrich zwei Stunden ohne Pause aus seinem Buch „Das wirklich wahre Leben“ lesen und über dieses Leben auch erzählen zu hören. Großer Aufwand ist dafür nicht vonnöten: ein Tisch, eine Flasche Mineralwasser und ein Stuhl, über dessen Lehne der Comedy-Star gleich zu Beginn seine Jacke hängt, um fortan im kurzärmeligen Pullover und ohne Mikroport ganz traditionell in das Mikrofon am Galgen zu sprechen.

 

Olli Dittrich, der aussieht wie ein Bruder von Christopher Walken, nur nicht so bedrohlich, sondern eher freundlich und putzmunter, erinnert sich an die sechziger, siebziger und achtziger Jahre, an seine Jugendidole Elton John und Uwe Seeler, an Fernsehgrößen von damals wie Rudi Carrell oder Kuli. Er bedient das geläufige Muster der ironischen Rückschau auf die Jahre der Pubertät, auf die Geschichten des Scheiterns, der Diskrepanz zwischen größenwahnsinnigen Träumen und einer erbärmlichen Realität, die jeder versteht, weil jeder sie in der einen oder anderen Form erlebt hat. Manchmal genügt schon die Nennung eines Produkts, etwa des Sirups Tri Top, um beifälliges Lachen zu provozieren.

Leben im RTL-Universum

Einzelne Beobachtungen sind witzig in ihrer Treffgenauigkeit. Zum Beispiel, dass man jungen Leuten nicht erklären könne, was ein Telefontischchen sei. Olli Dittrich erzählt Anekdoten aus dem RTL-Universum, dessen Kenntnis er beim Publikum vorauszusetzen scheint wie Georg Kreisler die Kenntnis des Opernrepertoires und Robert Gernhardt die Kenntnis der deutschen Lyrik von Gryphius bis Celan, er berichtet von Anke Engelke, die bei ihm das Format einer Sophia Loren erlangt, oder von seinem Kompagnon Wigald Boning.

Olli Dittrich beherrscht die Kunst der Imitation, die früher einmal zum Kernbestand der Varietés gehörte, heute aber ein wenig verstaubt wirkt. Doch er spielt diese Kunst im Theaterhaus nicht aus, sondern deutet sie nur an, wenn er etwa Udo Jürgens, Boris Becker, Franz Beckenbauer, Udo Lindenberg oder eben Rudi Carrell nachahmt. Da ist er wirklich komisch. Seine Kalauer hingegen sind von unterschiedlicher Qualität. Ein besserer geht so: „Sie waren beim Friseur-Contest in Brüssel – wie war das?“ – „Ich habe gut abgeschnitten.“

Diese Schwänke aus dem wirklich wahren Leben ergänzt Olli Dittrich noch durch unvertont gebliebene Texte für Die Doofen und durch Fragmente von hausgemachten Hörspielen. Manche davon sind nun wirklich arg doof, aber meist pflegt der Entertainer einen Humor der Mittellage: er ist nicht schrill, aber auch nicht das, was man in England „sophisticated“ nennt.