Der Online-Versandhändler Zalando will sein Kapital aufstocken und wagt sich aufs Börsenparkett. Damit steht der größte Börsengang eines deutschen Internetunternehmens seit rund 15 Jahren vor der Tür. Doch erst einmal werden nur institutionelle Anleger zugreifen.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Der Online-Modehändler Zalando will sich noch in diesem Jahr an der Börse frisches Kapital besorgen. Eine offizielle Mitteilung am Donnerstagmorgen machte monatelangen Spekulationen ein Ende. Im Rahmen einer Kapitalerhöhung sollen zehn bis elf Prozent des Unternehmens am geregelten Markt der Frankfurter Börse platziert werden. Kasse machen wollen damit die bisherigen Eigentümer, von denen der schwedische Fonds Kinnevik mit einem Anteil von 36 Prozent und der Gründerfonds der Internet-Unternehmer Samwer mit 17 Prozent die größten sind, allerdings noch nicht. „Die bestehenden Zalando-Gesellschafter behalten ihre Anteile und werden diese im Rahmen des Angebots nicht verkaufen“, heißt es in der Mitteilung. Das zusätzliche Kapital solle dem inzwischen in 15 europäischen Ländern präsenten Unternehmen die nötige Flexibilität für weiteres Wachstum geben. Der exakte Zeitpunkt der Platzierung hänge vom Börsenumfeld ab.

 

Dass es zunächst einmal um frisches Geld geht, zeigt auch die Tatsache, dass Zalando gleichzeitig bekannt gab, dass man schon im Sommer mit mehreren Banken eine Kreditlinie von 200 Millionen Euro vereinbart hat. Anhand der Umsatzzahlen wurde Zalando bisher mit einem Unternehmenswert von knapp vier Milliarden Euro taxiert. Doch das Berliner Online-Unternehmen, das 2014 wohl auf einen Umsatz von mehr als zwei Milliarden Euro kommen wird, strebt eine höhere Bewertung an. Bis zuletzt wurde nach Informationen des „Handelsblatts“ unter den Eigentümern um das Volumen der Kapitalaufstockung gefeilscht, deren Deckel nun bei 750 Millionen Euro liegen soll.

Schon bei einem Unternehmenswert von fünf Milliarden Euro würden sich die ausgegebenen Aktien auf rund 500 Millionen Euro addieren. Dies wäre der größte Börsengang einer deutschen Internetfirma seit den Zeiten des Neuen Marktes vor 15 Jahren. Theoretisch wären Unternehmensanteile damit auch für Kleinanleger zugänglich – praktisch wohl eher nicht. Die Vorschriften auf dem geregelten Markt der Deutschen Börse verlangen einen Streubesitz von 25 Prozent des Kapitals. Zalando hat institutionelle Anleger im Visier, etwa auf die IT-Branche spezialisierte Aktienfonds, die bei der Erstzuteilung begünstigt werden sollen. Partnerbanken beim Börsengang sind neben anderem die Deutsche Bank und das US-Institut Goldman Sachs.

Zalando versucht sich ein seriöses Image zu geben

Die Unternehmensführung um die Gründer Robert Gentz, Rubin Ritter und David Schneider hatte das Terrain in den vergangenen Monaten systematisch vorbereitet. Im ersten Halbjahr 2014 hat Zalando vor Zinsen und Steuern mit einer Marge von 1,2 Prozent im Konzern erstmals die operative Gewinnschwelle erreicht. Auf dem Kernmarkt Deutschland, Österreich und der Schweiz ist diese Schwelle mit 4,6 Prozent klar überschritten.

Erst in der vergangenen Woche hatte Zalando bei einer großen Präsentation in Berlin versucht, sich ein seriöses Image zu geben – von den schwarzen Zahlen bis hin zum Umgang mit den Mitarbeitern. Zalando als Aushängeschild würde auch dem im ersten Halbjahr 2015 möglichen Börsengang der Start-up-Schmiede Rocket Internet den Boden bereiten. Unter deren Fittiche ist Zalando im Jahr 2008 an den Start gegangen. Sukzessive haben allerdings die Eigentümer von Rocket Internet, die drei Gebrüder Samwer, ihre Anteile reduziert.

Das Umfeld an der Börse ist zurzeit günstig

Auch das Börsenumfeld, in dem weitere geldpolitische Lockerungen der Europäischen Zentralbank die Aktienmärkte stützen könnten, erscheint günstig. Zudem kann Zalando die Sogwirkung anderer Internet-Börsengänge nutzen, etwa den noch im September anstehenden Mega-Börsengang des chinesischen Onlinehändlers Alibaba. Nach einer Flaute in den Jahren 2012 und 2013 hat die Zahl der Börsendebüts in Deutschland und Europa in diesem Jahr stark zugenommen.

Zalando muss in jedem Fall die zurzeit positiven Zahlen nützen, die durch das anstehende Weihnachtsgeschäft weiter gestützt werden dürften. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben nämlich gezeigt, dass es bei einem insgesamt allmählich abflachenden Wachstumstempo auch für den Online-Versender Rückschläge geben kann. So bekam auch Zalando im vergangenen Jahr die lange Kältephase im Frühjahr zu spüren. Diese führte dazu, dass ein Teil des Sommersortiments mit hohen Abschlägen verkauft werden musste.

Mit der Ankündigung von schwarzen Zahlen rechtzeitig vor dem Börsendebüt will Zalando signalisieren, dass man andere, aggressiv expandierende Online-Händler wie Amazon nicht zum Vorbild nimmt. Der US-Internetgigant schreibt auch zwanzig Jahre nach der Gründung rote Zahlen, was zuletzt die Börse verschreckt hat. Eine Expansion über Europa hinaus, etwa in die Vereinigten Staaten stehe für Zalando jedenfalls nicht auf der Agenda, sagt der Geschäftsführer Rubin Ritter.