Nach der Insolvenz der Bitcoin-Börse Mt.Gox bekommt das Image der digitalen Währung einen weiteren Kratzer: Der vermeintliche Erfinder der virtuellen Münzen weist jede Verbindung zu dem Projekt zurück.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die angeschlagene Internet-Währung Bitcoin wird von neuen Turbulenzen erschüttert: Keine 24 Stunden nach einer Enthüllungsstory über den vermeintlichen Vater des digitalen Geldes stritt die Hauptperson der Geschichte alles ab. Seither wird in Online-Foren weltweit über den Amerikaner Dorian Prentice Satoshi Nakamoto debattiert.

 

Der Bitcoin-Kurs erlitt angesichts der Verwirrung einen weiteren Rückschlag: Am Freitag rutschte der von der Website Coindesk kalkulierte Mittelwert aus den Kursen führender Online-Börsen unter 640 Dollar. Noch im Dezember hatte die digitale Devise über 1000 Dollar gekostet. Das schwindende Vertrauen in die Geldpolitik der großen Notenbanken sowie die Euro-Krise hatten der alternativen Währung 2013 eine beispiellose Karriere beschert, die im Februar jedoch ein jähes Ende fand. Grund für den Absturz war ein Millionen-Leck bei Mt. Gox, einer der wichtigsten Handelsplattformen für Bitcoins, die Ende Februar schließlich Insolvenz anmeldete. Es folgte ein Hacker-Angriff auf die kanadische Bitcoin-Bank Flexcoin, die am Dienstag dichtmachte.

Steiler Aufstieg, tiefer Fall

In die Debatte über die folgenschweren Sicherheitsmängel platzte am Donnerstag das US-Magazin „Newsweek“ mit einer Geschichte über den gebürtigen Japaner Nakamoto, den die Zeitschrift als den „Kopf hinter Bitcoin“ bezeichnete. Der Titelheld will mit der ganzen Angelegenheit jedoch nichts zu tun haben. Nachdem ein ganzes Dutzend Journalisten sein Haus belagert hatte, stritt der 64-Jährige in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP jede Beziehung zu Bitcoins ab.

Sein kurzes Gespräch mit der Autorin der „Newsweek“-Story bezeichnete Nakamoto als Missverständnis. Nach Darstellung der Reporterin Leah McGrath Goodman hatte er auf Fragen nach dem Bitcoin-Projekt erwidert: „Ich bin daran nicht mehr beteiligt und kann nicht darüber sprechen. Das haben andere Leute übernommen.“ Im AP-Gespräch sagte der Physiker und Programmierer, seine Antwort sei falsch verstanden worden. „Was ich meine, ist, dass ich nicht mehr als Entwickler arbeite. Das ist alles“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur. Über Einzelheiten seiner früheren Tätigkeit dürfe er nicht sprechen, weil er beim Rüstungskonzern Hughes Aircraft an Aufträgen für das US-Militär mitgewirkt habe.

„Nakamoto“ distanziert sich von Nakamoto

Das erste Konzept für die Entwicklung von Bitcoins war 2009 beim Online-Netzwerk P2P Foundation unter dem Namen Sakoshi Nakamoto veröffentlicht worden. Die Identität dieser Person blieb jedoch ein Geheimnis, bei dem Namen könnte es sich auch um ein Pseudonym handeln. Unter dem P2P-Account namens Sakoshi Nakamoto erschien am Donnerstag jedenfalls der Satz: „Ich bin nicht Dorian Nakamoto.“ Den englischen Vornamen Dorian hatte der von „Newsweek“ aufgespürte Nakamoto vor Jahrzehnten zusammen mit der US-Staatsbürgerschaft angenommen.

Ob die Distanzierung des einen vom anderen Nakamoto echt ist oder es sich doch um ein und dieselbe Person handelt, bleibt vorerst ein Rätsel. Nach Auffassung vieler Bitcoin-Fans ist ohnehin gleichgültig, wer die digitale Währung erfunden hat. „Protokoll und Software von Bitcoin sind öffentlich, jeder Entwickler auf der ganzen Welt kann den Code einsehen“, heißt es etwa auf der Website bitcoin.org, hinter der eine Gruppe von an dem Projekt beteiligten Programmierern steht. Auch der Name Satoshi Nakamoto ist dort weiterhin aufgeführt – anders als bei den übrigen Website-Betreibern aber ohne E-Mail-Adresse.

Schwere Sicherheitsprobleme entlarven Grundsatzproblem

Weitaus schwerer als die Frage nach dem Erfinder der virtuellen Münzen wiegen die Sicherheitsprobleme der Handelsplätze. Allein bei Mt. Gox stahlen Hacker nach Darstellung des Unternehmens 750 000 Bitcoins von Kunden, das entspricht selbst nach dem Kurseinbruch noch mehreren hundert Millionen Dollar. Anders als bei normalen Banken gibt es bei den Bitcoin-Wechselstuben keine Einlagensicherung. Daran wird deutlich, dass das Fehlen einer zentralen Kontrollinstanz für die digitale Währung – von den Befürwortern bislang als Vorteil gepriesen – erhebliche Nachteile mit sich bringt.

In Tokio, wo Mt.Gox seinen Sitz hat, ist die Frage der Aufsicht denn auch völlig ungeklärt. „Ist die Finanzaufsicht zuständig? Das Finanzministerium? Oder das Wirtschaftsministerium? Da gehen die Meinungen auseinander“, sagte Finanzminister Taro Aso am Freitag.