Fast drei Millionen Menschen gelten in Deutschland als onlinesüchtig. Vor allem Rollenspielen wird ein hohes Suchtpotenzial nachgesagt.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)
Stuttgart - Die neue Freiheit schmerzt. Jeder Schritt tut weh, als Franziska Greiner ins Leben zurückkehrt. Sie möchte einmal um den Häuserblock laufen, aber schafft es nicht. Ihre Beine werden schwer, es fehlt die Kraft, die Gelenke schmerzen. Sie will in den Himmel schauen, doch es gelingt ihr kaum. Jahrelang hat sie den Blick frontal auf den Bildschirm gerichtet, nun kann sie die Augen nicht nach oben drehen, die Muskeln sind verkümmert. Als sie eine neue Brille bekommt, hat sie vier Dioptrien mehr.

Eine Flut an Informationen prasselte in den ersten Tagen ihrer Rückkehr vor einem Jahr auf sie ein. Oskar Lafontaine und die Linkspartei? War der nicht Minister aus der SPD? Ob sie gegen die Schweinegrippe geimpft ist, fragt sie ein Bekannter. Welche Schweinegrippe? Die USA sind in den Irak einmarschiert? 2002 verschwand sie von der Bildfläche, sie befand sich in einem virtuellen Wachkoma. Wie in einem Schwarzen Loch war die Welt um sie herum verschwunden. Heute, so sagt sie, sei sie politisch ungefähr auf dem neuesten Stand, so mehr oder weniger eben. Im Gesprächskreis an der Uni muss sie bei manchen Themen ab und zu noch nachfragen. Es dauert, sieben Jahre Weltgeschichte nachzuholen.

Rollenspiele waren ihre Droge


Im Juli 2009 ist Franziska Greiner ins Leben zurückkehrt. Sie ist jetzt offline. "Ich habe verdammt viel Glück gehabt." Sie möchte ihren wirklichen Namen nicht öffentlich machen. Sie habe so schon genug Probleme, sagt Greiner. Die Studentin ist onlinesüchtig gewesen. Sie hat zu viel Computer gespielt, das klingt niedlich, war aber krankhaft. Der Computer war ihr Leben. Sie war abhängig davon, sie war sozusagen auf PC, Rollenspiele waren ihre Droge.