Mit einer Hommage an die Swing-Ära hat der Kastellsommer die nächste Stufe gezündet. Das Publikum war begeistert. Nach Kino und Oper werden Konzerte im Freien vor der Phoenixhalle gespielt – von heute an sind 250 Plätze erlaubt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - So schön kann ein Sommerabend sein! Der Himmel ist blau wie im Bilderbuch, die Sonne geht wie im Urlaub unter. Entspannt sitzt das Publikum auf den Lounge-Möbeln vor der Phoenixhalle im Römerkastell – auf Abstand, wie es sich gehört. Zum Auftakt seiner Konzertreihe hat das Open-Air-Festival, das zu Stuttgarts besten Plätzen im Corona-Sommer zählt, zum „Sophisticated Evening im Sommer des Jahres 2020“ eingeladen – ein fürwahr raffinierter Sommerabendspaß, der große Zeiten von Swing und Jazz rühmt und hochleben lässt.

 

Der Schlagzeuger Andrew Andrews lud befreundete Musikerinnen und Musiker auf der Bühne, die mit ihrer Spielfreude zeigten, wie gut ihnen die Begegnung mit Publikum mal wieder tut. Das Coronavirus hatte ihre Auftrittsmöglichkeiten auf Null heruntergeschraubt. Doch Kultur lässt sich nicht stoppen. Immer mehr Formate machen das Beste aus den Corona-Lockerungen. Im Juni waren Konzerte vor 99 Gästen erlaubt. Daran musste sich das Sophisticated Orchestra am Dienstagabend noch halten. Vom heutigen Mittwoch an dürfen aber 250 kommen. Der Kastellsommer erweitert gleich mit dem Stichtag seine Veranstaltungsfläche auf zunächst 190 Liegen, Schaukelstühlen und Sofaplätzen.

Schmissige Arrangements und schöne Melodien

Während seines Schlagzeug-Studiums an der Musikhochschule Stuttgart hat Andrew Andrews sich vor allem mit modernem Jazz beschäftigt, der in erster Linie auf dem Lehrplan stand. „Mit diesen oft nur schwer nachvollziehbaren Formaten lässt sich leider nur ein überschaubares Publikum erreichen“, sagt er. Erst durch die Beschäftigung mit dem Jazz der 1920er und 19030er Jahre sei ihm bewusst geworden, „welche Qualitäten diese frühe Popmusik hat“. In den Anfangsjahren sei der Jazz auf rudimentärer Harmonik aufgebaut.

Bei seinem „Sophisticated Evening“ geht es Andrew Andrews und seiner hervorragend harmonierenden Band (mit den Sängerinnen Linda Kyei und Karolina Trybala, dem Pianisten Sascha Kommer und dem Kontrabassistn Sir Holley) um „schmissige Arrangements, schöne Melodien und um gute Unterhaltung“. Die Zwanziger vor 100 Jahren war eine ganz besonderes Zeitalter – die Zeit der Avantgarde, der Provokation, der kulturellen Experimente und der Lebenslust. Die Zwanziger von heute sind auch ganz besonders – wegen der Coronakrise anders, als man sich dies jemals hätte vorstellen können. Damals wie dienen die Musik und die Kultur dazu, die Zeit besser zu verstehen, über Krisen hinwegzuhelfen und aus dem Leben das Schönste herauszuholen.

Die nächsten Konzerte im Kastellsommer: Julieta Anahi Frias & Angela Rutigliano mit Tango und Folklore aus Argentinien am Freitag, 3. Juli, 19.30 Uhr, Fola Dada & Martin Meixner feat. Joo Kraus & Oli Rubow mit Soul und Jazz am Samstag, 4. Juli, 19.30 Uhr. Das gesamte Programm findet man unterwww.kastellsommer.de.