Generalmusikdirektor Darum verlässt Cornelius Meister die Oper Stuttgart

Cornelius Meister wird seinen Vertrag in Stuttgart nicht noch einmal verlängern. Foto: Sebastian Mare/Staatsoper Stuttgart

Seit 2018 prägt Cornelius Meister als Generalmusikdirektor der Oper Stuttgart und des Staatsorchesters das Klangbild der Oper Stuttgart. Nach acht Jahren werden sich 2026 die Wege trennen. Was sind die Gründe?

In diesen Tagen wächst in Stuttgart die Vorfreude auf ein Wiederhören, besser, ein Wiedererleben: Am 20. April beginnt mit „Das Rheingold“ die Wiederaufnahme der Stuttgarter Neuinszenierung von Richard Wagners Jahrhundertwerk „Ring des Nibelungen“. Die Gespräche vorab werden sich dieses Mal auch um eine Nachricht drehen: Cornelius Meister, seit 2018 Generalmusikdirektor der Oper Stuttgart und des Staatsorchesters Stuttgart, wird seinen 2022 um vier Jahre bis 2026 verlängerten Vertrag nicht noch einmal verlängern. Dies bestätigte Stuttgarts Opernintendant Viktor Schoner auf Anfrage am Sonntag unserer Zeitung. „Gemeinsam“, betonte Schoner, „werden wir noch einige tolle Projekte realisieren“.

 

In einem unserer Redaktion vorliegenden, gemeinsam von Schoner und Meister unterzeichneten Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Oper Stuttgart ist indes auch von unterschiedlichen Auffassungen die Rede. „Nach mehreren Gesprächen“, heißt es da, „haben wir vereinbart, unsere Zusammenarbeit als Intendant und Generalmusikdirektor nach dem Sommer 2026 nicht fortzusetzen“. Und: „Cornelius Meister wird seinen GMD-Vertrag nach dann acht Jahren nicht ein weiteres Mal verlängern.“ Überraschend klar dann der Folgesatz: „Einer der Gründe ist, dass Intendanten und GMD eine grundsätzlich verschiedene Haltung einnehmen im Hinblick auf die Dringlichkeit eines Haustarifvertrages für das Staatsorchester.“

Kein Mann für eine Schattenfigur: Cornelius Meister Foto: Oper Stuttgart/Martin Sigmund

Tatsächlich gebe es hier einen Konflikt, bestätigt Opernintendant Viktor Schoner und spricht doch lieber von „einem ganz normalen Vorgang“. Und doch: Einig sei man sich, dass es in der nationalen wie in der internationalen Konkurrenz für Musikerinnen und Musiker des Staatsorchesters einen finanziellen Schritt nach vorne brauche. Nicht einig sei man sich jedoch über das Tempo der Realisierung.

Herausforderung Sanierung

Der Plural „Intendanten“ legt nahe, dass mindestens auch Marc-Oliver Hendriks als Geschäftsführender Intendant der Staatstheater Stuttgart Cornelius Meisters Tempo in Sachen Haustarifvertrag nicht mitgehen wollte. Hendriks verweist auf Anfrage auf die Hoheit von Opernintendant Viktor Schoner. Klar ist jedoch – Meisters Vorstoß, dem Staatsorchester über einen Haustarifvertrag mehr finanziellen Spielraum zu geben, läuft parallel zu den enormen Herausforderungen der geplanten Erweiterung des Staatstheater-Areals und Generalsanierung des Opernhauses. Und auch parallel zu Signalen der Landesregierung, dass die Kulturausgaben bei den angelaufenen Einspardiskussionen nicht ausgenommen bleiben können.

Die hier sichtbare Freude des Aufbruchs in Stuttgart erhoffen sich Cornelius Meister (links) und Viktor Schoner für ein „tolles Finale“ Foto: Matthias Baus/Matthias Baus

Am Montag sagt Hendriks: „In den letzten Jahren hat es eine sehr dynamische Entwicklung der Orchestervergütungen vor allem außerhalb des Flächentarifvertrags gegeben. Für die Staatstheater besteht mittelfristig Handlungsbedarf, um die herausragende Qualität des Staatsorchesters auch in der Zukunft weiter abzusichern.“ Und: „Daneben dürfen die außerordentliche künstlerische Exzellenz des Stuttgarter Balletts, des Schauspiels und der Staatsoper aber insgesamt nicht außer Acht gelassen werden.“

Ungeachtet unterschiedlicher Haltungen bezüglich des Tempos – dass die finanzielle Ausstattung des Staatsorchesters „grundsätzlich ein Thema ist“, ist für Opernintendant Viktor Schoner unter Verweis auf jüngere und jüngste Entwicklungen bei anderen Spitzenorchestern „unstrittig“. Damit will Schoner es denn aber auch bewenden lassen. Viel lieber blickt er „nach vorne“: „Wir planen ein großes Finale“, sagt Schoner. Und gemeinsam formulieren der Opernintendant und sein GMD denn im Brief an die Beschäftigten auch: „Wir freuen uns auf die Opernproduktionen und Konzerte der nächsten Jahre und sind darüber hinaus im Gespräch, die enge künstlerische Verbindung von Staatsoper und Staatsorchester mit Cornelius Meister auch über das Jahr 2026 hinaus fortzusetzen.“ Ob sich Meister nach 2026 erneut fest und damit mitgestaltend an ein Haus binden wird, steht noch nicht fest. Die Logik langer zeitlicher Planungsvorläufe im Musiktheater wie im Konzertbereich bringt dennoch die Frage, wie schnell die Nachfolge von Cornelius Meister geregelt werden kann und soll. Gut zu wissen: Viktor Schoner und Cornelius Meister können sich erst einmal ganz auf ihre gemeinsame Arbeit konzentrieren. Im Zweifel nämlich kann es schnell gehen mit der neuen musikalischen Verantwortung – „die Entscheidung“, sagt Viktor Schoner, „trifft der Intendant in enger Absprache mit dem Vorstand des Staatsorchesters“.

Aus dessen Reihen kam bei Meisters Vertragsverlängerung 2022 ein wichtiger Hinweis: „In den Zeiten der Corona-Pandemie kämpfte Cornelius Meister unermüdlich gegen das kulturelle Verstummen an und fungierte als Brückenbauer zwischen dem Staatsorchester und seinem Publikum.“ Tatsächlich ist Cornelius Meister ungeachtet seiner zahleichen Engagements bei internationalen Spitzenorchestern bis heute eine wichtige Stimme in die Stadtgesellschaft hinein.

Programm für Saison 24/25 steht

Dass es bis 2026 auch künstlerisch spannend bleibt, steht für Cornelius Meister außer Frage: „Das Stuttgarter Publikum“, betont er gerne, „ist bekannt dafür, dass es sich eher beklagt, wenn es zu konventionell gewesen ist“. Beste Voraussetzungen also für das von Intendant Viktor Schoner versprochene „tolle Finale“ mit Cornelius Meister. Dieses beginnt nun bereits in der kommenden Saison 2024/2025. Am 17. Mai werden die Spielpläne von Oper, Ballett und Schauspiel vorgestellt. Besondere Aufmerksamkeit ist garantiert – wie schon diese Woche, wenn Cornelius Meister an diesem Freitag im Kammertheater das Konzertprogramm des Staatsorchesters für die kommende Spielzeit vorstellt.

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