Das Halbleitergeschäft des Optikkonzerns Zeiss boomt. Auch in Autofabriken hält Technologie aus Oberkochen Einzug. Auch deswegen erreichen Umsatz und Ergebnis Rekordwerte.

Stuttgart - Während die meisten Unternehmen über den weltweiten Mangel an Halbleitern klagen, ist dies für den Optikkonzern Zeiss eigentlich ein Grund zur Freude. Denn das Stiftungsunternehmen rüstet Chipfabriken mit den nötigen Lithografiesystemen aus. Und weil derzeit viele Halbleiterfabriken gebaut werden, ist der Umsatz des Oberkochener Unternehmens in diesem Bereich im vergangenen Geschäftsjahr (es endete am 30. September) um 25 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro in die Höhe geschnellt, sagt Vorstandschef Karl Lamprecht.

 

Zeiss profitiert besonders von einem Alleinstellungsmerkmal – der EUV-Lithografie. Das Kürzel steht für extrem ultraviolettes Licht, mit dem Halbleiter belichtet werden. Der Vorteil: So können noch leistungsfähigere Chips, die zudem weniger Energie verbrauchen, hergestellt werden. Zeiss arbeitet bei EUV mit dem Laserspezialisten Trumpf sowie dem niederländischen Maschinenbauer ASML zusammen. Kein anderer Konzern weltweit beherrscht diese Technologie.

Die nächste EUV-Technologie

Chips, die mit dieser Technik hergestellt werden, befinden sich in den neuesten Smartphones. Aber auch autonom fahrende Autos, E-Autos sowie die zunehmend vernetzten Geräte und Systeme kommen ohne sie nicht aus. Der Konzern hat seine Kapazitäten bei der Halbleiter-Tochter SMT bereits ausgebaut. Aktuell sind weitere 200 Stellen offen, sagt Lamprecht. Und Zeiss tüftelt bereits an der nächsten Lithografie-Generation. Wann sie auf den Markt kommen wird, konnte Lamprecht noch nicht sagen.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Zeiss-Technik war sogar auf dem Mond

Nicht nur im Auto findet man Zeiss-Technik, sondern etwa auch in den Autofabriken. In den neuen Antriebstechnologien sieht Lamprecht weitere Wachstumspotenziale. Konkret geht es dabei um Mikroskopie- und Qualitätssicherungslösungen, die sowohl in der Batterieforschung als auch in der Batterieherstellung eingesetzt werden. Mit der Zeiss-Technologie könnten dabei zerstörungsfrei Messungen durchgeführt werden, sagt Lamprecht und vergleicht das Verfahren mit Computertomografen in Krankenhäuser. Welchen Umfang dieses Geschäft hat, wollte Lamprecht aber nicht sagen.

Alle Bereiche wachsen zweistellig

Insgesamt kann das 175 Jahre alte Unternehmen auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurückblicken. Der Konzernumsatz schnellte um 20 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro in die Höhe. Alle Geschäftsbereiche seien zweistellig gewachsen. 90 Prozent des Umsatzes werden im Ausland erzielt. Zufrieden zeigte sich Finanzchef Christian Müller auch mit der Ergebnisentwicklung. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen gut eine Milliarde Euro, fast 70 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Traditionell investiert Zeiss viel in Forschung und Entwicklung. 943 Millionen Euro waren es im vergangenen Jahr; rund 13 Prozent des Konzernumsatzes. Einen Schwerpunkt sieht Müller dabei in der Nachhaltigkeit. Ziel sei bis 2025 „in den eigenen Tätigkeiten weltweit CO2 -neutral“ zu werden.

Trotz eines hohen Auftragseingangs von 8,9 Milliarden Euro (plus 32 Prozent) beurteilt Lamprecht das neue Geschäftsjahr vorsichtig. Zwar kämen dem Unternehmen Trends wie die demografische Entwicklung sowie der Bedarf nach mehr Speicherkapazitäten zugute. Dennoch rechnet er nur mit einem moderaten Wachstum und einer Ebit-Rate von weiterhin über zehn Prozent. Im vergangenen Jahr hatte die Ebit-Rate – also das Ergebnis vor Zinsen und Steuern bezogen auf den Umsatz – bei 20 Prozent gelegen.

Zeiss schafft Jobs in Deutschland

Konzern
Zeiss ist international aufgestellt. In fast 50 Ländern hat der Optikkonzern 30 Produktionsstandorte, 60 Vertriebs- und Servicestandorte sowie 27 Forschungs- und Entwicklungsstandorte. Bereits 1893 wurde die erste Vertriebsgesellschaft in London eröffnet. Die erste Fabrik außerhalb von Jena entstand 1906 in Wien.

Beschäftigte
Weltweit beschäftigt der Konzern mehr als 35 000 Mitarbeiter, davon sind gut 14 500 in Deutschland tätig. Im vergangenen Jahr seien 3000 neue Stellen geschaffen worden. In Jena, also in der Stadt, in der Zeiss vor 175 Jahren gegründet wurde, sind mittlerweile 2400 Beschäftigte tätig (plus fünf Prozent im Vergleich zu 2020). Am Firmensitz Oberkochen sowie benachbarten Städten sind es 9800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 900 Jobs wurden dort im vergangenen Jahr geschaffen; nicht zuletzt im boomenden Halbleiterbereich.