Neue Weissacher Ortsmitte kann vorerst nicht weitergeplant werden

Es ist ein Paukenschlag: Nach rund zwei Jahren Planung muss das sogenannte Weissacher „Jahrhundertprojekt“ komplett auf den Prüfstand. Der Grund: Die Heckengäugemeinde verfügt über keinen ausreichenden Hochwasser- und Starkregenschutz. Was eigentlich hinlänglich bekannt ist, hat nun unmittelbar Auswirkungen auf die geplante Neugestaltung der Ortsmitte.

 

Was ist passiert? Im Anschluss an eine Klausurtagung des Gemeinderats im November vergangenen Jahres sollte das Stuttgarter Planungsbüro Schreiberplan, dessen städtebaulicher Entwurf für die Weissacher Ortsmitte aus einem Wettbewerb als Sieger hervorgegangen war, einige Überarbeitungen vornehmen. Eigentlich ein ganz gewöhnlicher Vorgang bei derartigen Großprojekten.

Unter anderem sollten die Planer in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt des Landkreises Böblingen die Frage klären, wie ein angedachter Wasserlauf zur Verschönerung der Ortsmitte konkret realisiert werden könnte. In diesem Zusammenhang wurde auch die Möglichkeit einer Offenlegung des Strudelbachs in Erwägung gezogen. Zudem wurde die Planung einer Tiefgarage, die für die Gesamtkonzeption von großer Bedeutung ist, auf dem Hintergrund des Hochwasserschutzes einer näheren Betrachtung unterzogen. Zur Erinnerung: Zuletzt war es im Juni 2021 nach einem heftigen Hagelgewitter in der Gemeinde zu Überflutungen gekommen, weil die Kanalisation die auftretenden Wassermassen nicht mehr fassen konnte.

Die Hiobsbotschaft

Jetzt, knapp ein halbes Jahr nach den Gesprächen im Landratsamt, nun also die Hiobsbotschaft vor dem Gemeinderat: Demnach habe die Auswertungen der vorhandenen Unterlagen ergeben, so verkündeten gemeinsam Planungsbüro und Verwaltung, dass innerhalb Weissachs „keine wirksame Hochwasserschutzkonzeption für die Weissacher Ortsmitte vorliegt“.

Soll heißen: Starkregenereignisse, wie sie aufgrund des Klimawandels zwangsläufig immer häufiger vorkommen, könnten unter den aktuellen Bedingungen in der Ortsmitte – ob neu oder alt – zu erheblichen Schäden führen. Oder wie es Bürgermeister Töpfer formulierte: „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit würde die neue Ortsmitte bei einem Hochwasserereignis weggeschwemmt.“ Die Konsequenz: Bevor die Hochwasserproblematik nicht gelöst ist, ist an eine Weiterplanung nicht zu denken. Höchste Priorität habe nun die Erstellung notwendiger Regenrückhaltebecken und die überfällige Ertüchtigung der Kanalisation, erklären die Planer.

Den Gemeinderäten war der Schreck ins Gesicht geschrieben: „Wir eiern seit 2011 mit dem Hochwasserschutz und dem Starkrisikomanagement herum“, sagte etwa Steffen Lautenschlager von den Freien Wählern selbstkritisch. „Das fällt uns jetzt auf die Füße.“ Für Lautenschlager geht es nun nicht mehr um die Ortsmitte, „sondern um den Bevölkerungsschutz“.

„Qualität vor Geschwindigkeit“

Der Fraktionsvorsitzende der Bürgerliste Andreas Prölloch forderte als Konsequenz, „Qualität vor Geschwindigkeit zu setzen“. Als Ergebnis aus einer Zusammenführung der bestehenden Erkenntnisse erwartet Prölloch, dass am Ende „gravierende Veränderungen“ an den bisher bestehenden Planungen zur Ortsmitte vorgenommen werden müssen.

Das Planungsbüro Schreiber selbst empfiehlt Weissach, als nächsten Schritt einen Fachingenieur zu beauftragen, der die notwendigen hydraulischen Untersuchungen durchführt und dann Planungsempfehlungen ausspricht. Hierzu müssten die bereits vorhandenen Unterlagen und Gutachten zum Hochwasserschutz fortgeschrieben werden. Da die vorliegenden Untersuchungen bereits zwischen sechs bis zwölf Jahre alt sind, sei damit zu rechnen, dass die daraus sich ergebenden Daten größtenteils aktualisiert werden müssen. Mit der Erstellung eines Baugrundgutachtens solle die Umsetzbarkeit der Tiefgarage überprüft werden.

Die ebenfalls notwendige Überprüfung der Verkehrskonzeption im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Weissacher Ortsmitte wurde zunächst Aufgrund des dominierenden Hochwasserproblems zurückgestellt. Hier werde perspektivisch eine Untersuchung der Leistungsfähigkeit der angedachten Verkehrsführung notwendig. Das Jahrhundertprojekt – es könnte noch ein ganze Weile auf sich warten lassen.