Warum der Profimusiker Stefan Balle den Ton beim Amateurorchester des Bürgervereins angibt.

Ostfildern - Stefan Balle spielt seit 22 Jahren die erste Geige bei den Stuttgarter Philharmonikern – ein Profi durch und durch. Immer, wenn ihm die Proben und Aufführungen Luft lassen, gibt er als Dirigent des Orchesters im Ostfilderner Bürgerverein Parksiedlung den Ton an – im Ehrenamt durch und durch. Der Spagat zwischen Bundesliga im Job und Kreisliga in der Freizeit reizt ihn – und die Herausforderung, „mit einer Mischung aus Laien und Halbprofis klassische Musik zu spielen, die Champions League tauglich ist“.

 

Am Sonntag, 7. Oktober, gastiert die Champions League um 17 Uhr in der Katholischen Kirche St. Dominikus. Auf dem Programm des Orchesters Stefan Balle steht das Conzerto Ripieni A-Dur von Antonio Vivaldi, der Danzón Nr.2 von Arturo Márquez und die Sinfonia concertante für Flöte, Klarinette, Horn und Fagott von Wolfgang Amadeus Mozart.

Champions League in der Provinz

Wer die Champions League also sehen und hören will, muss den Weg in die Provinz auf sich nehmen. In der Parksiedlung, einem in den 1950er Jahren entstandene Trabantenvorort von Ostfildern, hat Stefan Balle, organisatorisch unterstützt von Ali Layer, ein musikalisches Biotop angelegt. „Wir wollen hier vor Ort Musik machen für Leute, die sich noch nicht oder nicht mehr in die Liederhalle nach Stuttgart trauen“, sagt Balle.

Nicht trauen, weil das Geld knapp ist oder weil die Kinder mitkommen sollen. Nicht mehr trauen, weil die Altersgebrechen eine weite Anfahrt nicht mehr erlauben.

Bei den Auftritten des Orchesters Stefan Balle wird kein Eintritt verlangt. Das ist so, seit Balles Vorgänger am Dirigentenpult, Christian Hopp, das Orchester im Jahr 1992 gegründet hat – damals mit dem jungen Musikstudenten Stefan Balle an der ersten Geige. „Von Beginn an haben wir lediglich um eine freiwillige Spende gebeten, die dann immer einem guten Zweck zugeführt wird“, sagt Ali Layer. Rund 500 Gäste passen unter das markante Schrägdach von St. Dominikus. „Das wird wieder proppevoll“, sagt er. Das zu prophezeien, braucht es keinen Blick in die Glaskugel. Da genügt ein Blick in die Geschichte des Orchesters.

Die „Unvollendete“ als Höhepunkt

„Bisher ist bei unseren Auftritten nicht ein Sitz unbesetzt geblieben“, sagt Layer stolz. Gefragt, auf was er denn als Musiker stolz sei, antwortet Balle: „Auf die Aufführung der Unvollendeten von Franz Schubert, als damals 64 Orchestermitglieder im Alter zwischen zwölf und 79 Jahren zusammen gespielt haben.“

Dabei ist Balle genau genommen eine Fehlbesetzung am Dirigentenpult. Wenn man ihm glauben darf, dann „muss ein Egomane sein, wer sich als Dirigent im Vollzeitjob vor ein Orchester hinstellt“. In seinem Orchester sieht sich Balle dagegen als Teil der Gruppe, wohl wissend, dass die Mitspieler von seiner Erfahrung als Streicher profitieren. „Eine Probe ist da immer ein bisschen wie Geigenunterricht“, sagt Balle, der zugibt, dass er, ein entsprechende Angebot vorausgesetzt. auch gerne mal ins bezahlte Egomanen-Fach wechseln würde.