Die Liebe entsteht im Bus. Auf der Rückfahrt vom Bodensee, also mit gut zwei Stunden Zeit bis Echterdingen, hat sich die Volkstanzgruppe der Landjugend auf den Sitzen breitgemacht. Es ist das Jahr 1978. Wulf Wager, 15 und selbstbewusst, ist kurzfristig als Leiter der Gruppe für seinen Vater eingesprungen, er hat die Jugendlichen zu einem Auftritt in Konstanz begleitet. Dabei sind die meisten der Tänzer älter als er. So wie Hilde, die ist schon 18. Sie setzt sich neben Wulf, als der Bus losfährt. Und dann geht es schnell. Hilde hat schon länger auf Wulf geachtet, er gefällt ihr. Ihre Freundinnen fragen: „Was willst du denn mit einem 15-Jährigen?“ Hilde versteht die Frage nicht. Sie küsst Wulf. Und Wulf küsst Hilde. Fast zwei Stunden lang. Wulf schaut Hilde ins Gesicht, er sieht ihren schönen Mund, den kleinen Zipfel, der so markant von der Oberlippe nach unten weist, und sagt: „Den knutsch ich dir noch irgendwann weg.“ Hilde ist im siebten Himmel. So fängt das an mit Hilde und Wulf. Und doch kommt es anders als gedacht.
Zufällig treffen sie sich wieder im Spielwarenladen
Das Jahr 1986 hat begonnen, Hilde steht hochschwanger im Spielwarenladen in Stetten, sie erwartet ihr drittes Kind. Da erkennt sie die Stimme von Wulf hinter den Regalen. Sie hat ihn zu dieser Zeit jahrelang nicht gesehen, hat einen Landwirt geheiratet, denn die Jugendliebe hatte damals schnell wieder geendet. Hilde verbirgt sich hinterm Regal, Wulf sieht sie trotzdem. „Ah, hallo!“ Ein kurzer Plausch. Dann geht die Tür des Ladens hinter Hilde zu und der Alltag weiter. Doch Hildes Herz rast. Auch Wulf hat geheiratet, seine Frau bekommt zwei Töchter. Die Leben von Hilde und Wulf ziehen aneinander vorbei wie Parallelen, die sich nie berühren.
Hilde trennt sich von ihrem Mann, heiratet neu, doch das ist nicht von Dauer. Sie lernt, als die Kinder groß sind, jemanden aus der Uckermark kennen, zieht in den Norden, macht sich als Vermögensberaterin selbstständig. Auch diese Beziehung hält nicht – sie geht zurück nach Filderstadt. Wulf läuft nach 25 Jahren Ehe auf eine Scheidung zu, als Hilde 2007 in ihrer Wohnung in Bonlanden das „Filder-Extra“, ein Wochenblatt, in die Hände flattert. Da sieht sie ein Bild von Wulf: Er schreibt hier eine Kolumne. Darunter seine Mailadresse. Drei Monate ringt Hilde mit sich. Dann schreibt sie: „Kennst du mich noch?“ Wulf antwortet frech: „Nein.“ Das ist glatt gelogen, Wulf hatte sich öfter bei den Landjugendfreunden nach Hilde erkundigt. Ein reger Mailverkehr beginnt.
Mit einer Anzeige in der Stuttgarter Zeitung macht sie ihm einen Antrag
Und dann treffen sich die Parallelen doch nicht erst im Unendlichen, sondern in Bonlanden. Hilde und Wulf, jetzt Ende 40, umarmen ihr spätes Liebesglück – und es bleibt nur kurz unbeschwert. Im Juni 2008 stirbt Hildes ältester Sohn Simon bei einem Motorradunfall. Hilde ist verzweifelt. Wulf ist es, der tröstende Worte findet, ihr beisteht. Hilde zieht bei ihm in Altenriet ein. 2010 schaltet sie in der Stuttgarter Zeitung eine Anzeige, mit der sie Wulf einen Antrag macht. Wulf sagt: „Ich kannte die Liebe vorher so nicht. So schön.“ 2012 heiraten Hilde und Wulf in Fildertracht – mit einem großen Fest und einem Gottesdienst auf Schwäbisch.
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