Palmerhaus in Remshalden wird Kulturdenkmal Prädikat für das Haus des Remstal-Rebellen

Das mit Parolen versehene Palmerhaus hat neuerdings Denkmalcharakter. Foto: Gottfried Stoppel

Das Haus des verstorbenen Remstal-Rebellen Helmut Palmer in Geradstetten wird zum Kulturdenkmal. Das mit Parolen versehene Fachwerkhaus stehe für „kritischen Politikdiskurs“.

Das Landesamt für Denkmalpflege nimmt das Haus Palmer in der Unteren Hauptstraße im Remshaldener Teilort Geradstetten in die Liste der Kulturdenkmale im Land Baden-Württemberg auf. Das Fachwerkhaus, so lautet die Begründung, sei vor allem wegen der Protestbekundungen und politischen Inhalte auf der Fassade bekannt, die der sogenannte Remstal-Rebell Helmut Palmer (1930 bis 2004) dort habe anbringen lassen. „Als wortgewaltiger Akteur steht dieser wie kaum ein anderer für die bürgerliche Protestbewegung im Politikbetrieb Baden-Württembergs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.“

 

Rathausregenten an den Kragen gegangen

„Die Oberen stutzen, damit die Unteren Licht bekommen“– diese Palmersche Devise für Baumschnitt und Politik zeugte von den Überzeugungen des Mannes, der sich nicht nur im Obstbau mit sämtlichen Obrigkeiten angelegt hat. Der dem einen oder anderen Rathausregenten buchstäblich an den Kragen gegangen ist – wie im sogenannten Krawättlesprozess, mit einschlägigen Vorgängen im Schorndorfer Rathaus dokumentiert.

Der Mann, der 1974 beinahe im ersten Wahlgang Rathauschef in Schwäbisch Hall geworden wäre, bei vielen anderen Wahlen fast jede dritte oder vierte Stimme gewann, aber nie ein Mandat innehatte, habe die Leute aufgerüttelt, genauer hinzusehen, schreibt Jan Knauer in seiner vor zehn Jahren erschienenen Dissertation über den vor knapp 20 Jahren verstorbenen Kreuz- und Querdenker. In den 1970er Jahren sei er ein Symptom der Demokratiekrise gewesen, später zumindest immer ein Garant für einen unterhaltsamen Wahlkampf.

Politische Parolen auf Fachwerk

Helmut Palmer, so heißt es nun seitens des zum Regierungspräsidium gehörenden Landesamtes für Denkmalpflege (LAD), zähle heute nach landeskundlicher Bewertung „zu den bemerkenswertesten Persönlichkeiten in der jüngeren Geschichte des Bundeslandes“. Von den Zeitgenossen als Protestbürger entweder bejubelt oder kritisiert, sei er bis zu seinem Tod im Jahr 2004 wortgewaltig und polarisierend geblieben – „ein Markenzeichen seiner politischen Kommunikation und seiner Protestaktionen in der Öffentlichkeit“. Für Palmers politische Kommunikation und seine Protestaktionen seien entsprechende Techniken der direkten Ansprache zur Erzeugung von Aufmerksamkeit charakteristisch. In diesem Sinne habe er eben auch sein Haus mitten in Geradstetten als Kommunikationsmedium genutzt. Auf die Gefache des freiliegenden Fachwerks ließ Palmer im Laufe der Jahre politische Parolen aufmalen, die er oft auch anderweitig in Inseraten, Schriften, Reden oder öffentlichen Protestaktionen verwendete.

Das Wohnhaus besitze hohen Aussagewert zum einen für das Wirken Helmut Pal-mers, zum anderen für den kritischen Politikdiskurs und die Protestbewegungen der späteren Nachkriegszeit, so lautet die Denkmalbegründung des LAD. „Es handelt sich um ein authentisches Zeugnis für das Wirken des Remstal-Rebellen Palmer. Das einfache Bauernhaus ist plakatives Medium des Bürgerprotestes, ein Beispiel von sogenannter Protestarchitektur, anhand derer sich politische Bewegungen im öffentlichen Raum manifestieren“, fasst LAD-Präsident Claus Wolf zusammen. Es handele sich daher aus heimatgeschichtlichen und wissenschaftlichen Gründen um ein Kulturdenkmal nach dem Denkmalschutzgesetz. „An seiner Erhaltung besteht aufgrund seines dokumentarischen Wertes ein öffentliches Interesse.“

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