Die Stadt Stuttgart verbietet die nicht genehmigten Tuning-Treffen in einem Cannstatter Parkhaus. Nun steht zu befürchten, dass sich mehrere Hundert Besitzer aufgemotzter Autos am Wochenende an anderen Orten in der Stadt tummeln werden.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Monatelang hatten sich die Jungs und Mädels vom Aral-Treff Stuttgart im Parkhaus P7 an der Cannstatter Benzstraße getummelt, ohne dass es jemand gemerkt hätte. Was im Verborgenen begonnen hat, ist nun amtlich zu Ende: Die Tuningfreunde dürfen seit Ende August ihre Treffen nicht mehr dort abhalten. Die Stadt hat ihnen die Nutzung untersagt, die offiziell noch nie genehmigt war.

 

Der Aral-Treff war eine Anlaufstelle für überwiegend junge Leute, die Spaß an aufgemotzten Autos haben. Ob Sonderlackierung, röhrender Auspuff oder grelle Radkappen: je ausgefallener, desto besser. Für Außenstehende wenig nachvollziehbar trafen sich die Tuningfreunde freitagabends nicht zum Herumfahren in der Stadt, sondern in dem Parkhaus an der Benzstraße zum Rumstehen.

Der alte Treffpunkt hinter dem Stadium

Daher war das PS-starke Treiben auch lange Zeit unbemerkt geblieben. Nun nahmen aber Nachbarn der Wohngegend jenseits der Bahngleise Anstoß an dem nächtlichen Tun und wandten sich an die Stadt. Bei der Polizei landete nur eine Anzeige wegen nächtlicher Ruhestörung. „Bei uns haben sich die Beschwerden gehäuft“, sagt Sven Matis, der Sprecher der Stadt. Nicht nur Bürger, die aufgrund der Motorengeräusche in der Nachtruhe gestört waren, sondern auch der Mieter des Parkhauses meldete sich. Das Gebäude wird von Daimler-Mitarbeitern benutzt, da es an das Betriebsgelände angrenzt. Die Mitarbeiter hätten sich über Müll und Uringeruch beschwert.

Die Tuningfreunde putzten das Parkhaus immer sonntags

Die Organisatoren des Treffs, ein Freundeskreis um den 23-jährigen Industriemechaniker Sascha I., beteuern, sie hätten jeweils sonntags klar Schiff gemacht und wollten auch immer Klohäuschen aufstellen lassen. Fürs Reinigen besorgten sie sich eine Handkehrmaschine. Das Aufstellen mobiler Toiletten scheiterte an der fehlenden Genehmigung der Treffen.

Mit dem Ende des geheimen Treffs steht nun zu befürchten, dass sich mehrere Hundert Besitzer aufgemotzter Autos am Wochenende an anderen Orten in der Stadt tummeln werden. Einen ersten Vorgeschmack, dass sie sich der Renn- und Tuningszene auf der Theodor-Heuss-Straße, Stuttgarts berüchtigter Partymeile, anschließen könnten, hat es Ende August bereits gegeben. Unter den Tuningfans waren auch Zeitgenossen, die nicht so sehr aufs Nichtauffallen bedacht waren wie Sascha I. und seine Freunde. Sie starteten über das soziale Netzwerk Facebook einen Aufruf, sich am Freitagabend statt im Parkhaus an der Mercedesstraße zu treffen und in die Innenstadt auf die Partymeile zu brausen. Knapp 20 kamen laut Polizei, im Internet spricht man in der Tuningszene nur von zwölf Teilnehmern – auf den Aufruf gemeldet hatten sich mehr als 200.

Noch gibt es keinen Ansturm auf die Theo

Die Szene an der Partymeile sei am Wochenende nach der Schließung des Parkhauses ruhig gewesen, sagt der Polizeisprecher Olef Petersen. Die Beamten der Verkehrspolizei hätten 300 Geschwindigkeitsverstöße geahndet, bei vier Fahrzeugen sei die Betriebserlaubnis erloschen gewesen, zwei Autos beschlagnahmte die Polizei. „Das ist eigentlich im Vergleich wenig für ein Wochenende. Die Kollegen sind dort regelmäßig im Rahmen ihrer Schwerpunktkontrollen unterwegs“, sagt Petersen.

Dennoch gibt es Befürchtungen, dass das motorisierte Imponiergehabe an den Wochenenden rund um die „Theo“ noch zur Belastung werden könnte. „Es ist jetzt schon viel“, sagt Osman Madan, Geschäftsführer von Carls Brauhaus an der Bolzstraße. Vor seinem Lokal cruisen in den späten Abendstunden Besitzer auffälliger Autos, manchmal würden diese sich sogar tagsüber präsentieren – was auch Madans Kollegen in umliegenden gastronomischen Betrieben bestätigt haben. „Wenn dann meine eigenen Kinder draußen spielen oder Gäste mit Kindern da sind, finde ich das sehr bedenklich“, sagt der Brauhaus-Geschäftsführer.

Sascha I. und seine Freunde suchen nach einer neuen Bleibe für ihre Treffen. Eine Möglichkeit, die diskutiert wurde, war ein Umzug ins Bosch-Parkhaus bei der Messe, das von der Firma Apcoa bewirtschaftet wird, aber dazu kam es nicht. Das Unternehmen teilt mit, dass man die Anfrage geprüft habe. Man könne aber nicht zustimmen. Der Parkraum an der Messe werde oft sehr kurzfristig beansprucht. Man könne deswegen die Flächen nicht für einen bestimmten Tag oder für regelmäßige Veranstaltungen zusichern. Zudem fallen zurzeit am Flughafen wegen der Bauarbeiten etwa 2000 Parkplätze weg, was den Druck auf die Messeparkplätze erhöhe.

Die Autofreunde vom Aral-Treff geben nicht auf. Sie treffen sich weiterhin – zum Beispiel bei Tuningfreunden in Böblingen. Eine eigene Bleibe, vor allem mit Dach über dem Kopf, wäre ihnen aber lieber.