Partnerschaft in der Ukraine Die Sorge um den Weltfrieden stand am Anfang

Vier Rathauschefs – eine Partnerschaft: Iwan Onoprijenko (Poltawa), Wolfgang Fischer (L.-E.), Peter Bümlein (Filderstadt) und Gerhard Koch (Ostfildern) (von rechts) 1988 bei der Vertragsunterzeichnung im Bürgerhaus Sonne in Sielmingen. Foto: Archiv Kraufmann, Thomas Hörner

Seit 1988 verbindet die Städte Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern eine gemeinsame Partnerschaft mit Poltawa in der Zentralukraine. Wie es dazu kam.

Die Filderstädter Gruppe „Mütter für den Frieden“ sammelte in den 1980er Jahren – zu Zeiten des Kalten Krieges – 2800 Unterschriften für eine andere Politik, sandte Briefe an die amerikanische und sowjetische Botschaft. In einem Gespräch mit einem sowjetischen Botschafter entstand die Idee, auf kommunaler Ebene Menschen aus Ost und West ins Gespräch zu bringen. Die Sorge um den Weltfrieden stand also am Anfang der Städtepartnerschaft mit Poltawa. „Man hat versucht, die Blöcke, die sich mittels atomarer Abschreckung gegenüberstanden, aufzubrechen“, sagt Nikolaus Back, der Filderstädter Stadtarchivar, dazu. „Das war zunächst sehr visionär und gar nicht realistisch. Durch die Politik von Michail Gorbatschow wurden dann aber Dinge möglich, die man nie für möglich gehalten hätte.“

 

Wunsch nach einer Städtepartnerschaft

Wichtige Impulse gab auch die Filder-Regionalgruppe der Deutsch-Sowjetischen Gesellschaft, die sich Mitte der 1980er Jahre gegründet hatte. Der Vorsitzende Peter Grischtschenko aus Leinfelden-Echterdingen stand für den Wunsch der Nachbarkommune nach einer solchen Partnerschaft.

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Auf Antrag der SPD, die Stadt Filderstadt solle sich um eine Partnerschaft mit einer osteuropäischen Stadt bemühen, erinnerte zudem Peter Bümlein, der im Herbst 1983 Oberbürgermeister wurde, den sowjetischen Botschafter an dessen Idee einer Städtepartnerschaft und auch an sein Angebot, bei einer Kontaktvermittlung zu unterstützen.

Die sowjetische Seite schlug dann drei Städte vor; die Stadt Borispol, die sich um den Flughafen Kiew erstreckt, die Stadt Winniza im Südwesten und Poltawa in der Mitte des Landes. Eine Delegation von den Fildern ging im Sommer 1987 auf Brautschau. 1988 besiegelten Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern die Partnerschaft mit Poltawa. Möglich wurde das aber nur, weil auch die drei Filder-Kommunen zu einer gemeinsamen Partnerschaft bereit waren.

Hilfskonvois fuhren von den Fildern auf die Ukraine

Wenige Jahre später war die Sowjetunion aufgelöst und die Ukraine gegründet. Die Menschen in der Ukraine und auch in Poltawa hatten aber wirtschaftliche und soziale Schwierigkeiten. Viele aus Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern waren bereit, zu helfen. Hilfskonvois mit Lebensmitteln, Kleidung und Medizinprodukten fuhren in die Zentralukraine.

Viele Hilfsprojekte folgten – aber auch regelmäßige Schüleraustausche, wechselseitige Kulturausstellungen, Bürgerreisen und Fortbildungen. „Es war eine Zusammenarbeit auf ganz vielen Ebenen“, sagt Back. Filderstadt hat sich für die Zusammenarbeit in Sachen Umweltschutz engagiert. Ostfildern kümmerte sich um die Förderung der deutschen Sprache und den Expertenaustausch. Leinfelden-Echterdingen war im medizinischen Bereich aktiv. Man versuchte gegen die Ausbreitung von Aids vorzugehen, spendete Rollstühle und andere Hilfsmittel.

Julia Oelgemöller und Alena Trenina aus Leinfelden-Echterdingen riefen beispielsweise das Kinderhilfsprojekt LEPO ins Leben, deren Schirmherr der Oberbürgermeister Roland Klenk ist. Seit fast 30 Jahren sammeln sie Spenden. Fünf Arbeitsplätze an der Kinderklinik Poltawa werden so finanziert. Beschäftigungstherapeutinnen, Puppenspieler und ein ukrainisch-orthodoxer Seelsorger erleichtern den jungen Patienten ihren Klinikaufenthalt.

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