Die finnische Polizei leitet sich eine peinliche Panne: Sie setzt den russischen Präsidenten auf die Liste des Organisierten Verbrechens. Hintergrund ist seine Sympathie für die russische Rockerszene.

Moskau - Nur gut, dass Wladimir Putin in der Nacht zu Donnerstag nicht die spontane Idee kam, die Annehmlichkeiten des kleinen Grenzverkehrs zu nutzen, um sich in Finnland an Fisch-Piroggen und Mineralwasser gütlich zu tun. An der Grenze hätten die Handschellen zuschnappen können. Theoretisch jedenfalls: mehrere Stunden stand der Herrscher aller Reußen beim Nachbarn im Nordwesten auf der Most-wanted-Liste. Der Inhalt des Kriminellenregisters ist nur einer kleinen Zahl ranghoher Beamter bekannt.

 

Das Register enthält die Namen von Personen, die im Verdacht stehen, mit dem organisierten Verbrechen gemeinsame Sache zu machen. Die Regierung in Helsinki hat den peinlichen Fehler inzwischen korrigiert. Die dortige Staatsanwaltschaft erwägt sogar die Eröffnung eines Verfahrens gegen die Verantwortlichen. Der Vorfall, so das finnische Innenministerium, werde eingehend untersucht, man hoffe, er werde keine Folgen für das traditionell gute bilaterale Verhältnis haben. Putins Pressesprecher träufelte bereits Balsam in die Wunde: Helsinki habe sich entschuldigt, sagte er einem Moskauer Rundfunksender. Sein Chef trage die Sache mit Humor, zusätzlicher Handlungsbedarf bestehe daher aus russischer Sicht nicht.

Wölfe sind halt auch nur Menschen

Kenner der Materie auf beiden Seiten der Grenze erklären das Missverständnis mit Putins Kontakten zu den „Nachtwölfen“: Das sind militante Motorrad-Hardcore-Fans, denen brave Bürger lieber nicht im Dunkeln begegnen möchten. Der russische Präsident hatte in der Vergangenheit mehrfach Biker-Shows der „Nachtwölfe“ besucht und sich mit den harten Jungs fotografieren lassen. Straff organisiert, hat der Motorradklub in Russland, Serbien, Mazedonien und Bulgarien mittlerweile mehr als 5000 Mitglieder. 1989 gegründet, rebellierten die Nachtwölfe damals mit Kundgebungen und Rockkonzerten gegen das kommunistische System. Die heutige „Generation Wolf 2.0“ ist weniger militant und unterhält beste Beziehungen zu orthodoxen Fundamentalisten sowie zu Eliteeinheiten der Geheimdienste.

Wölfe sind halt auch nur Menschen und wissen, dass Linientreue eine Art Freibrief für jene Treibjagd ist, die derzeit in Russland gegen die Zivilgesellschaft läuft.