Die Entlassungswelle unter US-Präsident Donald Trump steuert ihrem Höhepunkt entgegen: Medien spekulieren eifrig über den nächsten Rauswurf und Mitarbeiter des Weißen Hauses schließen offenbar Wetten darüber ab, wer von ihnen zuerst seinen Posten verliert.

Washington - Die Stimmung schwankt angeblich zwischen totaler Frustration und makabrem Galgenhumor. Furcht und Unsicherheit regiert auf den Fluren des Weißen Hauses. Die Beschäftigten haben nach amerikanischen Medienberichten begonnen, Wetten darüber abzuschließen, wer als nächstes seinen Job verliert, seit US-Präsident Donald Trump ein Großreinemachen in der Machtzentrale eingeleitet hat.

 

Nachdem vor wenigen Tagen zunächst Wirtschaftsberater Gary Cohn das Weite suchte und dann Außenminister Rex Tillerson per Twitter gefeuert wurde, steht nun Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster ganz oben auf der Abschussliste. Über die Ablösung des 55-Jährigen wird in Washington seit Längerem spekuliert. Am Freitag meldete nun die „Washington Post“ unter Berufung auf mehrere Quellen, Trump habe den Rauswurf beschlossen. Nur das Datum stehe noch nicht fest. Die Erwiderung von Regierungssprecherin Sarah Sanders, es gebe derzeit keine personellen Veränderungen, klang nicht wie ein hartes Dementi.

Trump soll die Unsicherheit der Betroffenen genießen

Trump hatte den Generalleutnant im Februar 2017 auf den Posten berufen – als Nachfolger von Michael Flynn, der den Job nach 22 Tagen wegen unwahrer Aussagen zu seinen Russland-Kontakten verloren hatte. Doch der Präsident und der glatzköpfige Offizier entwickelten keinen Draht zueinander. Zu steif sei der Sicherheitsberater dem Regierungschef, schreibt die „Washington Post“, und seine Unterrichtungen dauerten ihm zu lang. Die Entlassung verzögere sich nur, weil man noch eine gesichtswahrende Anschlussverwendung suche.

Der Favorit für die Nachfolge dürfte den Europäern wenig Freude bereiten: John Bolton, der unter Ex-Präsident George W. Bush als UN-Botschafter tätig war, gilt als rechter Hardliner. Erst vor Kurzem hat er im „Wall Street Journal“ einen Gastbeitrag mit dem Titel „Die Rechtsgrundlage für einen Erstschlag gegen Nordkorea“ veröffentlicht. Damit verfolgt er eine andere Linie als Verteidigungsminister James Mattis, der das Temperament des Präsidenten eher zu bremsen versucht. Doch Bolton ist mit 69 Jahren in der vom 71-jährigen Trump für sein persönliches Umfeld bevorzugten Altersgruppe, und er tritt häufig als Gast beim rechten Sender Fox auf, den der Präsident begeistert verfolgt.

„Es wird immer Wechsel geben“, hatte Trump vor wenigen Tagen angekündigt: „Ich möchte unterschiedliche Ideen sehen.“ US-Zeitungen berichten, der einstige Star einer TV-Bewerbungs-Show genieße es, die Betroffenen über ihr Schicksal im Dunkeln zu lassen, damit sie um seine Gunst werben, und die Öffentlichkeit dann mit seinen Personalentscheidungen zu überraschen. Bei einer Kabinettssitzung im vorigen Juni hatte Trump noch geschwärmt, er habe „ein phänomenales Team von Leuten“ um sich versammelt. Ein halbes Dutzend seiner Minister hat er seither gefeuert. Ähnlich vielen droht dieses Schicksal nach Medienberichten in den kommenden Tagen.

Anlässe zum Feuern gibt es genug

Heißester Kandidat für einen Rauswurf ist der für Kriegsveteranen zuständige Minister David Shulkin, der 122 000 Dollar Steuergeld für eine zehntägige Europa-Reise mit seiner Frau verprasst und sein Amt ins Chaos gestürzt hat. Doch auch Wohnungsbauminister Ben Carson, der in seinem Büro für 31 000 Dollar eine Mahagoni-Essecke einrichten ließ, Innenminister Ryan Zinke, der seine Bürotüren für 139 000 Dollar austauschte und Scott Pruitt, der Chef der Umweltbehörde EPA, der nur erste Klasse fliegt, haben für öffentlichen Ärger gesorgt. Politisch interessanter ist, ob Trump auch seinen Stabschef John Kelly feuert, wie seit Längerem spekuliert wird. Der General hat versucht, eine gewisse Ordnung ins Weiße Haus zu bringen, die Affäre um einen der häuslichen Gewalt verdächtigen engen Mitarbeiter aber unprofessionell gehandhabt.

Schließlich demütigt Trump auch immer wieder öffentlich seinen Justizminister Jeff Sessions, dem er die Schuld für den anhaltenden Ärger in der Russland-Affäre gibt. „Es ist verheerend“, sagt William M. Daley, der unter Barack Obama als Stabschef der Regierungszentrale arbeitete: „Kein Unternehmen kann so überleben, und erst Recht keine Regierung. Man braucht Stabilität und Kontinuität. Aber diese Wörter kennt Trump einfach nicht.“