Forschungsministerin Wanka besucht auf ihrer Sommerreise ein Stuttgarter Pflegeheim. Dort wird an technischen Hilfen für Senioren geforscht.

Stuttgart - Als Johanna Wanka neulich in Japan weilte, dem Land der höchsten Lebenserwartung, wurde die Bundesforschungsministerin Zeugin einer erstaunlichen Abstimmung. Auf die Frage, ob sie lieber von einem Roboter oder von Menschen gepflegt werden möchten, gab es in einem Altenheim mit 170 Bewohnern eine klare Mehrheit für - den Roboter.

 

Mit Bedacht schildert Wanka die Episode in dieser Woche bei einem Besuch in Stuttgart. Sie ist zu Gast in der Else-Heydlauf-Stiftung. Das Pflegeheim des Wohlfahrtswerks für Baden-Württemberg ist die erste Station ihrer Sommerreise unter dem Motto „Zukunft des Lebens im Alter“.

Über das technikfreundliche Votum der Japaner zeigt sich die Ministerin immer noch erstaunt. „Ich glaube nicht, dass dem Pflegeroboter die Zukunft gehört“, sagt die CDU-Politikerin. Gegen kleinere elektronische Helfer, die den Alltag alter Menschen vereinfachen, hat sie aber nichts einzuwenden, im Gegenteil. Und das ist auch der Grund für ihre Stippvisite in Zuffenhausen.

In der Else-Heydlauf-Stiftung wird nämlich ein intelligenter Becher getestet, der Trink-Tracker. Zwei Jahre haben fünf Projektpartner, darunter das Wohlfahrtswerk und das Forschungszentrum für Informatik (FZI) in Karlsruhe, benötigt, um den Prototyp zu entwickeln. Nun präsentieren sie das Gefäß stolz der Ministerin, die das Projekt finanziell unterstützt hat.

Elektronisches Trink-Protokoll

So funktioniert der Trink-Tracker: In ein Behältnis, das in einer ergonomischen Halterung steckt, wird Flüssigkeit gegeben. Sensoren messen, wie viel davon getrunken wurde. Die Messwerte laufen per Funk in einer Smartphone-App ein. So kann die Pflegekraft jederzeit überprüfen kann, ob der Heimbewohner genug bekommen hat.

„Gerade im Sommer müssen wir darauf achten, dass die Menschen ausreichend trinken“, sagt Heidi Petersmann, Mitglied der Pflegeleitung. Es gelte, Defizite in der Flüssigkeitsversorgung früh zu erkennen. Bisher gebe es dafür Trinkmengenprotokolle in Papierform. Akribisch werde in ihnen über 24 Stunden jeder Schluck erfasst, egal ob durch Pflegekräfte verabreicht oder durch Angehörige.

Der Aufwand für die Dokumentation sei enorm, aber unerlässlich, erklärt Ingrid Hastedt, Vorstandschefin des Wohlfahrtswerks. Bei Kontrollen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) würden die Protokolle genau überprüft. Hastedt kann sich gut vorstellen, den Trink-Tracker im Regelbetrieb einzusetzen. Das sei allerdings eine Preisfrage.

Wilhelm Stork, Physiker am FZI, hält einen Preis von 50 Euro für realistisch. Dafür müsse der Trink-Tracker aber in hohen Stückzahlen produziert werden. Hastedt sagt, sie würde bei diesem Preis über einen Einsatz nachdenken. Das Gerät könne sich rechnen, da der Aufwand fürs Dokumentieren sinke. Die Frage sei nur, wer das Messgerät zur Marktreife bringe. Ein Heimträger sei da überfordert.

Jetzt geht es um die Marktreife

Die Ministerin verfolgt die Präsentation des intelligenten Bechers aufmerksam. Sie ist sichtlich angetan, mehr jedenfalls als nach der Vorstellung zweier computergestützter Trainingsprogramme gegen Demenz, die das Wohlfahrtswerk ebenfalls mit entwickelt hat. Wiederum Dank finanzieller Unterstützung des Forschungsministeriums von 2,5 Millionen Euro.

Für die Projektpartner komme es jetzt darauf an, potenzielle Hersteller zu interessieren für den Becher, sagt Wanka. Dafür sei es auch in seinem Fall unerlässlich, die Einsatzmöglichkeiten zum Wohle der Menschen am Ende der Entwicklungsphase „verständlich und populär“ zu erklären. Das schreibe sie künftig für alle von ihr unterstützten Forschungsprojekte vor. Die Ministerin mahnt: „Es genügt nicht, Ergebnisse in wissenschaftlichen Zeitschriften zu publizieren.“

Ihr Besuch neigt sich dem Ende zu. Neun weitere Forschungsstätten will Wanka in den nächsten Tagen besuchen. „Die Lebenserwartung steigt, wir werden gottseidank älter“, sagt sie. Technische Hilfsmittel könnten einen Beitrag dazu leisten, im Alter möglichst selbstbestimmt leben zu können. Ob in der Pflege, beim Wohnen oder in Sachen Mobilität. Das Wohlfahrtswerk zeige vorbildhaft, wie es gehen könne, lobt die Ministerin.

Es müssen ja nicht gleich Roboter sein.