Stehen Frauen plötzlich auf Bierbäuche? Im Netz wird gerade das Phänomen "Dad Bod" leidenschaftlich diskutiert. Bei einem "Dad Bod" handelt es sich um ein Zwischending zwischen einem Bierbauch und einem trainierten Oberkörper.

Berlin - Der durchtrainierte Männerkörper ist out, der dezente Bierbauch ist das neue Schönheitsideal beim Mann. Diese These wird derzeit in den Medien und im Netz leidenschaftlich diskutiert. Mit dem „Dad Bod“ (auch Daddy Body oder Dadbod), also dem sogenannten Vaterkörper, wäre endlich mal eine Normalstatur voll im Trend.

 

Als Ausgangspunkt der Diskussion um die Papa-Plauze gilt ein Artikel der Studentin Mackenzie Pearson (19) von der Clemson University im US-Staat South Carolina in einem Online-Magazin. Titel: „Why Girls Love The Dad Bod“ („Warum Mädels Papa-Körper mögen“). Experten haben jedoch Zweifel daran, dass die Papa-Plauze jetzt wirklich kein Problem mehr ist.

Der Dad Bod ist laut Pearson eine gute Balance zwischen Bierbauch und trainiertem Oberkörper. Normalgewichtige Männer, die gelegentlich ins Fitnessstudio gehen, aber auch gern trinken und bei Pizza zulangen, haben ihn. Dad-Bod-Jungs sind gesund und fit und wirken natürlich, doch auf den Bauchmuskeln haben sie eine weiche Fettschicht.

Pearson vertrat in ihrem Text auch die These, neben einem weichbäuchigen Mann fühle frau sich weniger verunsichert über den eigenen Körper. Daher kommentierten einige Leser rasch, die Dad-Bod-Begeisterung liege womöglich nur an zu wenig weiblichem Selbstbewusstsein.

Das Online-Magazin „Slate“ stellte dazu fest, dass Beuteschema-Beschreibungen für Männer bislang meist aus der Homo-Szene stammten - etwa der „Bär“ mit Vollbart und Kugelbauch - oder von schwulen Stichwortgebern wie dem britischen Autoren Mark Simpson. Der erfand die Begriffe „metrosexuell“ - Typ modebewusster Sportler wie David Beckham - und „spornosexuell“ - Typ durchtrainierter Athlet wie Cristiano Ronaldo. Die Beschreibung Dad Bod ist nun laut „Slate“ womöglich etwas echt Neues: Denn sie komme von Frauen und nehme Männern die Deutungshoheit.

Es dreht sich um den Vergleichsmaßstab

„Die Optimierung des eigenen Körpers und das permanente Arbeiten an ihm ist heute sehr dominant und erfordert viel Anstrengung. Es scheint, als sehnten sich viele danach, sich auch mal wieder ein bisschen entspannen zu können“, sagt der Wirtschaftspsychologe Tilman Eckloff von der Business School Berlin. Gerade in Beziehungen, wo man sich eigentlich angenommen fühlen wolle, wie man sei, könne es schwer werden. „Wenn jetzt der Partner nicht dem Ideal entspricht und man diese Kategorie aufwertet, indem man „Frauen mögen Papakörper“ verkündet - kehrt eine gewisse Entspannung im Geschlechterverhältnis ein.“ Der Vergleichsmaßstab liege nicht mehr so hoch.

Der „GQ“-Stilexperte Marco Rechenberg glaubt dagegen, dass die Bedeutung eines trainierten Körpers in den letzten zwei Jahren noch einmal erheblich zugenommen habe. Das zeige die Allgegenwärtigkeit muskulöser Männer im Straßenbild, meint der Style Editor in München. „Dass nun die Bewegung des „Dadbods“ kommt, liegt in der Natur von Trends, in deren Entstehung bereits der Gegentrend angelegt ist. Das stolze Bekenntnis zum Bauch ist also allenfalls ein Rückzugsgefecht - in Anzeigenkampagnen und Modemagazinen wird sich der Look nicht durchsetzen.“

Was Menschen aber im wahren Leben attraktiv finden, werde davon kaum berührt, meint Rechenberg. „Genau so, wie Frauen mit Kurven von vielen gemocht werden, gilt dies auch für Männer mit gemütlicher Papafigur. Herz und Bett sind trendfreie Zonen.“ Die Sex-Expertin und Fernsehmoderatorin Paula Lambert („Paula kommt! Sex und Gute Nacktgeschichten“) macht sich derweil ein bisschen lustig: „Ich wusste nicht, dass Menschen in der Lage sind, aus natürlichen Körpermaßen - der westliche Mann hat nunmal im Schnitt kein Sixpack - einen Trend zu machen. Ich sehe schon die von Metrosexualität abgemagerten Kerle verzweifelt versuchen, auf den nächsten Zug zu hopsen und sich einen Wanst anzufressen.“ Sie persönlich habe zu magere Männer und Frauen noch nie gerne umarmt.

Doch eigentlich wünscht sich die Autorin („Keine Angst, der will nur spielen: Der Männer-Report“) etwas Anderes: „Schön wäre es, wenn alle jetzt lernen würden, zu sich zu stehen. Frauen haben dann eben einen Mom Bod.“ Doch Lambert zweifelt daran, dass Mode und Magazine mitziehen. „Eine Diskussion über gesunde Selbstbilder wäre nötig. Aber Trends leben von ihrer Kurzfristigkeit.“