Der Stuttgarter Pharma-Großhändler Celesio konzentriert sich auf sein Kerngeschäft - und will den Konflikt mit den Apotheken lösen.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Der Stuttgarter Pharmagroßhändler Celesio will mit einer strategischen Neuausrichtung und einem millionenschweren Kostensenkungsprogramm die negative Gewinnentwicklung der jüngeren Vergangenheit stoppen. Erst am Mittwoch musste das M-Dax-Unternehmen in einer Pflichtmitteilung ein weiteres Mal die Prognose für das laufende Jahr zurücknehmen. Um Celesio trotz der Sparzwänge im Gesundheitswesen wieder profitabler zu machen, kündigte der neue Vorstandsvorsitzende Markus Pinger am Mittwoch  an, vor allem das Kerngeschäft stärken und ausbauen zu wollen – also die Belieferung von europaweit rund 30000 Apotheken sowie den Betrieb eigener Apotheken. „Dieses Geschäft hat uns 175 Jahre lang gut ernährt, und das wird es auch weiterhin tun“, sagte Pinger bei einer Telefonkonferenz.

 

So will der erst seit 15. August amtierende Vorstandschef künftig die komplette Logistikkette – vom Hersteller bis in die Apotheke – abdecken. „Heute gibt es da zwischen vier und sechs Zwischenstufen mit eigener Lagerhaltung. Das kostet Zeit und Geld und bindet Kapital“, so Pinger. Hier gebe es ein enormes Kostensenkungspotenzial, von dem auch Apotheken profitieren könnten. Zudem will Celesio den Pharmazeuten anbieten, das komplette Lagermanagement zu übernehmen. Droht ein Produkt auszugehen, würde es automatisch nachbestellt. Zusätzliches Wachstum will Pinger mittelfristig durch die Expansion in Auslandsmärkte schaffen, die nicht so streng reguliert sind wie die europäischen Märkte. Zudem will der Celesio-Chef den Handel mit Spezialpharmaka ausbauen. Dazu gehören hochpreisige Krebsmedikamente, die eine geschlossene Kühlkette erfordern.

Käufer gesucht für Movianto und Pharmexx

Vor kurzem hatte Celesio deshalb den brasilianischen Spezialpharma-Grossisten Oncoprod gekauft. Um die nötigen Investitionen ohne einen weiteren Anstieg der Verschuldung stemmen zu können, will Pinger sich aus anderen Geschäften zurückziehen, die teilweise zu hohen Anlaufverlusten und Firmenwertabschreibungen geführt hatten. So sucht Celesio einen Käufer für die Dienstleistungstöchter Movianto und Pharmexx. Movianto hat sich auf die logistische Rundumbetreuung von Pharmafirmen spezialisiert, Pharmexx unterstützt Azneimittelhersteller in Marketingfragen. Beide Firmen gehören zum kleinsten Celesio-Geschäftsfeld Manufacturer Solutions. Die Sparte kam 2010 mit einem Umsatz von rund 700 Millionen Euro und rund 5400 Mitarbeitern auf ein operatives Ergebnis (Ebitda) von zwölf Millionen Euro und umfasste auch die Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen Medco Health Solutions, aus dem sich Pinger als eine seiner ersten Amtshandlungen zurückgezogen hat. Damit wird offenbar auch der entsprechende Chefposten obsolet: wie Celesio am Mittwoch mitteilte, verlässt das für Manufacturer Solutions zuständige Vorstandsmitglied Michael Lonsert zum Jahresende „in gegenseitigem Einvernehmen“ das Unternehmen. Zugleich bestätige Celesio den Abgang des Finanzvorstands Christian Holzherr, für den bereits ein Nachfolger gesucht werde.

Stellenabbau droht

Neben dem Verkauf von Geschäftsfeldern will Celesio sich mit einem Effizienzprogramm finanziell stärken, 50 Millionen Euro im Jahr einsparen soll. Dem stehen Einmalaufwendungen von 100 Millionen Euro gegenüber, von denen knapp die Hälfte in die „Optimierung der Lieferkette“ fließen soll – etwa in die Informationstechnik. Zudem sollen Abläufe gestrafft und Stellen abgebaut werden, vor allem in der Verwaltung. Wie zu hören ist, könnten in der Stuttgarter Hauptverwaltung 50 von 340 Stellen wegfallen. Wie viele der weltweit rund 47.000 Jobs abgebaut werden sollen, wollte Pinger noch nicht sagen, es gehe aber um „einen signifikanten Prozentsatz“. Zumindest in Deutschland werde man versuchen, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.

Trotz der Einmalaufwendungen für den Konzernumbau versprach Pinger den Aktionären auch in diesem Jahr ein positives Ergebnis. Knapp 55 Prozent der Anteile gehören dem Familienkonzern Haniel. Reformieren will Pinger auch das Apothekengeschäft. Ziel sei dabei, den durch den Kauf der Versandapotheke Doc Morris entstandenen Konflikt mit den Apothekern beizulegen. Details blieb Pinger am Mittwoch schuldig, er kündigte aber für das kommende Jahr ein Konzept an, mit dem es gelingen werde, „die Apotheken vor Ort in den Versandhandel einzubinden“. Generell will Celesio stärker auf Kooperationsmodelle setzen, bei denen die Apotheken ihre Unabhängigkeit behalten, aber vom gemeinsamen Einkauf und einer gemeinsamen Marketingstrategie profitieren können. Was das für die Zukunft der Marke Doc Morris bedeutet, wollte Pinger am Mittwoch noch nicht sagen.