FDP-Chef Philipp Rösler erklärt, warum er schon 2014 einen ausgeglichenen Haushalt anstrebt, wo die roten Linien für die Europäische Zentralbank beim Ankauf von Staatsanleihen verlaufen und was er von Griechenland erwartet.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Am Mittwoch trifft sich die FDP-Bundestagsfraktion in Mainz zur Klausur, um die Politik bis zur Bundestagswahl zu beraten. Rösler gibt den Kurs vor.

 

Herr Rösler, Sie gelten als Parteichef auf Abruf. Nehmen Sie das Getuschel hinter Ihrem Rücken wahr oder können Sie es ausblenden?

Ein Parteivorsitzender muss immer mit Kritik leben. Jeder von uns weiß aber, dass die FDP vor großen Herausforderungen steht. Ich sehe uns gut gerüstet, wenn wir uns mit Sacharbeit und nicht mit uns selbst beschäftigen. Gerade in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten braucht Deutschland eine Partei, die wie die FDP konsequent für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit steht. Es war und ist richtig, genau auf diese Themen zu setzen.

In der FDP liebäugeln manche mit der Ampel – eine Alternative zu Schwarz-Gelb?

Wir alle wissen doch: Koalitionen machen sich immer an inhaltlichen Schnittmengen fest. Bei den wichtigen Themen sehe ich derzeit keine Übereinstimmung. Beispiel Europapolitik, hier sind die Unterschiede sehr deutlich erkennbar: Die FDP will die Stabilitätsunion, die SPD steht für eine Schuldenunion, auch die Grünen wollen die gemeinschaftliche Haftung von Schulden. Für die FDP gehört Handeln und Haften zusammen. Das ist erkennbar ein anderer Kurs als der von SPD und Grünen. Auf diese Auseinandersetzung im Bundestagswahlkampf freue ich mich besonders.

Die FDP liegt bei fünf Prozent. Sie muss Profil gewinnen. In Mainz wird die Bundestagsfraktion bei ihrer Klausur über ihr Programm für den Rest der Legislatur sprechen. Was empfiehlt der Parteichef?

Wie stabilisieren wir den Euro? Wie geht es mit Europa weiter voran? Und: Wie sichern wir den Wohlstand der Menschen, gerade auch mit Blick auf bezahlbare Energiepreise? Das sind die Themen, die die Menschen im Moment am meisten interessieren. Ich bin sicher, dass diese Themen auch in Mainz diskutiert werden.

Bleiben sie bei dem Ziel, 2014 ohne neue Schulden auszukommen?

Aufgabe der heutigen Generation muss es sein, den Schuldenberg abzutragen und sehr schnell für ausgeglichene Haushalte zu sorgen. Die FDP hat hier ehrgeizige Ziele formuliert.

Sehen Sie die Union da an Ihrer Seite?

Gerade diese Diskussion zeigt doch, wie wichtig die FDP als Korrektiv in der Regierungsverantwortung ist. Ich freue mich, dass auch manche in der Union das Tempo bei der Haushaltskonsolidierung erhöhen wollen. Das bestätigt unseren Kurs.

Donnerstag entscheidet die EZB über den Kauf von Staatsanleihen. Wo ist die rote Linie?

EZB-Präsident Mario Draghi hat betont, dass wirtschaftliche Reformen in den Krisenländern Priorität haben. Wir nehmen ihn da beim Wort. Der Ankauf von Staatsanleihen kann keine Dauerlösung sein, er würde die Geldmenge rasant erhöhen, Inflationsgefahr wäre die Folge. Aufgabe der EZB ist der Erhalt der Geldwertstabilität. Ich gehe davon aus, dass dieses Ziel auch weiterhin die Grundlage des Handelns der EZB ist.

Sie stehen also hinter Bundesbank-Präsident Weidmann, der gegen den Kauf von Staatsanleihen durch die EZB Widerstand leistet?

Bundesbank-Präsident Jens Weidman liegt absolut richtig, wenn er betont, dass Anleihenkäufe dauerhaft keine Lösung sein können. Der Schlüssel für wirtschaftlichen Erfolg, so zurecht auch der Hinweis von Mario Draghi, sind strukturelle Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken.

Es gibt eine heftige Diskussion darüber, wie man mit dem Ankauf von Steuer-CDs umgehen soll. Stehen Sie hinter der Justizministerin, die den Ankauf gesetzlich verbieten will?

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat Recht, wenn Sie auf die Doppelmoral der Sozialdemokraten hinweist. Im übrigen ist es unsere Aufgabe als Rechtsstaatspartei, auch alle vorgeschlagenen Maßnahmen gegen Datenhehlerei zu prüfen. Klar ist: Wenn das Steuerabkommen mit der Schweiz endlich umgesetzt ist, dann erübrigt sich viel, auch der Ankauf solcher CDs.

Dann bräuchte man auch kein Gesetz, das den Ankauf von Steuer-CDs verbietet?

Mit dem Steuerabkommen haben wir einen vernünftigen Weg gefunden, um Steuerhinterzieher zur Rechenschaft zu ziehen. Die Blockade der SPD ist unverantwortlich. Die SPD setzt unser gutes Ansehen im Ausland aufs Spiel -aus rein parteitaktischem Verhalten. Damit muss Schluss sein.

FDP-Fraktionschef Brüderle will das Gesetz zu den Erneuerbaren Energien abschaffen.

Wir sind uns einig, dass wir den Hauptkostentreiber beim Strompreis in den Griff bekommen müssen, und das sind die Milliardensubventionen für erneuerbare Energie. Die derzeitige Förderung ist zu planwirtschaftlich. Planwirtschaftliche Systeme sind im Ergebnis aber immer ineffizient und zu teuer für die Menschen.

Sie wollen der Öko-Energie den Geldhahn zudrehen?

Wir brauchen beim Erneuerbare-Energien-Gesetz ein neues System mit mehr Marktwirtschaft. Die Zeit drängt. Das muss jetzt angepackt werden, noch vor der Wahl. Manche in der Union glauben, das könne auf die lange Bank geschoben werden. Ich sage: Wer sich mehr Marktwirtschaft beim EEG verweigert, trägt die Verantwortung für teure Strompreise.

Welche Ziele haben Sie da im Auge?

Ich habe Patrick Döring als Generalsekretär und Stefan Birkner als Spitzenkandidat der niedersächsischen FPD beauftragt, ein neues EEG-Modell zu entwickeln. Auch die Bundestagsfraktion und die Länder sind eng eingebunden. Wir wollen den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Er muss jedoch für Verbraucher und Unternehmen bezahlbar und wirtschaftlich sein.

Sind Sie mit dem Außenminister einig, was die Politik gegenüber Griechenland angeht?

Griechenland muss die zugesagten Reformvereinbarungen einhalten. Hier sind wir uns in der FDP einig. Rabatte auf Reformen darf es dabei nicht geben. Wir warten jetzt auf den Troika-Bericht. Was zugesagt worden ist, muss umgesetzt werden. Sonst kann es kein weiteres Geld geben. Das System der Stabilitätsunion funktioniert nur, wenn sich jeder an die Regeln hält. Nur das schafft Vertrauen für den Euro.

Der Austritt Griechenlands aus der Währungsunion wäre zu verschmerzen?

Wir haben heute eine völlig andere Situation als 2010. Jetzt haben wir mit EFSF, ESM und Fiskalpakt wirksame Schutzmechanismen. Und vor allem gibt es Staaten wie Spanien, Italien, Portugal und Irland, die unterstreichen, dass sie willens und in der Lage sind, eine erfolgreiche Reformpolitik auf den Weg zu bringen.